Designerstrikk


Neue Mode im Norwegerlook
von Arne Nerjordet, Carlos Zachrison
Rezension von Elisabeth Binder | 17. Oktober 2016

Designerstrikk

Stricken ist der beste Beweis dafür, wie eine Jahrtausende alte Kulturtechnik durch soziale Medien wiederbelebt werden kann. Die zwei Norweger Textildesigner, die seit 2002 unter dem Namen Arne & Carlos auftreten, gelang mit ihrem ersten Strickbuch über gestrickte Weihnachtskugeln (!) im Jahr 2010 ein überraschender Erfolg, der ohne das Internet in dieser Form sicher nicht möglich gewesen wäre. Seitdem wartet eine immer größer werdende Fangemeinde mit Spannung auf jede Neuerscheinung der beiden.

Was den Charme und die Popularität der Bücher von Arne & Carlos ausmachen, sind die Alltagsgeschichten, die sie mit ihren Designobjekten erzählen. Die beiden leben tatsächlich in einer ehemaligen Bahnstation, 170 km nördlich von Oslo, wo es im Winter noch Schnee und Kälte gibt und im Sommer der Garten in vielen Farben blüht. Dazu kommt auch noch die Authentizität der beiden: In unzähligen Videos für ihre Fangemeinde zeigen sie ihr handwerkliches Können und ihre Freude an der handwerklichen Arbeit.

In „Designerstrikk“ widmen sich Arne & Carlos mit insgesamt 15 Modellen für die ganze Familie wieder einmal dem Winter. Allerdings wendet sich das Buch mehr an ernsthaft interessierte StrickerInnen, der Bilderbuchteil kommt etwas kürzer als sonst. Was das Design angeht, so gelingt es den beiden Kultstrickern einmal mehr mit subtilen Eingriffen traditionelle Norwegermuster so weit zu verändern, dass sie Tradition ausstrahlen, aber nicht altbacken wirken. Die Palette reicht von einfachen Loops über Socken bis zu Pullovern mit anspruchsvollen Norwegermustern. Die Schnitte von Pullovern und Jacken sind durchwegs klassisch, mit eingesetzten Ärmeln und höchstens einer geringfügigen Taillierung. Eventuell ist es der Berühmtheit der Autoren geschuldet, dass auch Lückenfüller wie ein sehr simpler Loop im Bündchenmuster oder die wenig spannenden Sockenmodelle im Buch Eingang gefunden haben. Vor allem die Sockenmodelle scheinen eher ein Vehikel für die von Arne & Carlos für die Garnfirma Schachenmayr designten Farbverlaufsgarne zu sein.

Mit 48 Seiten ist das Buch ein gewohnt kompaktes Handarbeitsbuch aus dem Frech Verlag, das trotzdem nicht auf Details verzichtet, die das Nachstricken erleichtern. So sind die Zählmuster alle auf einem Extrabogen ausgelagert, der in der hinteren Umschlagklappe verstaut ist. Die Zählmuster stehen daher in einer lesbaren Größe und vor allem in Farbe zur Verfügung. Die Strickanleitungen folgen dem im deutschsprachigen Raum üblichen Muster. Sie sind einfach, verständlich und sehr lesbar geschrieben, vor allem weil trotz des knappen Raums weitgehend auf Abkürzungen verzichtet wird. Die wenigen, die dennoch verwendet werden, sind griffbereit in der hinteren Umschlagklappe erklärt, die zugleich auch als Lesezeichen verwendet werden kann. Alle Modelle, mit Ausnahme von Schals, Loops und Mützen, sind in mehreren Größen beschrieben. Zur leichteren Lesbarkeit der Schnitte sind die Angaben zu unterschiedlichen Größen farblich unterschieden. Den Modellen wird auch ein Schwierigkeitsgrad von 1 bis maximal 3 zugeordnet. Bedauerlicherweise gibt es keine Hinweise darauf, wie diese Schwierigkeitsgrade zu verstehen sind. StrickanfängerInnen werden mit den einfachsten Modellen etwas Mühe haben, für die sie aber auch belohnt werden.
Kleines stricktechnisches Detail am Rande: In ihrem Blog beschreiben Arne & Carlos eine sehr einfache Methode für das Stricken von Sockenfersen. Im Buch wird eine wesentliche kompliziertere Methode verwendet. Zumindest ist die Beschreibung der Bumerangferse nicht einfach verständlich und nur sehr lückenhaft illustriert.

Wer trotz globaler Klimaerwärmung noch immer an den Winter glaubt, bekommt beim Durchblättern von „Designerstrikket“ genügend Ideen und Inspirationen, wie man die Kälte mit gemütlichen und gleichzeitig schicken Strickerzeugnisse verdrängt.

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