100 x Österreich: Film

von Christian Reichhold
Rezension von Michael Seirer | 04. April 2019

100 x Österreich: Film

Bei dem Stichwort “Filme aus Österreich” fallen einem vermutlich Werke wie “Indien”, “Hinterholz 8” oder ältere Filme wie “Der dritte Mann” ein. Vielleicht kommen aber auch Schauspieler wie Hans Moser, Karl Merkatz oder Josef Hader in den Sinn. Christian Reichhold, TV-Gestalter, Fotograf, Autor und Filmexperte, bekannt zum Beispiel für seine pointierte Berichterstattung der alljährlichen "Oscar"-Verleihung, versucht in seinem neuesten Buch nun die Geschichte des österreichischen Films mittels einer Liste von 100 ausgewählten Werken zu erzählen.

Gleich im Klappentext stellt der Autor natürlich klar: Es handle sich nicht um die einzig gültige, ultimative Liste der besten österreichischen Filme aller Zeiten. Das ginge aufgrund des recht geringen Umfanges von 254 Buchseiten schon gar nicht. Zusätzlich werden weitere 100 Filme im Text erwähnt, erhielten aber keinen separaten Eintrag.

Anhand von 100 Werken gibt das Buch einen breiten Überblick über das Schaffen der heimischen Filmindustrie. Beginnend mit Filmen aus der Stummfilmzeit, über Filme während des Zweiten Weltkrieges und darauf folgend Propagandastreifen für die Alliierten, entwickelt sich so etwas wie ein typisch österreichischer Film mit bekannten Werken wie “Hinterholz 8”, “Die Fälscher”, “Echte Wiener”, “Indien”, “Muttertag” oder auch “Komm, süßer Tod”.  Klassiker wie “Der Förster vom Silberwald”, “Sissi”, “Im weißen Rössl” und “Hallo, Dienstmann” wechseln sich mit dem wüsten und exzessiven “Exit … nur keine Panik” ab.

Aber auch Filme, die man vielleicht nicht unbedingt als “österreichisch” einordnet, wurden in die Liste aufgenommen: “Casablanca”, vom  österreichisch-ungarischen Regisseur Michael Curtiz oder auch “Der dritte Mann”, eine offiziell britische Produktion, die aber auch vom American Film Institute in der Liste der “100 besten amerikanischen Filme aller Zeiten” aufgenommen wurde.

Zeitlich wird ein weiter Bogen von “Sodom und Gomorrha” (1922) und “Orlac’s Hände” (1924) bis “3 Tage in Quiberon” und “Murer - Anatomie eines Prozesses” (2018) gespannt.

Viele der aufgenommenen Filme sind bekannt, werden aber durch die knackige Inhaltsangabe und Verweise auf weitere Werke von Regisseur und Schauspielern in einen breiteren Kontext gerückt. Überhaupt ist das gelungene Zusammenfassen der Handlung mit Seitenhieben und viel Witz der Grund, warum man das Buch kaum aus der Hand legen möchte und Lust bekommt, den einen oder anderen Film (noch einmal) anzusehen.

Im Kapitel “Abspann” finden dann noch viele weitere Filme, die es zwar nicht in die “Besten 100” geschafft haben, aber trotzdem aufgrund skurriler Eigenschaften nicht unerwähnt bleiben sollten. So lernt man über die schauspielerischen Ambitionen von Dagmar Koller neben Elisabeth Taylor, oder dass John Malkovich bei Dreharbeiten für den Film “Klimt” natürlich das echte “Café Central” besuchte. Ein ausführliches Namenregister rundet das Buch ab.

Klarerweise kann eine Einschränkung auf 100 Filme nicht final oder gültig sein. Den Anspruch setzt sich der Autor aber auch gar nicht. Das breite Spektrum von “typisch österreichischen” Filmen bis zu solchen, die internationale für Furore gesorgt haben - sie alle sind im Buch vertreten, pointiert zusammengefasst und mit Fotos vom Film bzw. Filmplakat auch visuell präsent. Man kann die Auflistung von vorne bis hinten durchblätern (alphabetisch sortiert) oder einfach wild vor- und zurück springen: In beiden Fällen wird man einige vergnügliche Stunden verbringen und in Erinnerungen schwelgen. Für alle, die sich für österreichische  Filmproduktionen von den Anfängen bis in die Gegenwart hinein interessieren: Highly recommended!

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