Am liebsten mag ich Monster

von Emil Ferris
Rezension von Stefan Cernohuby | 14. September 2018

Am liebsten mag ich Monster

Kinder haben oft nicht das beste Verhältnis zu Monstern. Das ist nachvollziehbar, sind diese doch jene Wesen, die meist in dunklen Ecken lauern und sie vom Einschlafen abhalten. Doch das geht nicht allen so, denn manche beginnen eine spezielle Beziehung zu ihnen aufzubauen und sich selbst mit ihnen zu assoziieren. Davon handelt die Graphic Novel „Am liebsten mag ich Monster“ von Emil Ferris. Das Werk wartet jedoch noch mit zahlreichen anderen Besonderheiten auf.

Die junge Karen Reyes sieht sich selbst mit anderen Augen. Denn sie will kein hilfloses und blasses Mädchen sein. Sich als Monster zu sehen, scheint ihr bei ihrer Vorliebe für Gruselfilme naheliegend. Doch sie wird auch zur Detektivin, als ihre Nachbarin Anka Silverberg mitten im Alltag der 1960er erschossen aufgefunden wird. Alle sprechen von Selbstmord, doch daran glaubt Karen nicht. In ihren Tagebüchern dokumentiert sie in Form verschiedenster Zeichnungen, was sie unternimmt und erlebt. Großflächig und monströs, klein und realistisch, aber immer lauert etwas im Stil, im Hintergrund oder einfach in der Situation. Sind es wirklich Monster oder nur Einbildungen? Tatsächlich findet sie vieles heraus, was vorher im Dunklen lag. Die Vergangenheit von Anka in einem deutschen KZ, die Machenschaften ihres Bruders mit seinen vielen Freundinnen. Und letztendlich ist da noch ein Geheimnis, das sich um ihre eigene Familie dreht. Denn da war noch jemand, an den sie selbst keinerlei Erinnerung hat. Als ihre Mutter an Krebs erkrankt, sind es ihr Bruder und sie, die zueinander halten müssen...

Geschichte und Form der Darstellung sind bei Graphic Novels normalerweise zwei Ingredienzien, die einander ergänzen und gleichberechtigt sind. Doch bei „Am liebsten mag ich Monster“ (Originaltitel: „My Favorite Thing is Monsters“) drängt sich der optische Aspekt klar in den Vordergrund. Denn das gesamte Werk ist in ein liniertes Heft gezeichnet worden. So wirkt es zumindest. Mit manchmal sehr ungelenken und manchmal nahezu genialer Stiftführung. Manchmal furchteinflößend, manchmal verstörend, manchmal etwas ekelhaft. Farben werden nur selten eingesetzt, hauptsächlich um Blut oder Gemütszustände besonders hervorzuheben. Die Geschichte selbst ist im Grunde die eines ganz normalen Mädchens, das einerseits viel Phantasie hat, andererseits in einer schwierigen Zeit in einem ebenfalls nicht ganz einfachen Umfeld aufwächst und dabei ein Talent dafür besitzt, den Zeichenstift zu schwingen. Obwohl es da natürlich schon eine Sache gibt, die auch in den 1960ern nicht ganz mit der Gesellschaft kompatibel ist...
Manche Details der Handlung begreift man zu Beginn noch nicht. Erst beim zweiten Mal lesen wird klar, was man verpasst hat. Man begleitet die Protagonistin und Erzählerin durch eine Zeit der gesellschaftlichen Umbrüche und politischen Unruhen. Und da ist noch die Vergangenheit von so vielen, die sie beschäftigt. Alle Fehler, die begangen wurden und die den Charakteren nachhängen.
Autorin und Illustratorin Emil Ferris hat dieses Werk gewissermaßen als Teil einer Therapie geschaffen. Die lange zuvor begonnene Graphic Novel wurde im Rahmen einer schweren Erkrankung, bei der sie viele motorische Fähigkeiten neu erlernen musste, fertig gestellt. Etwas, was insgesamt fünf Jahre gedauert hat. Ob der geplante zweite Teil, der in etwa den gleichen Umfang einnehmen soll, bald fertig gestellt wird, steht in den Sternen. Denn schließlich handelt es sich um über 350 Seiten illustrierte Geschichte, die von Kritikern gelobt und mit vielen Preisen bedacht wurde, darunter auch dem renommierten Hugo Award.

Details

  • Autor*in:
  • Originaltitel:
    My Favorite Thing is Monsters
  • Verlag:
  • Erschienen:
    06/2018
  • Umfang:
    420 Seiten
  • Altersempfehlung:
    16 Jahre
  • ISBN 13:
    9783741608087
  • Preis (D):
    39,00 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:
  • Illustration: