Die Saga von Rostigan und Tarzi

Wächter der Lüge

von Sam Bowring
Rezension von Stefan Cernohuby | 22. Juli 2014

Wächter der Lüge

Wenn man dafür bekannt ist, stets zu lügen, dann lebt man ein altes Dilemma. Denn irgendwann kommt der Zeitpunkt, an dem man die Wahrheit sagt, die jedoch keiner glauben will. Ähnlich geht es auch einem der Charaktere in Sam Bowrings Roman "Wächter der Lüge". Doch hier geht es nicht nur um eine einzelne Person oder vielleicht um Hilfe, die jemand anders dringend benötigt, sondern um das Schicksal einer ganzen Welt.

Vor mehreren hundert Jahren hat die Schaffung einer Gruppe von Wächtern der Welt eine gewaltige Wunde geschlagen. Fäden der Großen Magie wurden mit den Körpern dieser Wächter verwoben und verliehen ihnen teilweise wunderbare, teilweise schreckliche Fähigkeiten. Während einige von ihnen mehr oder weniger den Verstand verloren oder sich in den Genüssen ihrer Kräfte verloren haben, haben andere das Gefühl für Verantwortung nicht verloren, beziehungsweise einer hat es neu gefunden. Rostigan hatte einst einen anderen Namen und war von allen als Karrak, der Krähenvater gefürchtet. Doch jetzt will er die Welt heilen, der er so lange Schmerz und Schaden zugefügt hat und wird dabei von Priesterin Yalenna unterstützt. Quer legt sich dabei Mergan, der seinen Verstand verloren hat, greift mit einer Armee aus grässlich entstellten und von der zerstörten Magie gezeichneten Menschen an, die sich die Entflochtenen nennen. In einer Welt, in der alle Magie durch Veränderung der Fäden der Struktur der Realität gewirkt wird, sind dies besonders unbarmherzige und gefährliche Gegner. Leider durchschaut jedoch ein widerwilliger Verbündeter den Plan, der zur Heilung der Welt führen soll. Denn die Folgen für die ehemaligen Wächter wären weitreichend. Ein letzter tödlicher Konflikt entbrennt.

Gleich vorweg, "Wächter der Lüge" ist die direkte Fortsetzung von "Der Herr der Tränen". Eine Tatsache, die sich vorab leider weder aus dem Buchcover noch dem Klappentext ergeben hat. Eines der Probleme des Buchs ist, dass es sich weder mit der Erklärung des zu Grund liegenden Magiekonzeptes noch der Vorgeschichte wirklich aufhält. Man kann sich zwar im Laufe der Zeit das Meiste zusammenreimen, wirklich befriedigend ist das aber nicht. Darüber hinaus gibt es viele Leerläufe. Denn sobald der Vorsatz gefasst ist, wie die Rettung der Welt letztlich vonstattengehen soll, könnte die Handlung geradlinig und ohne wirkliche Umschweife jenes Ziel ansteuern. Dies passiert jedoch nicht, im Gegenteil. Die Charaktere reisen hierhin, dahin, täuschen den einen Charakter, misstrauen dem anderen und kommen dabei lange Zeit nicht auf einen grünen Zweig. Das Buch ist zwar zu guter Letzt spannend und unterhaltsam, schafft es darüber hinaus jedoch nicht, sich aus dem guten Mittelfeld abzusetzen. Insofern ist "Wächter der Lüge" zwar für alle Kenner des Vorgängers eine würdige Fortsetzung und eine gelungene Auflösung der Geschehnisse, für Quereinsteiger jedoch denkbar ungeeignet. Insgesamt können wir nur eine Bewertung abgeben, die zwar die Idee und die Umsetzung würdigt, dem Roman jedoch keine Extraklasse bescheinigt.

"Wächter der Lüge" aus der Feder von Sam Bowring ist ein spannender und unterhaltsamer Roman in einer eigenen Fantasywelt. Ein Werk, das als direkte Fortsetzung seines Vorgängers "Der Herr der Tränen" gedacht ist, darauf aber im Vorfeld weder hinweist, noch die vorangegangenen Ereignisse rekapituliert. Insofern ist das Werk nur all jenen zu empfehlen, die den Vorgänger auch kannten und mochten. Für Quereinsteiger ist das Buch leider nicht geeignet, dazu ist die Handlung dann auch zu wenig herausragend.

Details

Bewertung

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