Mord in jeder Beziehung

von S. E. K. Mordlust (Hrsg.)
Rezension von Janett Cernohuby | 23. Januar 2009

Mord in jeder Beziehung

Freunde kann man sich aussuchen, Familie nicht. Eine wohlbekannte Weisheit, die nur zu wahr ist. Es gibt immer eine Schwester, Cousine oder Schwägerin, deren ewige Beschwerden man nicht mehr hören kann oder einen Onkel, Neffen, Schwager, der mit seinen Träumen fernab jeder Realität lebt. Da kann schon einmal der Wunsch aufkommen, sich seiner Verwandten zu entledigen - wenn auch auf nicht ganz legale Art und Weise. "Mord in jeder Beziehung" ist eine Anthologie, deren Geschichten sich genau um dieses Thema drehen: Familie. Die Edition Geschichtenweber präsentiert in ihrem neuen Werk neunzehn ausgesuchte Erzählungen.

Den Auftakt der Anthologie macht "Es bleibt in der Familie" von Andreas Zwengl. Max ist spätestens nach dem Abbruch seines Jurastudiums das schwarze Schaf der Familie. Doch auch schon zuvor flogen ihm keine Sympathien entgegen. Lediglich seine jüngere Schwester hielt immer zu ihm. Und genau diese schwebt nun in Lebensgefahr. Ihr hektisches Leben als gefeierte Pianistin ist nicht spurlos an ihr vorbeigegangen und so leidet sie unter Nierenversagen. Lebenslange Dialyse droht ihr, wenn ihr Bruder Max nicht eine seiner Nieren spendet. Dies ist er für seine Schwester sofort bereit zu tun. Doch war sie ihm wirklich immer wohl gesonnen?
"Kaugeräusche" sind etwas, worauf viele Menschen empfindlich reagieren; auch die Protagonistin aus Andreas Neuenkirchen gleichnamiger Geschichte. Doch die junge Frau gerät sogar so sehr aus der Fassung, dass sie gleich ihren Verlobten umbringt. Was wohl ihre Mutter und ihre Tante dazu sagen werden?
"Siekenoog" ist ein kleiner Fleck irgendwo in Ostfriesland. Hierhin hat sich die Tochter eines wohlhabenden Lebensmittelproduzenten zurückgezogen. Vor Jahren wurde diese zu einer lohnenden Heirat gezwungen - lohnend für die Geschäfte ihrer Eltern. Doch die Ehe entpuppt sich als Alptraum. Was für ein Glück, dass ihr Mann da eines Tages einen tödlichen epileptischen Anfall erleidet...
"Scharfe Nudeln" wollte sich die Gynäkologin Melissa Miller gerade gönnen, als plötzlich die Kripo vor ihrer Türe steht. Eine junge Frau wurde der Tötung ihres Neugeborenen beschuldigt und Melissa soll nun bestätigen, dass die Frau erst kürzlich entbunden hat. Dabei stößt die Frauenärztin auf ein schreckliches Familiengeheimnis.
Von "Einer beispiellosen Pechsträhne" weiß der Autor Stefan Cernohuby, oder besser gesagt sein Protagonist zu erzählen. Denn dieser wollte nach der Trennung von seiner Freundin ein völlig neues Leben in einer anderen Stadt beginnen. Doch von da an läuft alles schief: Die neuen Nachbarn sehen in ihm einen grausamen Tierquäler, verschandeln aus Rache sein Auto und zwingen den jungen Mann so erneut den Wohnort zu wechseln. Doch auch da wird es nicht besser, als er plötzlich des Mordes und Raubes beschuldigt wird. Doch das ist alles nur ein dummer, unglücklicher Zufall - oder etwa nicht?
Diese fünf Geschichten sind nur eine Auswahl der in diesem Buch enthaltenen Erzählungen. Sie alle sind gänzlich unterschiedlich in Inhalt, Handlung, Ort und Personen. Dennoch haben sie alle ein Thema gemeinsam: Kriminalität im Familienkreis. Dabei muss nicht immer ein Mord geschehen, oftmals sind es auch nur Gewaltverbrechen. Die unterschiedlichen Autoren decken hierbei alle Facetten ab. Ob Streit in der Ehe, Betrug, Gewalt zwischen Eltern und Kindern, Zank unter Geschwistern bis hin zu Erbstreitigkeiten wissen die Autoren eine breite Palette von Handlungshintergründen anzubieten. Ebenso unterschiedlich wie die einzelnen Erzählungen sind auch die Emotionen, die sie beim Leser hervorrufen. Nicht alle Geschichten spiegeln kalte, grausame Gewalt wieder und sorgen für eine Gänsehaut. Einige von ihnen liefern eine ordentliche Prise Sarkasmus, etwa "Kaugeräusche" oder "Eine beispiellose Pechsträhne", welche das Verbrechen ein wenig in den Hintergrund rücken und den Leser vielmehr erzähltechnisch und sprachlich begeistern.
Leider muss man aber auch eingestehen, dass nicht alle Kurzgeschichten das gleiche hochwertige Niveau besitzen. Zwar finden sich in einer Anthologie immer Stücke, die dem einen mehr und dem anderen weniger gefallen, doch bei "Mord in jeder Beziehung" kann man schon fast sagen, dass es sich bei den zuvor vorgestellten Erzählungen um die besten im Buch handelt. Daneben gibt es noch die eine oder andere ebenso gute Geschichte, doch leider erweist sich der Großteil der Erzählungen als mittelmäßiger Durchschnitt, der zwar nett zu lesen ist, aber dem Leser nicht als etwas Tolles in Erinnerung bleibt.

Somit ist "Mord in jeder Beziehung" von den Herausgebern "S. E. K. Mordlust" eine durchschnittliche Anthologiesammlung. Das gemeinsame Thema der Erzählungen verleiht dem Buch auf jeden Fall einen besonderen Anreiz, da der Leser im vornhinein weiß, was ihn in den Geschichten erwartet. Allerdings ist die Qualität der einzelnen Werke sehr unterschiedlich und gerade einmal die Hälfte aller Erzählungen können als gut bezeichnet werden. Trotzdem werden Freunde von kriminalen Kurzgeschichten mit diesem Band auf ihre Kosten kommen.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    11/2008
  • Umfang:
    168 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783938065440
  • Preis (D):
    11 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung
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