Systemneustart

von William Gibson
Rezension von Stefan Cernohuby | 30. Juli 2011

Systemneustart

Wer im Geschäftsleben erfolgreich sein will, muss am Puls der Zeit bleiben. Entsprechend schnelle Aktionen vorausgesetzt kann man mit der richtigen Strategie in modernen Medien ein Vermögen verdienen - oder natürlich in den Sand setzen. Unter anderem von diesem Thema handelt der neue Roman von William Gibson, der auf Deutsch den Titel "Systemneustart" trägt. Man darf gespannt sein, welche Charaktere aus den vorangegangenen Werken sich wieder die Ehre geben.

Hollis Henry hat von ihrem ehemaligen Arbeitgeber Hubertus Bigend ziemlich die Nase voll. Dementsprechend hat sie wenig Interesse für ihn nochmals einen Auftrag auszuführen. Allerdings hat der seltsame Geschäftsmann sehr überzeugende (monetäre) Argumente und eine wahre Silberzunge vorzuweisen. So schafft er es doch, sie auf eine neue Mission zu schicken. Ein seltsames Underground-Label namens Grey Hounds verblüfft momentan alle Modekenner. Die Kleidungsstücke sind kaum zu bekommen, irrsinnig teuer aber einfach perfekt geschnitten, ohne jeden Makel. Bigend glaubt in diesem Zusammenhang erkannt zu haben, dass jemand seine eigene Arbeitsweise kopiert hat und ihm auf einem persönlichen Level Konkurrenz machen will. So wird Hollis mit einem ehemaligen Psychiatriepatienten namens Milgrim auf die ahnungslose Modewelt losgelassen. Dabei stoßen sie auf ehemalige Armeeangehörige, die Konkurrenten von Bigend in einem Modeauftrag für das amerikanische Militär sind. Diese schrecken nicht einmal vor Entführung und Erpressung zurück, haben sich dabei aber ziemlich verkalkuliert, denn Bigend ist mittlerweile nicht mehr der kleine Fisch, der er einmal war. Doch auch jene Person, die tatsächlich hinter den geheimnisvollen Kleidungsstücken steckt, ist keine Unbekannte...

Wer William Gibsons beide letzten Romane kennt, der ist auch bereits mit den wichtigsten Charakteren vertraut. Der Autor hat mit "Systemneustart" (im englischen Original "Zero History") versucht, die beiden Handlungen der Vorgänger zusammenzuführen. Doch obwohl das Ergebnis durchaus als gelungen bezeichnet werden kann, weicht das Buch im Unterschied zu den anderen im Verlauf des Werks deutlich von der Haupthandlung ab. So kann man mit Fug und Recht behaupten, dass mindestens ein Drittel des Buchs Füllhandlung ist, die nicht direkt mit dem eigentlichen roten thematischen Faden zusammenhängt. Zwar gibt es dafür einige einleuchtende storytechnische Gründe, etwas ungewohnt ist es dennoch.
Fraglich ist auch, ob die Vermutung, die der Leser unweigerlich haben muss, wenn es um den geheimnisvollen Designer geht, nicht auch der Über-Charakter Bigend haben muss. Zumindest schweigt sich der Autor über die tatsächlichen Hintergründe der Mission aus, auf der die Charaktere sind. Denn vielleicht stellt diese tatsächlich nur eine weitere, äußerst gewiefte Marketing-Aktion dar.
Jedem, dem die beiden direkten Vorgänger gefallen haben, sollte sich diesem Werk unbedingt widmen, da er die bisherigen Ereignisse zu einem (vorläufigen) Ende bring.

William Gibson ist kein Schriftsteller der halbe Sachen macht. So ist er zwar in der Lage, zwei Romane zu schreiben, die sich unterschiedliche Charaktere zu teilen, er kann jedoch keinen damit zusammenhängenden dritten schreiben, ohne die Handlungsstränge zusammenzuführen. Und das ist gut so. Auch wenn der Roman einige Passagen hat, die vom Grundthema abweichen, sollte ihn kein Fan vermissen. Denn allein die Art und Weise, wie sich Gibson in ein Thema einarbeitet und es in seiner Arbeit umsetzt, ist lesenwert. Man fühlt sich nach der Lektüre, als könnte man bei einem völlig neuen Fachgebiet mitreden.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    05/2011
  • Umfang:
    491 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    3608501134
  • ISBN 13:
    9783608501131
  • Preis (D):
    24,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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