Ein Fall für Kay Blanchard

Pol Pot Polka

von R. Evolver
Rezension von Stefan Cernohuby | 03. August 2013

Pol Pot Polka

Literatur gibt es in unterschiedlichen Formen. Manchmal folgt sie klassischen Pfaden und bekannten Strukturen, ein anderes Mal will sie eher provozieren und amüsieren. Viel darüber sagt bereits der Titel des jeweiligen Werks aus. Das bei Evolver Books erschienene Werk "Pol Pot Polka", welches unter dem Pseudonym "R.Evolver" veröffentlicht wurde, spricht in dieser Hinsicht bereits eine ziemlich deutliche Sprache. Da dem Leser zusätzlich noch eine sexsüchtige Agentin und Pulp-Elemente versprochen werden, waren wir interessiert.

Nach einem Einleitungs-Dialog zwischen Autor und Verleger, bei dem man schon erkennen kann, dass man hier keineswegs Literatur in Händen hält, die sich zu ernst nimmt, wird man mitten in die Handlung geworfen. Doch das geht nicht nur dem Leser so, sondern auch der Protagonistin. Denn einige Monate nach einem missglückten Einsatz erwacht Kay Blanchard plötzlich mitten auf einer kambodschanischen Straße, wird von bösartigen Nonnen angegriffen und von Zombies in Golfkostümen gerettet. Leider hat sie ihre komplette Erinnerung verloren. Nachdem sie eher unabsichtlich einen Serienmörder ausschaltet und ausschweifende Erlebnisse mit dessen zuerst diabolischen (und dann umprogrammierten) Sex-Roboter hat, macht sie sich auf, die Scherben ihrer Erinnerung wieder zusammenzusammeln. Natürlich geht es wieder um die bösen Angehörigen der NSDAP 3.0, die so gut wie alle Länder und Regierungen der Welt unterwandert haben. Doch im Hintergrund zieht ganz offensichtlich jemand Bekannter die Fäden. Nur zu dumm, dass sich Kay noch immer an nichts erinnern kann und ständig über die Spuren ihrer eigenen Arbeit stolpert. Und dann ist da noch ihre seltsame Gewichtszunahme, die sie sich überhaupt nicht erklären kann. Wie kann sie lebendig aus jener Hölle herausfinden? So erlebt man ein schockierendes, verstörendes Abenteuer und erhält zu jedem Kapitel die passende Musikempfehlung.

Pulp, Sex und Zombies. Elemente die sowohl einzeln als auch in Kombination Stoff für unzählige Werke bieten. Hier wird allerdings kräftig geschüttelt und nicht gerührt, was die Ingredienzien angeht. Abgeschmeckt wird das Ganze mit einem kräftigen Schuss altmodischer Gewalt. Allerdings ist es ein wenig zu viel des Guten und des Pulps. Denn gleich ob es jetzt gerade um eine seltsame sexuelle Phantasie der Protagonistin, um einen verzweifelten Überlebenskampf in einer namenlosen Kanalecke oder pseudowissenschaftliches Gerede geht - alles wird im gleichen Tonfall gebracht. Gut, kein Wunder, die Geschichte wird ja aus der Perspektive Kay Blanchards erzählt. Aber irgendwie nimmt man ihr weder den Tonfall ab, noch ihre Taten. Denn auch wenn sie definitiv skrupellos dargestellt wird und auch über einige bemerkenswerte Fähigkeiten zu verfügen scheint (auch nicht-sexuelle), tappt sie gewissermaßen von einem Fettnäpfchen ins andere und ist letztlich immer auf jemanden angewiesen, der sie rettet, oder darauf, dass ein Gegner einen wirklich blöden Fehler macht. Zugegeben, es wäre kein bisschen pulpig, wenn Oberbösewichte NICHT ihren Plan ausplaudern würden. Und natürlich müssen auch improvisierte Waffen, geheimnisvolle Gifte und wiederkehrende Gegner vorkommen, die man eigentlich schon tot geglaubt hat. Trotzdem, so ganz rund wirkt das Werk nicht, weswegen wir es insgesamt leider nur als durchschnittlich einstufen können.

"Pol Pot Polka", das von einem Wiener Autor mit dem Pseudonym "R.Evolver" stammt, ist der zweite Band der Agentenreihe rund um die sexbesessene Spionin Kay Blanchard. Auch wenn Amnesie der eigentliche Gegner der Protagonistin ist, gibt es auch so noch eine Menge Porzellan zu zerbrechen. Doch leider ist die Mischung aus Sex, Rock, Gewalt, Nazis und Zombies nicht zu hundert Prozent ausbalanciert. Daher schafft es das Werk leider nicht, allzu sehr aus der Masse herauszuragen. Wem das Genre (beziehungsweise der Mix) liegt, kann gerne zugreifen. Abgesehen von Kennern ist das Buch für Quereinsteiger allerdings vielleicht ein wenig zu extrem.

Details

Bewertung

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  • Gewalt:
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