Playground - Leben oder Sterben

von Lars Kepler
Rezension von Brigitte Halek | 28. November 2016

Playground -  Leben oder Sterben

Das englische Substantiv „Playground“ wird mit Spielplatz, Spielwiese und auch Schulhof übersetzt. Viele Wörter, die einem im Zusammenhang dazu einfallen, sind positiv besetzt. Wie zum Beispiel Singen, Spielen, Freude, Wohlgefühl oder Kinderlachen. Der „Playground“ in Lars Keplers Roman vermittelt nichts davon. Er ist ein düsterer, trauriger, gefährlicher und mystischer Ort ohne Sonnenlicht, eine Welt zwischen Leben und Tod. Hier herrschen Intrige, Gewalt, Bestechung und Angst. Man spielt nicht, man kämpft ums nackte Überleben.

Jasmin-Pascal Andersson, Lieutenant der schwedischen Armee, wird im Kriegseinsatz im Kosovo verletzt. Ihr Herz steht vierzig Sekunden lang still. Nach der Reanimation erholt sie sich körperlich, doch sie leidet an Halluzinationen. Es plagen sie Albträume rund um eine chinesische Hafenstadt, in der sie während ihres Herzstillstandes gewesen sein will.
Jasmin quittiert den Militärdienst, kehrt zurück nach Stockholm und nimmt die Stelle als Sekretärin im Verteidigungsministerium an. Eine Beziehung mit Mark, dem Kollegen aus dem Kampfteam, scheitert. Als ihr gemeinsamer Sohn Dante geboren wird, ist jener in Afghanistan. Dennoch kämpft Mark um das Sorgerecht für Dante.
Während eines Schneegestöbers kommt es zu einem schweren Autounfall. Dante wird schwer verletzt. Jasmins Herz bleibt stehen. Während in der „realen Welt“ die Notärzte sie reanimieren, findet sich Jasmin parallel in jener chinesischen Hafenstadt aus ihren Albträumen wieder, in der es weder Sonnenlicht, noch Mond oder Sterne gibt. Sekunden werden zu Stunden. Im realen Leben sind es Sekunden, in denen ein Notarzt um ein Menschenleben kämpft, während man in der Hafenstadt Stunden wartet und darauf hofft, wiederkehren zu dürfen. Jasmins Reanimation ist erfolgreich.
Um Dante zu retten, bringen Ärzte sein Herz im Zuge einer unumgänglichen Operation zum Stillstand. Jasmin weiß, dass Dante in jene kriminelle Zwischenwelt gelangen wird und der Fünfjährige sich dort alleine nicht zurechtfinden kann. Sie folgt ihm in die Hafenstadt mit Hilfe einer Injektion, die auch ihr Herz zum Stillstand bringt. Dort beginnt der dramatische Kampf um die Wiederkehr in die Welt der Lebenden.

Das Totenreich, das aussieht wie eine Hafenstadt im alten China, liegt zwischen Leben und Sterben und ist fiktiv. Menschen drängen in Strömen zu Schiffen, um ins endgültige Totenreich zu reisen. Andere warten in Hallen oder auf Plätzen, bis sie die Erlaubnis erhalten, in die Welt der Lebenden zurückkehren zu können. Der Verwaltungsrat und das Verwaltungsgericht sind die entscheidenden Instanzen, sie sind korrupt und intrigant. In dieser unrealen Welt wird mit allen Mitteln und auf brutalste Weise gekämpft. Verrat, Macht, altertümliche Traditionen und Vetternschaft erschweren den Kampf ums nackte Überleben, denn es gibt für alle nur ein Ziel: die Rückkehr ins Leben.
Dieser Grundgedanke ist interessant und wird anfangs auch spannend beschrieben. Doch das Autorenduo verliert sich zunehmend in langweiligen Beschreibungen und Details, die weder für den Handlungsverlauf bedeutend, noch für die Charaktere der einzelnen Protagonisten relevant sind. Anfangs wird die Geschichte mit Tempo vorangetrieben, doch fesselnde, spannende Abschnitte werden zunehmend durch langatmige Passagen abgelöst.
Jasmin ist als Hauptfigur gut charakterisiert und schlüssig gezeichnet. Ihre Selbstzweifel, Ängste und Handlungsmotive sind nachvollziehbar. Doch die übrigen Figuren sind ohne Tiefe, ihre persönlichen Konflikte erreichen den Leser kaum auf emotionaler Ebene. Man empfindet wenig Empathie, nicht einmal, wenn sie ihr Leben verlieren und auf brutalste Weise ermordet werden. Diese Szenen sind nur blutrünstig und nicht jedermanns Sache.

Playground - Leben oder sterben" besitzt einige Schwächen und ist als Thriller nicht spannend genug. Die Idee einer auf chinesischen Traditionen basierenden Zwischenwelt zwischen Leben und Tod ist interessant und gut durchdacht, doch der Handlung fehlt es an Biss. Im Gegenzug sind einzelne, blutrünstige Szenen nichts für schwache Nerven. Viel zu viele Details ziehen die Geschichte unnötig in die Länge. Freunde von mystischen Romanen kommen auf ihre Kosten. Dieser Roman ist Kennern von Lars Kepler’s Krimireihe um Joona Linna eher nicht zu empfehlen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    10/2016
  • Umfang:
    464 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783492060462
  • Preis (D):
    16,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Gewalt: