Die Chronik der Vampire

Gespräch mit einem Vampir

von Anne Rice
Rezension von Stefan Cernohuby | 10. Juli 2020

Gespräch mit einem Vampir

Es gibt Bücher, von denen man denkt, man sollte sie zumindest einmal gelesen haben. Romane, von denen man sich vornimmt, sie irgendwann zu lesen. Entweder weil einem jemand anderer davon erzählt hat, oder weil man eine Verfilmung oder eine Serie gesehen hat und doch die literarische Vorlage kennen möchte. Ann Rice ist eine Autorin, die Vorlagen für mehrere Filme geliefert hat, unter anderem den Hollywood-Blockbuster „Interview mit einem Vampir“. Die Romanvorlage hat eine Menge Namen.

Die Geschichte beginnt in einem Zimmer, in dem sich zwei Personen befinden. Einer ist ein Reporter, auch wenn sein Name nie fällt. Der andere behauptet von sich, ein Vampir zu sein. Die beiden haben sich in einer Bar kennengelernt und der Reporter hat ausgehandelt, die Lebensgeschichte des anderen Mannes, der sich später als Louis vorstellt, aufzunehmen. Es ist eine lange Erzählung, die im US-Bundesstaat Louisiana beginnt, wo er in einer Familie von Sklavenhaltern und Plantagenbesitzern aufwächst, bis er nach einem Schicksalsschlag auf Selbstzerstörung sinnt. Diese kommt überraschend in Form eines Vampirs namens Lestat, der es auf seine Plantage abgesehen hat und Louis zu seinesgleichen macht. Da sich die beiden zunehmend entzweien erschafft Lestat aus dem Mädchen Claudia einen unsterblichen Kindervampir. Doch auch diese Fessel ist nicht von Dauer und weitere Reisen führen Louis später durch Osteuropa und letztendlich nach Paris. Dort glaubt er den Antworten auf seine Fragen sehr nahe zu sein. Doch letztendlich ist nichts wie es scheint.

Lange Zeit war Bram Stokers Schilderung des Wesens eines Vampirs die einzig Maßgebliche. Dracula, der Ur-Vampir. Doch es gab wenig Möglichkeit sich mit den Folgen der Unsterblichkeit auseinanderzusetzen, die anderen erst einmal bewusstwerden musste. In „Gespräch mit einem Vampir“ ist es eines der zentralen Themen. Der Verlust von Menschlichkeit, die Auseinandersetzung mit neuen Bedürfnissen und Gefühlen sowie der unterschiedliche Umgang mit der Situation. Während manche der Charaktere im Buch sich voll und ganz dem Blutrausch und dem Töten von anderen Wesen um ihre Blutes willen – meist Menschen – hingeben, wird gerade der Protagonist und Erzähler von seiner Menschlichkeit heimgesucht, wie man es sonst nur von Geistern kennt. Doch das macht ihn anders, speziell. Und dies erkennen auch die mit ihm interagierenden Vampire. Mehrere versuchen Louis an sich zu binden, beziehungsweise ihn für sich zu gewinnen. Was erhoffen sie sich davon? Philosophisch gesehen versuchen sie durch ihn wieder zu leben. Wieder einen Bezug zum Leben zu erhalten, den sie schon vor langer Zeit verloren haben. Doch ist dies durch Louis tatsächlich möglich? Das ist eine Frage, die nur durch das Lesen des Werks, das überraschenderweise in weiten Teilen tatsächlich im Hollywood-Film „Interview mit einem Vampir“ umgesetzt wurde, beantwortet werden. Oder eben durch das Sehen des Films.

„Gespräch mit einem Vampir“ von Ann Rice ist weit mehr als nur eine Vorlage für eine Filmumsetzung mit Brad Pitt, Tom Cruise und Antonio Banderas. Tatsächlich ist der erste Band der „Chronik der Vampire“ ein philosophisches Werk, das sich mit Menschlichkeit, ihrem Verlust und ewigem (Nicht-)Leben auseinandersetz. Es handelt sich dabei tatsächlich um einen Roman, den man gelesen haben sollte, wenn einen als Leser düstere Protagonisten wie Vampire nicht abschrecken.

Details

Bewertung

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