Bookboy


24 Stunden im Leben eines Buchauslieferers“
von Stefanie Mühlsteph, Ann-Kathrin Karschnick (Hrsg.)
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. Juli 2021

Bookboy

Manche Tage fühlen sich weit länger an, als sie eigentlich sind. Das hat in der Regel mit Zeit und ihrer persönlichen Wahrnehmung zu tun. Im Fall der von Ann-Kathrin Karschnick und Stefanie Mühlsteph herausgegebenen Anthologie „Bookboy – 24 Stunden im Leben eines Buchauslieferers“ hat das aber auch andere Gründe. Und es ist erstaunlich wie viele verschiedene.

Fabius Flieder ist der Enkel des Inhabers der beschaulichen kleinen Buchhandlung namens „Leseratte“. Er ist der Lieferant, der jegliche Zustellung in der kleinen beschaulichen Stadt mit seinem treuen Fahrrad erledigt. Doch irgendwann kommt jener eine Tag im Leben, an den sich die unglaublichen Ereignisse überschlagen, die kuriosen Bestellungen Überhand nehmen und die Realität plötzlich zu einem rein theoretischen Konstrukt verkommt.
Jene 24 Stunden beginnen mit dem ersten Kapitel.
Es werden Bücher über „Wunderwesen“ bestellt, in denen Hunde und Drachen einander näherkommen, als man eigentlich erwarten würde, wie Silke Leimann berichtet.
Andreas Acker lässt den Bookboy „Erinnerungen“ ausliefern, die jedes Jahr nur eine Viertelstunde die Vergangenheit lebendig werden lassen.
Heike Schrapper lässt einen säumigen Leser in „28 pages later“ die Früchte seiner Versäumnisse ernten.
Und nicht nur im übertragenen Sinne in „Fremde Welten“ wird Fabius Flieder von Jacqueline Mayerhofer entführt.
Auch T.S. Orgel geben sich die Ehre, in „Shakespeare, vegetarisch“, wo der Bookboy glaubt, auf ein Verbrechersyndikat gestoßen zu sein und dabei vielleicht eine (Meta-)Ebene falsch liegt.
Diese und viele weitere Geschichten wird durch kurze Erzählungen von Verleger Torsten Low selbst ein Rahmen geboten.

Bücher sind Abenteuer, das ist unter Lesern allgemein bekannt. Die Abenteuer eines Buchlieferanten, die sowohl mit einer Buchhandlung, einem Buchhändler, ausgelieferten Büchern und seltsamen Begegnungen zu tun haben, sind dementsprechend eine gute Idee. Auch 24 Stunden im Leben dieses Protagonisten zu verfolgen, ist grundsätzlich ein toller Gedanke. Leider liegt der Teufel ein wenig im Detail. Der Protagonist stolpert nun von einem Abenteuer ins andere. In einer Geschichte kennt er jede Straße, jede Allee und jeden Trampelpfad, in der nächsten hat er Straßen und Viertel noch nie gesehen. Auch die Chronologie der Ereignisse ist nicht ganz koscher. Man merkt zwar, dass die Geschichten so platziert sind, dass sie eine Reihenfolge bilden sollen, aber so ganz passt das Ganze nicht zusammen. Obwohl hier eindeutig noch einige Luft nach oben gewesen wäre, bedeutet das aber nicht, dass „Bookboy“ ein schlechtes Buch wäre, ganz im Gegenteil. Doch leider ist die Anthologie nicht so herausragend geworden, wie sie es hätte werden können. Für phantastische Buchfans und Liebhaber von Kurzgeschichten ist das Werk aber trotzdem sehr gut geeignet und kann diesen bedenkenlos empfohlen werden.

„Bookboy – 24 Stunden im Leben eines Buchauslieferers“ ist eine Anthologie im Verlag Torsten Low, die von Ann-Kathrin Karschnick und Stefanie Mühlsteph herausgegeben wurde. Es gibt rasante, vielfältige Abenteuer von verschiedenen Autoren zu lesen, die allesamt von der Liebe zum geschriebenen Wort künden. Auch wenn sie inhaltlich nicht völlig in sich konsistent sind und auch der zeitliche Ablauf einige Fragen aufwirft, ist das Buch gerade für Freunde der Phantastik eine Empfehlung wert.

Details

Bewertung

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