Die letzte Reise des Karl Marx

von Hans Jürgen Krysmanski
Rezension von Claudia Cernohuby | 06. Oktober 2014

Die letzte Reise des Karl Marx

Von mehreren Krankheiten bereits schwer gezeichnet, bricht Karl Marx 1882 zu einer Reise auf, die seine letzte werden sollte. Er verlässt zum ersten Mal in seinem Leben Europa und reist unter anderem nach Algier.
Der Autor Hans Jürgen Krysmanki kritisiert, dass diese letzten Lebensmonate des großen Denkers in der Literatur viel zu wenig Beachtung finden und versucht dem mit diesem Buch Abhilfe zu schaffen.

Um herben Enttäuschungen vorzubeugen sei gesagt, dass es sich bei diesem Werk nicht um ein biographisches oder geschichtlich korrektes handelt. Es mögen zwar Teile, wahrscheinlich sogar große Teile der Erzählung reale Hintergründe haben, insgesamt handelt es sich aber um Fiktion. Leider war diese Tatsache weder aus der Vorankündigung noch aus dem Text am Buchrücken erkennbar, was enttäuscht, wenn man eben eine Biographie erwartet. Problematisch daran ist auch, dass man beim Lesen nicht sicher ist, welche Dinge nun der Wahrheit entsprechen und welche nicht.

Das Buch begleitet Marx auf einer Reise durch das Europa des 19. Jahrhunderts und über dessen Grenzen hinaus. Es bietet einen Einblick in das Privatleben Marx`, zeigt einerseits dessen tiefe Trauer um seine erst kürzlich verstorbene Frau, gleichzeitig aber auch die Beziehung zur Mutter seines (vermutlichen) unehelichen Sohnes. Thematisiert werden darüber hinaus unter anderem die innerfamiliären Zwistigkeiten mit und zwischen den Töchtern sowie die teils gespannte Beziehung zu seinen Schwiegersöhnen. Freundschaften wie jene zu Friedrich Engels stehen ebenso im Fokus wie der ständige Geldmangel im Hause Marx und die daher notwendige finanzielle Unterstützung durch Engels. Alles in allem wird ein interessantes Bild des Menschen Karl Marx gezeichnet, von dem zumeist nur das Werk bekannt ist.

Doch nicht nur das Privatleben, auch die Arbeit und die Werke von Marx sind Teil der Erzählung. Selbst in diesem Roman übt er laufend Kritik am Kapitalismus. Im Zentrum dieser Kritik steht der "Kasinokapitalismus", auch wenn dieser Begriff erst in den 1980er Jahren geprägt wurde. Das Thema wird jedenfalls durch einen erfundenen Aufenthalt in Monte Carlo unterstrichen

Die großen Werke Marx` werden gestreift, einzelne Inhalte aufgegriffen, verschiedene Themen und Theorien andiskutiert. Man findet Marx und seine Thesen in diesem Buch in Diskussionsrunden wieder, in Streitgesprächen und Monologen. Anhand einer fiktiven Freundin setzt Marx sich gezwungenermaßen mit dem Thema Sozialismus und Frauen auseinander, wahrscheinlich intensiver, als dies real je der Fall war.

Ursprünglich als Drehbuch eines Spielfilms gedacht, liest sich das Werk leider auch genauso. Es gibt Einleitungen, die eher wie Regieanweisungen klingen, sowie genaue Beschreibungen der Szenerie, die scheinbar das Bild ersetzen.

Es handelt sich bei "Die letzte Reise des Karl Marx" wohl eindeutig nicht um die klassische Lektüre überzeugter Marxisten. Da das Buch erfundene Elemente aufweist kann es nicht als Biographie verstanden werden. Es gibt nur kleine Einblicke in das Werk des berühmten Mannes und formt keine Meinungen. Was das Buch aber auf jeden Fall bewirkt, ist der Wunsch, sich einerseits mit Marx selbst, andererseits aber mit dem Werk Marx` näher auseinanderzusetzen und eventuell einmal selbst "Das Kapital" zu lesen - oder es zumindest zu versuchen.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    08/2014
  • Umfang:
    110 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783864890727
  • Preis (D):
    10 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
    Keine Bewertung
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung