Destiny Quest

Die Legion der Schatten

von Michael J. Ward
Rezension von Stefan Cernohuby | 31. Januar 2016

Die Legion der Schatten

Wer an klassische Abenteuer-Spielebücher denkt, der hat gewisse Reihen im Sinn. Entweder Bücher von Steve Jackson oder Joe Dever, die alle einem vorgegebenen Pfad folgen, der zwar unterschiedliche Wege zulässt, aber dem Spielenden dennoch nicht freie Hand lässt. Ein etwas anderes Konzept stellt das erste Werk der Reihe „Destiny Quest“ von Michael J. Ward vor. Das Buch, das den Titel „Die Legion der Schatten“ trägt, gibt dem Leser die Chance, tatsächlich Abenteuer zu seinen eigenen Konditionen zu erleben.

Man ist namenlos, mit unbekannter Vergangenheit, und erwacht am Rande eins Schlachtfelds. Ein sterbender Abgänger einer Kriegerakademie nimmt einem das Versprechen ab, in seinem Namen seine Ausbildung zu beenden und anschließend Gutes in der Welt zu tun. So beginnt der erste Akt des Buchs. Der Spieler sieht eine Landkarte vor sich, Queste in vier unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen, Orte und Monster. Natürlich sind sie alle jeweils mit der Nummer des Abschnitts versehen, an dem man weiterliest, wenn man die jeweilige Herausforderung in Angriff nehmen will. Hat man ein Abenteuer überstanden, kehrt man wieder zur Karte zurück. Verliert man, kehrt man jedoch zur Karte zurück und verliert alle verzehrbaren Gegenstände. So kann man sich langsam durch Entscheidungen eine Identität aufbauen und die Welt in der man sich bewegt und die Handlung langsam kennenlernen. Am Ende des ersten Akts kann man sich entscheiden, ob man den Weg eines Kriegers, eines Magiers oder eines Schurken einschlägt. Während man sich im zweiten Akt immer mehr verbessert und der Handlung näherkommt, ist der dritte Abschnitt beinahe ein vollständiges eigenes Abenteuer. Denn hier interagiert man regenmäßig mit den gleichen Personen, verfolgt eine Haupthandlung und versucht irgendwie die Welt zu retten – obwohl man ein Mal der Finsternis trägt und einem alle anderen misstrauen.

Es hat eine ganze Weile gedauert, das Spielebuch „Die Legion der Schatten“ fertig zu testen, denn es gibt eine unglaubliche Anzahl an verschiedenen Quests und Entscheidungen, die zutreffen sind. Doch gleich zu Beginn muss man den Autor für einen Geniestreich loben, der eines der größten Mankos dieser Art von Buch beseitigt hat. Früher war es so, dass es eine Menge Spieler mit den besten Vorsätzen gab, sobald sie das Buch begannen. Sie wollten es ehrlich spielen und ehrlich gewinnen. Aber spätestens, wenn man kurz vor dem Ende einen bedeutungslosen Tod starb, nur, weil man statt der rechten die linke Abzweigung nahm, wurde der überwiegende Teil schwach… und blätterte zurück, entschied sich um – schummelte. Wer sollte das schon erfahren? Niemand außer einem selbst, doch das leichte Schuldgefühl konnte schon dazu beitragen, den letztendlichen Erfolg schal werden zu lassen. Michael J. Ward hat dieses Problem dadurch umschifft, dass der Charakter nicht stirbt, wenn er stirbt. Also nicht wirklich, sondern nur sehr vorübergehend. Und da man darüber hinaus auch noch die wichtigsten seiner Gegenstände behält – zumindest meistens –, ist die Verlockung zu schummeln nicht mehr so groß. Das Abenteuer ist episch. Es beginnt klein, einfach und relativ unbedeutend, schwingt sich dann aber in ungeahnte Höhen auf. Es wird unglaublich düster und lässt nicht nur positive Gefühle zurück, selbst wenn man es bis zum Ende schafft. Das macht das Ganze zu einer Pflichtinvestition für alle, die Spielebücher immer noch lieber und den Kampf gegen die Legion der Schatten aufnehmen wollen.

„Die Legion der Schatten“ ist das erste Spielebuch der Reihe „Destiny Quest“ von Michael J. Ward. Der Autor dieses Buchs räumt mit einigen der größten Mankos der Buchgattung auf, bietet dem Spielenden größtmögliche Autonomie und Entscheidungsfreiheit darüber hinaus noch ein episches Abenteuer, das seinesgleichen sucht. Dementsprechend ist dieses Buch ein Muss für alle Fans von Spielebüchern.

Details

Bewertung

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  • Gefühl:
  • Illustration:
  • Spieltiefe:

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