Clockwork Orange

von Anthony Burgess
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. November 2013

Clockwork Orange

Es kann ein äußerst ernüchternder Moment sein, in dem ein menschliches Individuum begreift, dass es trotz all seiner Bestrebungen nach Einzigartigkeit nur ein winziges Zahnrad in einem gewaltigen Uhrwerk ist. Die Rebellion gegen ein solches System, ob bewusst oder unbewusst, ist Thema eines Klassikers der Literaturgeschichte. Anthony Burgess hat in "Clockwork Orange" allerdings weit mehr getan, als nur ein politisches System und seine Folgen an den Pranger zu stellen.

Der junge Alex ist Anführer einer Gruppe von Jugendlichen. In ihrer eigenen Sprache sind sie seine Droogs. Sie treffen sich in der Korowa Milchbar und pitschen Milch Plus, gute alte Moloko mit synthetischen Zusätzen, die mehr als nur anregend wirkt. Und Alex, gerade einmal fünfzehn Jahre alt und der Jüngste seiner Gruppe, führt die Droogs in die Straßen. Dort verprügeln sie alte Leute, stehlen Autos und machen die Vorstädte unsicher, wo sie in Häuser eindringen, die Bewohner terrorisieren, Eigentum zerstören und Frauen vergewaltigen. Genau das richtige für Alex, der sich an derartigen Taten erfreut - genauso wie an klassischer Musik von Händel, Bach oder seinem Favoriten Ludwig van (Beethoven). Doch alles Gute hat ein Ende, denn er wird von seinen Groogies verraten und der Polizei ausgeliefert. Da eines seiner Opfer verstorben ist, steht ihm eine lange Haftstrafe bevor. Trotz aller Bestrebungen vorbildlich zu wirken und dem Studium der Bibel bleiben seine Wünsche und Ziele die gleichen. Und sein vorrangiges ist es, schnell eine Möglichkeit zu finden, die Haft hinter sich zu lassen. Hoffnung macht ihm ein Heilungsverfahren, die sogenannte Ludovico-Therapie. Doch er muss schnell erkennen, dass es mit ein wenig Verstellung nicht getan ist, denn durch Drogeninjektionen und das zwangsweise sehen von Filmen, in denen Gräueltaten gezeigt werden, wird er darauf konditioniert, Unwohlsein zu empfinden, wann auch immer er nur an Gewalt denkt. Doch nicht nur Gewalt, denn da in den Filmen auch Musikuntermalung verwendet wurde, kann er nicht einmal mehr seine geliebten Klänge "sluschen" ohne dass er sich vor Schmerzen krümmt. Und als er nach der Entlassung aus dem Gefängnis in der Wohnung seiner Eltern einen Fremden vorfindet, seine ehemaligen Schlägerfreunde bei der Polizei arbeiten und sein Modell der Gedankenkontrolle als Vorreiter der neuen Rechtsprechung dienen soll, verheißt das keine positive Zukunft für ihn, der nun wie ein Uhrwerk funktionieren soll.
Zusätzlich zum Roman sind noch zahlreiche Sekundärmedien vorhanden, zum Beispiel ein Prolog zum Werk, das im Zuge einer Musical-Adaption erschaffen wurde. Auch ein Zeitungsinterview mit dem Protagonisten, Informationen zur Neuübersetzung und eine Übersicht der verwendeten russischen Worte sind Teil dieses Buchs.

Gleich vorweg, "Clockwerk Orange", das von früher unter "Uhrwerk Orange" oder im englischen Original "A Clockwork Orange" bekannt ist, an seinem Inhalt selbst zu messen ist überflüssig. Andernfalls würde der Roman nicht mittlerweile zu den Klassikern der Science-Fiction gehören. Zur Diskussion stellen kann man allerdings einige andere Details. Zum einen ist da die ewige Frage nach der Aktualität der Handlung angesichts der heutigen Situation. Das Gedankenmodell im Hinblick auf Resozialisierung und Schuld ist zumindest hierzulande nicht anders als früher. Ob es jedoch moralisch verwerflicher ist, über die "von außen erfolgende Korrektur" von gemeingefährlichem Verhalten nachzudenken oder aber definitiv nicht reintegrierbare Individuen mit krankhaften Trieben aufgrund mangelnder gesetzlicher Regelungen wieder auf die Gesellschaft loszulassen, soll einfach mal so in den Raum gestellt werden. Auch die Frage, ob eine Neuübersetzung notwendig war und ob sie gelungen ist, kann man stellen. Die Beantwortung ist schwammig. Notwendig möglicherweise nicht, aber hilfreich. Denn die Originalfassung des Werks enthält eine Mischung aus britischem Slang der 50er und 60er, mit eingestreuten halb-russischen Floskeln. Die neue Transformation des Textes in eine Deutsch-Russische Form orientiert sich dabei an einer deutlich moderneren Sprache, was den Text auf jeden Fall um einiges lesbarer macht als in früheren Versionen. Zusätzlich sind der Prolog für das Musical, das Interview mit dem nachnamenlosen Alex und die "illustrierten" ersten Seiten des Originalmanuskriptes allesamt sehr interessant. Wahrlich, wer dieses Werk noch nicht sein Eigen nennen kann, sollte hier unbedingt zugreifen, oh meine Brüder. Moment, wo kommt diese seltsamen Satzbestandteile her?

"Clockwork Orange", das Meisterwerk von Anthony Burgess, ist aktuell in einer restaurierten, neu übersetzten Version mit hinzugefügten interessanten Sekundärmedien erschienen. Trotz der angepassten Sprache ist der verwendete Slang nicht ganz einfach zu verstehen, was aber Inhalt und Geschichte keineswegs beeinträchtigt. Hierbei handelt es sich einfach um Pflichtlektüre, die jeder Liebhaber von Science-Fiction unbedingt in seinem Besitz haben sollte - so ist gerade die vorliegende Version unbedingt empfehlenswert.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    09/2013
  • Umfang:
    256 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    3608939903
  • ISBN 13:
    9783608939903
  • Preis (D):
    21,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:

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