Himmelhorn


Kluftingers neuer Fall
von Volker Klüpfel, Michael Kobr, Christian Berkel (Sprecher*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 23. November 2016

Himmelhorn

Der typische Bayer ist ein gemütlicher, manchmal knurriger oder eigenbrötlerischer Kerl, der am liebsten seine Käsespatzen, Weißwurst oder Weizen konsumiert und alles etwas entspannter angeht. Als bayerischer Beamter hat man zudem seine Angestellten, für die Pension schon gesorgt und gibt sich - wenngleich nur ein armer Beamter - bescheiden und sparsam. - Wer in dieser Beschreibung Kommissar Kluftinger wiedererkennt, hat nicht ganz unrecht. Denn ein neuer Fall mit dem Kult-Bayern ist in die Buchhandlungen gekommen - nicht nur als haptisches Buch, sondern auch als Hörbuch.

Nachdem Kluftinger ein eBike und eine Gopro geschenkt bekommen hat, drängt ihn Dr. Langhammer, beides endlich auszuprobieren. Und so starten sie schon bald zu einer Tour in die Allgäuer Alpen. Prompt entdeckt Klufti etwas Seltsames in den Bergen, was sich bei genauerem Hinschauen als drei abgestürzte Bergsteiger erweist. Der Fall lässt Kluftinger nicht mehr los, obwohl er schnell als tragischer Unfall abgetan wird. Doch dann fällt dem Kommissar aus Altusried etwas Entscheidendes auf, was alles nach einem gezielten Mord aussehen lässt. Eine ausgerissene Latschenkiefer bringt ihn auf die richtige Fährte und zu einer Familienfehde, die seit fast 80 Jahren schwelt. Klufti gerät zwischen die Fronten und muss sich mit sturen und wortkargen Bergbauern plagen.
Dem nicht genug geht auch im Privaten alles drunter und drüber. Sein Sohn lernt für das Examen, während dessen Frau hochschwanger zuhause sitzt. Dr. Langhammer scheint eine Geliebte zu haben und dessen Ehefrau will es diesem heimzahlen - mit Kluftinger.
Daher muss der Kommissar wieder alle Register ziehen.

Kluftingers neunter Fall führt die Leser - oder in diesem Fall die Hörer - in luftige, schwindelnde Höhen. Auf dem Himmelhorn sind drei Bergsteiger verunglückt, dass zwei davon in altertümlicher Bergsteigerkluft unterwegs waren, löst nur für kurze Zeit Spannung aus, denn das Geheimnis darum wird sehr schnell gelüftet. Nicht schnell gelüftet wird dagegen der Mörder. Im Gegenteil. Es dauert eine Weile, bis alle Zeichen auf einen Mord hindeuten. Doch wer glaubt, dass nun eifriges Treiben losbricht, der irrt. Mit bayerischer Gemütlichkeit gehen die Beamten an die Arbeit und stellen Ermittlungen an. Man spürt, dass ihnen ein Selbstmord einfach lieber gewesen wäre. Anders verhält es sich bei Kluftinger. Er ist eifrig dabei, zwei alte Bergbauernfamilien zu besuchen, nur um zu merken, dass er hier keineswegs erwünscht ist. Doch so schnell lässt sich der kauzige Kommissar nicht abwimmeln.
Das trifft übrigens auf sehr viele Lebensbereiche zu. Sei es beim Ermitteln, beim Hoffen auf die montäglichen Käsespätzle oder das Erlernen des Umgangs mit neuer Technik - Klufti zieht sein Ding durch, was beim Hörer für so manchen Schmunzler sorgt. Es gibt Stellen, da muss man wegen seiner Unbeholfenheit und seiner bayrischen Art laut auflachen. Doch das lässt den Kommissar streckenweise auch ein wenig zu tollpatschig und trottelig erscheinen.
Das Buch ist in zwei Handlungsstränge eingeteilt: Die Ermittlungen rund um den Absturz der drei Bergsteiger und Kluftingers Privatleben. Ersteres, was eigentlich das weitaus Wichtigere sein sollte, rutscht etwas in den Hintergrund und wird zu einem Hilfsmittel, welches den kompletten Roman zusammenhält. Es ist ein Führungsfaden, der immer wieder zu einem bestimmten Punkt zurückkehrt und den Hörer daran erinnert, dass es noch um etwas anderes geht. Nämlich die Aufklärung des Falls. Ansonsten steht Kluftingers Privatleben eindeutig an erster Stelle. Das verlieht dem Buch zwar eine ordentliche Portion Charme und Humor, geht aber zu Lasten des eigentlichen Krimi-Gefühls. In der Hörbuchfassung ist das aber nicht weiter störend, überzeugen die drei Sprecher, beide Autoren sowie Christian Berkel, auf ganzer Linie. Urkomisch, in Mundart und mit den richtigen Akzenten zur passenden Zeit wird das Hörbuch lebendig und lässt den Hörer zu einem stillen Beobachter von Kluftingers neuem Fall werden.

"Himmelshorn" ist nicht nur ein neuer Fall, sondern auch der neunte Fall des etwas kauzigen, bayerischen Kriminalkommissars. Auch wenn der Kriminalfall eher in den Hintergrund rückt und man Kluftinger mehr im Privaten begleitet, versteht das Hörbuch zu unterhalten. Einen Gutteil tragen natürlich die Sprecher dazu bei, die das ganze sehr witzig, amüsant und unterhaltsam herüberbringen. Querleser brauchen sich keine Gedanken zu machen. Man findet leicht in die Ereignisse hinein und kann sich vieles zusammenreimen. Alles zusammen macht "Himmelhorn" zu einem durchschnittlichen, unterhaltsamen und doch recht amüsanten Hörbuch.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Sound:

Könnte Ihnen auch gefallen: