Die Glasbläserin

von Petra Durst-Benning
Rezension von Janett Cernohuby | 25. Januar 2009

Die Glasbläserin

Thüringen konnte im Laufe der Jahrhunderte viele hochwertige Handwerksarbeiten vorweisen, die auch heute noch wegen ihrer Qualität bekannt sind. Besonders Glas war und ist in Thüringen von großer Bedeutung. Wer kennt nicht die Erzeugnisse von Carl Zeiss Jena; hochwertige optische Linsen - verarbeitet zu Brillengläsern, Ferngläsern oder Objektiven. Doch auch bei anderen Glasarbeiten kann das Bundesland berühmte Erfindungen vorweisen. So hat besonders Lauscha große Bekanntheit errungen, ist es doch die Geburtsstadt des gläsernen Weihnachtsbaumschmucks. Die Schriftstellerin Petra Durst-Benning ließ sich davon inspirieren und schrieb ihren Roman "Die Glasbläserin", der nun im Verlag Hörbuch Hamburg als Audiobuch erschien.

Als 1980 der Glasbläser Joost Steinmann aus dem thüringischen Lauscha überraschend stirbt, stehen seine drei Töchter plötzlich völlig mittellos da. Der Glasbläser Wilhelm Heimer bietet den Schwestern Johanna, Ruth und Marie eine Anstellung bei sich an, die diese in ihrer Not dankend annehmen. Doch die Arbeit dort ist kein Zuckerschlecken und auch die Bezahlung ist sehr spärlich. Als es Johanna schließlich nicht mehr aushält, nimmt sie eine Anstellung bei einem Kaufmann in Sonneberg an. Hier wird sie nicht nur viel besser bezahlt, sie lernt auch sehr viele wichtige Geschäftsleute kennen, unter anderem den Amerikaner Franklin Winfield Woolworth. Doch auch diese Anstellung bringt der jungen Frau kein Glück und so kehrt sie nach Lauscha zurück. Als wieder einmal Weihnachten naht, macht Marie ihren Schwestern ein folgeschweres Geschenk. Heimlich schleicht sie sich Nacht für Nacht in die Werkstatt ihres verstorbenen Vaters und beginnt, dort gläserne Kugeln für den Weihnachtsbaum zu blasen und zu verzieren. Ihre Johanna und Ruth sind sehr angetan von dem Geschenk und können kaum glauben, was ihre Schwester vollbracht hat. Johanna kommt dabei eine waghalsige Idee. Sie weiß, dass der amerikanische Geschäftsmann Woolworth auch im neuen Jahr wieder nach Sonneberg kommen wird und nach besonderen Glaswaren sucht. Warum nicht den Versuch starten und ihn Maries Weihnachtskugeln zeigen? Die Schwestern wagen den mutigen Schritt und bald schon liegt ihnen ein Auftrag zur Fertigung von mehreren Tausend Weihnachtsbaumkugeln vor. Die drei Frauen brechen mit allen gesellschaftlichen Regeln und Zwängen und eröffnen ihre eigene Glasbläserei. Denn es soll nicht bei diesem einen Auftrag bleiben.

Mit "Die Glasbläserin" schrieb Petra Durst-Benning ihr erstes Buch zu der großen Glasbläser-Trilogie. Entsprechend dem aktuellen Trend unter den historischen Romanen nehmen dabei Frauen die Hauptrollen ein und bewegen sich in einer Welt, die eigentlich nur Männern vorbehalten ist. Doch das tun sie mit Bravour. Egal wie groß der Widerstand ist und wie schwer die Rückschläge sind, die Schwestern lassen sich nicht unterkriegen und gehen zielstrebig ihren Weg. Am Ende findet dann eine jede von ihnen ihr großes Glück, auch wenn dieses teilweise von einem traurigen Abschied überschattet wird.
Der historische Hintergrund für diese Geschichte ist hervorragend gewählt. Lauscha ist eine der traditionsreichsten Glasproduktionsstätten in Europa. So finden sich in dem Roman zwar keine historisch belegten Fakten oder Personen (außer Franklin Winfield Woolworth), aber die ein oder andere Begebenheit hat sie doch so ähnlich zugetragen. So wurde das Glasauge in Lauscha quasi ein zweites Mal erfunden und bald sehr bekannt und beliebt. Auch die Wiege des gläsernen Weihnachtsbaumschmucks steht in dem kleinen thüringischen Städtchen. Ebenso war es Franklin Winfield Woolworth, der die ersten Christbaumkugeln in die USA importierte. Fiktion hin oder her, ein kleines Fünkchen Wahrheit findet sich auch in diesem Werk.
Trotz dieser geschichtlichen Hintergründe bleibt das Buch ein Frauenroman. Zwar erzählt die Autorin davon, wie die drei Schwestern gegen die Traditionen ihrer Zeit aufbegehren, Glaserzeugnisse fertigen - ja regelrecht einen kleinen Familienbetrieb aufbauen, aber trotzdem ist der emotionale Teil der Geschichte doch sehr umfangreich. Ergreifend schildert die Autorin die junge, aber unglückliche Liebe zwischen Ruth und dem Glasbläsersohn Thomas, dem jahrelangen Werben Peters um Johannas Hand sowie der Liebe Maries zu ihrer Freiheit und Unabhängigkeit. Fast schon rückt der eigentliche Kern, die Glasbläserei, ein wenig in den Hintergrund.
Die Umsetzung des Romans in die Hörbuchfassung ist gut gelungen. Zwar handelt es sich hierbei um eine gekürzte Lesung, jedoch achtete der Verlag sehr darauf, keine wichtigen Daten oder Zusammenhänge wegzulassen. So kann der Leser trotz Kürzung mühelos der Handlung folgen. Die Sprecherin Ulrike Grote liest mit warmer Stimme und verleiht der Geschichte somit Lebendigkeit. Sehr gut gelingt es ihr, die unterschiedlichen Personen und Situationen stimmlich wiederzugeben.

Für alle, die noch immer gerne historische Romane mit mutigen Frauen in den Hauptrollen lesen, wird dieses Audiobuch ein großer Hörgenuss sein. Stimmungsvoll liest Ulrike Grote die bewegende Geschichte dreier junger Frauen, die sich in einer Männerwelt behaupten.

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