Ramen


Japanische Nudelsuppen für jeden Tag
von Tove Nilsson
Rezension von Elisabeth Binder | 13. August 2021

Ramen

Ende der 1980er Jahre tauchte die japanische Komödie Tampopo in den heimischen Kinos auf. Im Mittelpunkt stand die Suche nach der perfekten Nudelsuppe unter Begleitung von Slapstickeinlagen und Genreparodien. Etwas mehr als zwanzig Jahre später wurde auch außerhalb Japans nach der perfekten Nudelsuppe gesucht Der Ramen ist längst zum internationalen Foodtrend geworden und gelacht wird darüber nicht mehr, sondern gefachsimpelt. Die Schwedin Tove Nilsson hat nun aus ihrer Ramen-Leidenschaft ein Kochbuch gemacht.

Der Einstieg in die Welt der Ramen erfolgt über eine Bilderstrecke aus Sicht eine*r Ramen-Konsument*in: Auswählen, Warten, Schlürfen sind die drei Schritte auf dem Weg in den Ramen-Himmel. Wer das, wie die Autorin im Vorwort glaubhaft versichert, oft genug gemacht hat, möchte sicherlich auch die nächsten Schritte gehen, nämlich Kochen, Warten, Schlürfen.

Die Material- und Warenkunde fällt erfreulich knapp aus und beschränkt sich auf die Dinge, die sich normalerweise nicht im Vorratsschrank eines durchschnittlichen europäischen Haushalts befinden. Es ist jetzt aber auch nichts wirklich Überraschendes dabei, die meisten Dinge gibt es im Supermarkt zu kaufen oder sie lassen sich ohne allzu großen Authentizitätsverlust ersetzen. Spätestens an dieser Stelle sollte klar sein, dass das Geheimnis von guten Ramen nicht an einer magischen Zutat liegt, sondern an der Sorgfalt, mit der einfache Nahrungsmittel zubereitet werden.

Ramen

Die Basis und das Herzstück von Ramen ist eine Brühe, meist auf Basis von Fleisch oder Knochen. Die zweitwichtigste Zutat ist eindeutig die Zeit. Die Königsdisziplin ist da wohl die Tonkotsu-Brühe, für die Schweinfüße mit ein paar Zwiebeln und viel Wasser für 10 bis 18 Stunden gekocht (nicht geköchelt!) werden. Da heißt es also früh aufstehen. Damit man das nicht allzu oft machen muss, ergibt das Endresultat dann auch 8 Liter Brühe, für die man im Tiefkühlschrank erst Platz finden muss. Ansonsten könnte der Untertitel des Buchs, "Japanische Nudelsuppen für jeden Tag" zu einer gefährlichen Drohung werden. Daneben gibt es auch noch weniger aufwändige Rezepte, zwei davon vegetarisch. Die Brühe gibt den Ramen also einen Grundgeschmack. Weitere Aromen werden in der abschließenden Würzung, der Tare, noch eingebracht. Das reicht von ausgekochtem Hühner- oder Schweinfett über Chilipasten und Würzöle bis hin zu eigenen Gewürzmischungen. Vieles davon lässt sich einfach vorbereiten und aufbewahren. An dieser Stelle bietet das Buch ein paar Anregungen, beim Würzen ist auf jeden Fall Experimentieren angesagt und erwünscht. Während die Brühe munter vor sich hin kocht, lassen sich die Nudeln zubereiten. Für Ramen typisch sind die namengebenden eher dünnen Ramen-Nudeln, die dicken Udon und Soba, für die im Gegensatz zu Ramen und Udon nicht (nur) Weizen, sondern hauptsächlich Buchweizenmehl verwendet wird. Die besondere Elastizität und Bissfestigkeit der Ramen-Nudeln wird durch die Zugabe einer alkalischen Substanz erzeugt (Kansui), die man durch gebackenes Speisenatron ersetzen kann und soll. Für die Bearbeitung des sehr festen Teigs eignet sich eine herkömmliche Nudelmaschine am besten, einer Verarbeitung von Hand wird eher abgeraten. Eine Bearbeitung zu Fuß ist hingegen bei den Udon das geeignete Mittel (Seite 39). Neben Brühe und Nudeln komplettieren dann noch proteinhaltige Einlagen, wie langsam gegartes Fleisch und auf unterschiedliche Arten eingelegte Eier, einen typischen Ramen.

Ramen

Nach dem ausführlichen Kapitel zu den Einzelbestandteilen, folgen die eigentlichen Ramenrezepte, also typische Kombinationen der einzelnen Komponenten mit der einen oder anderen Gemüsebeigabe. Ramen sind jedoch nicht die einzige Art, wie Nudeln in Japan gegessen werden. Daher gibt es der Vollständigkeit halber auch zu diesem Thema noch ein paar Rezepte. Die letzten 30 Seiten sind vollgepackt mit "Snacks", die aber durchwegs auch als Hauptgerichte durchgehen, wie beispielsweise Gyoza (Teigtaschen), Tempura oder Okonomiyaki (sehr herzhafter/s Kohl/Kraut Pfannkuchen).

Die Rezepte selbst sind klar strukturiert, einfach nachkochbar und liefern bei genauer Befolgung befriedigende Ergebnisse. Das dürfte vor allem der langjährigen Beschäftigung der Autorin mit dem Thema geschuldet sein. Ein kurzer Blick ins Internet genügt, um zu wissen, dass die Suche nach dem möglichst authentischen Ramenrezept ein großes schwarzes Loch ist, in dem man problemlos ein paar Tage verschwinden kann. Was man allerdings bei den Rezepten vergeblich sucht, sind die Zubereitungszeiten, die muss man aus den Einzelkomponenten mühsam rückrechnen. Nur so viel sei verraten: spontan am Abend Ramen servieren geht nur dann, wenn man das Wochenende zuvor in der Küche verbracht hat. Jedes Rezept ist außerdem mit einem gestylten, aber durchaus realistischen Foto des Endergebnisses illustriert. Arbeitsschritte sind nicht dokumentiert, Fotos wären aber an einigen Stellen hilfreich. Der Rest der Illustrationen sind mehr oder weniger Ramen-inspirierte Stimmungsbilder aus Japan. Die Untertitelungen der Bilder darf man nicht ganz so genau nehmen. Achtung, damit es nicht zu Missverständnissen bezüglich des Rufs von Ramen als billigem Fastfood kommt. Auf Seite 18 sieht man unkommentiert eine Auslage von Plastiknachbildungen von Ramen, die Restaurants für ihre Auslagen kaufen. Die Preise beziehen sich daher auf diese Lebensmittelbeispiele (Shokuhin Sanpur) und nicht auf die tatsächlichen Preise von Ramen im Restaurant, die liegen nämlich bei einem Fünftel.

FreundInnen der japanischen Nudelsuppe erhalten mit "Ramen" ein Standardwerk, das auf 150 Seiten alles enthält, was es handwerklich zum Thema Ramen zu vermitteln gilt. Vor allem lernt man eines: Ramen mag zwar Fast Food sein, wenn es ums Essen geht, bei der Zubereitung hingegen gibt es keine Abkürzungen und Kompromisse.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    08/2017
  • Umfang:
    152 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783881171434
  • Preis (D):
    20 €

Bewertung

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