Das wahre Sakrileg

von Alexander Schick, Michael Welte
Rezension von Janett Cernohuby | 30. Januar 2009

Das wahre Sakrileg

Seit fast zwei Jahren ist Dan Browns Roman "Sakrileg" nicht mehr aus den Bestsellerlisten wegzudenken. Das in 44 Sprachen übersetzte Buch verkaufte sich weltweit rund 50 Millionen Mal; davon erschienen allein im deutschsprachigen Raum zwei Millionen Exemplare. Im Mai 2006 lockte die dazugehörige Filmversion unzählige Fans in die Kinos. Ein Buch der Superlative also. Doch so groß die Begeisterungswelle zu diesem Roman ist, so heftig waren auch die Proteste. Der Vatikan rief zum Boykott des Werkes auf, Mitglieder der katholischen Kirche übten scharfe Kritik und auch viele Wissenschaftler haben nur ein Kopfschütteln für diesen Roman übrig. Doch was ist es, das solch eine Welle der Begeisterung und Empörung über ein Buch auslöst?

Die Handlung ist schnell erzählt: Der Symbolforscher Robert Langdon weilt in Paris, als der Direktor des Louvre vor dem Gemälde der Mona Lisa ermordet aufgefunden wird. Schnell erkennt Langdon, dass der Ermordete auf die Werke von da Vinci hinweisen wollte. Langdon stellt Nachforschungen an. Dabei erhält er Unterstützung von der Enkelin des Ermordeten, die auch gleichzeitig ein Nachfahre von Jesus ist. Ihr Onkel, ein führendes Mitglied einer Geheimgesellschaft, hütet das letzte Geheimnis der Nachkommen Christi: Jesus war mit Maria Magdalena verheiratet und beiden hatten sogar ein Kind! Noch heute leben die Nachfahren Jesu in Frankreich.
Die Ehe und Nachkommenschaft Jesu sind nur ein Thema dieses Romans. Im Verlauf der Geschichte schreibt Dan Brown, dass Kaiser Konstantin unzählige Handschriften vernichten ließ, um so auf dem Konzil von Nicäa (325 n. Chr.) Jesus als Gottes Sohn erklären zu können. Ebenso ist der Heilige Gral Teil des Romans. Dieser ist nämlich nicht wie oftmals dargestellt, ein Trinkgefäß, sondern es handelt sich hierbei um eine Person - um Maria Magdalene. Aufschluss dazu gibt, laut Dan Brown, Leonardo da Vincis berühmtes Werk "Das letztes Abendmahl". Doch diese Romaninhalte sind es nicht, welche die einen fasziniert und die anderen den Kopf schütteln lassen. Vielmehr ist es die Behauptung Browns, dass die Geschichte sowie alle die im Roman erwähnten Dokumente und Werke aus Kunst und Architektur wahrheitsgetreu wiedergegeben wurden. Damit schuf sich Brown neben unzähligen Fans auch viele Kritiker. Zwei dieser Kritiker sind Alexander Schick, Wissenschaftspublizist und Fachmann für alte Bibel- und Handschriftenfunde und Michael Welte, Theologe. Zusammen sahen sie sich Browns aufgeführte Dokumente und Werke genauer an und zeigen dem Leser was Fakt und was Fiktion ist. Dabei gehen die Autoren systematisch vor. Schritt für Schritt betrachten sie die verschiedenen Thesen und Behauptungen Dan Browns, erläutern seine Quellen, zeigen und begründen ihre Quellen und decken so Übereinstimmungen, Unterschiede oder Fiktionen auf. Zum zentralen Thema dieses Buches gehören die Schriftrollen von Qumran und weitere Handschriften. Laut Dan Brown sind diese Schriften von besonderer Bedeutung, entgingen sie doch nur knapp Kaiser Konstantins Bücherverbrennung und liefern uns heute die wahre Geschichte Jesus. Alexander Schick nimmt die Rollen von Qumran genauestens unter die Lupe; er erzählt von ihrer Entdeckung, von ihrer Entschlüsselung und von ihrem wahren Inhalt. Doch es gibt noch weitere berühmte Schriften, die von den Autoren beschrieben werden. Zusätzlich führten sie mit einigen Wissenschaftlern und Forschern Interviews zum Thema Qumran und Sakrileg und bringen diese Interviews in das Buch mit ein. Stück für Stück bröckelt das Lügenhaus Dan Browns und stürzt letztendlich in sich zusammen.

Von Anfang an schlagen die Autoren einen sehr harten und direkten Ton über Dan Browns Thesen an. Der Leser merkt deutlich die Abneigung gegen den Roman "Sakrileg" und dessen Verfasser. Zu Beginn mag dieser Ton dem Leser negativ auffallen, jedoch im weiteren Verlauf der Lektüre wird er nicht nur seine Meinung ändern, sondern die Beweggründe der Autoren verstehen. Ausführlich berichten Alexander Schick und Michael Welte über die verschiedenen Handschriften, ihre Funde und Erforschung. Anhand zusätzlicher Zeittafeln zeigen sie die Entstehung der Handschriften des Alten und Neuen Testaments deutlich auf. Die Texte werden durch zum Thema passende Schwarzweiß-Fotografien über Gemälde, Grabungsstätten, Forscher aufgelockert.
Gegliedert ist das Buch in zehn große Kapitel. Zusätzlich gibt es eine Einführung, ein Nachwort sowie ein umfangreiches Literaturverzeichnis und Bildnachweis.

Es ist traurig, dass Romanautoren ihre Fiktionen als wahre Tatsachen verkaufen. Umso erfreulicher ist es dann, wenn Fachleute Werke veröffentlichen, in denen diese Fiktionen wieder ins richtige Licht gerückt werden. Mit "Das wahre Sakrileg" ist dies gut gelungen. Mit den für Laien gut verständlichen Erläuterungen und Informationen führen die Autoren die Leser in die Hintergründe des "Da-Vinci-Codes" und die Erforschung der Bibeltexte ein. Eigentlich sollte dieses Werk gleich mit jedem "Sakrileg"-Roman zusammen verkauft werden...

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