In anderen Kulturkreisen gibt es nicht nur uns unbekannte Geschichte, sondern auch Mythologien und Märchen, die in Romanform selten in den deutschsprachigen Raum vordringen. Gerade Japan hat einen sehr reichen Volksglauben, dessen Inhalte eher in Manga- und Animeserien thematisiert werden. Die aus Graz stammende Autorin Manuela Elser hat mit „Fuchsfeuer – Nacht der Dämonen“ einen Roman verfasst, der sich den Yōkai in einem alternativen Setting annimmt.
Seit sich in Japan ein Riss in der Realität aufgetan hat, ist jede Nacht voller Geister und Dämonen. Doch noch weit schlimmer als das, werden alle zehn Jahre die Erstgeborenen sämtlicher japanischen Familien entführt, die älter als zehn Jahre sind. Sayu bereitet sich schon seit Jahren auf dieses Schicksal vor und erwartet, in der Nacht von den Yōkai geholt zu werden. Doch das geschieht nicht. Als sie am nächsten Morgen erwacht, ist sie immer noch da, aber ihre kleine Schwester verschwunden. Dies stellt das Leben ihrer Eltern und auch ihres Umfeldes komplett auf den Kopf. Denn die Ausbildung von Erstgeborenen ist nicht über das Alter, in dem sie verschwinden, hinaus geplant. Gerüchte kommen auf, dass Sayu einen Pakt mit den Yōkai geschlossen hat, um selbst verschont zu werden. Etwas, was sie so verstört, dass sie beschließt, ihre Schwester wieder zu befreien, egal was sie das kosten wird. So begibt sie sich in der Nacht ins Freie und geht tatsächlich einen Handel mit einem Yōkai ein. Dafür, dass sie einem Kitsune – einem Fuchsgeist – seine Seele zurückgibt, verspricht das genderfluide Wesen ihr die Fähigkeiten zu verleihen, ihre Schwester wiederzufinden. Als sie dabei den mit einem Yōkai-Schwert bewaffneten Ryo trifft, der offenbar die selbstgewählte Mission verfolgt, alle Yōkai zu töten, verspürt sie wieder Hoffnung. Ihr Leben wird zu einem Balanceakt, denn niemand darf wissen, dass sie bei Tag eine ganz normale Schülerin ist, aber nachts Dämonen bekämpft. Nicht einmal die streitbare Schulsprecherin Mirai, die schon beim ersten Zusammentreffen an ihr Interesse zu haben scheint.
Der Roman hat definitiv keinen Mangel an Gefühl, Action oder fremdartigen Kreaturen. Die Protagonistin steht unglaublich unter Druck. Sowohl durch jene, die wissen wollen, wie sie sich selbst der Entführung entzogen hat, als auch durch andere. Ihre Eltern wollen nur das Beste für sie, ihre neue Schule erwartet Dinge von ihr, auf die sie nie vorbereitet wurde und letzten Endes verlangt sie sich selbst alles ab, denn schließlich will sie ihre Schwester retten. Dabei gibt es unerwartete Begegnungen, die Vergangenheit verschiedener Charaktere wird erforscht und Sayu gerät mehr als einmal in absolute Lebensgefahr, denn einige der Yōkai sind nicht nur auf der Suche nach menschlichen Haaren oder laufende Teekessel. Manche ernähren sich von Angst, Schmerz und Blut. Das ist sehr spannend und auch sehr lehrreich für Lesende, denn mit vielen der behandelten Kreaturen hatte man noch niemals einen (literarischen) Berührungspunkt. Das lässt dann auch die eine oder andere Wiederholung vergessen, denn Tag, Nacht und das Jagen von Yōkai passieren natürlich mehrfach. Interessant ist aber auch die Auflösung des Dilemmas rund um Sayu und ihre Schwester Eri, welches von größerer Bedeutung ist, als man zu Beginn erahnen kann. Allen Fans Japan-inspirierter Fantasy ist das Werk definitiv zu empfehlen.
„Fuchsfeuer-Nacht der Dämonen“ ist ein Asia-Fantasy-Roman von Manuela Elser, der nicht nur viele Elemente des japanischen Volksglaubens aufgreift, sondern auch eine alternative Realität erschafft, in der sich Realität und Geisterwelt sehr nahe sind. Auch wenn die Protagonist*innen im Buch junge Erwachsene sind, kann man das Werk sehr gut als All-Age-Roman betrachten. Gerade bei einer Affinität für japanische Fantasy kann man hier auf jeden Fall zugreifen.
Details
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Erschienen:02/2023
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Umfang:400 Seiten
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Typ:Taschenbuch
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ISBN 13:9783492505956
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Preis (D):14,00 €