AchtNacht

von Sebastian Fitzek
Rezension von Stefan Cernohuby | 11. Mai 2017

AchtNacht

Von anderen gejagt zu werden, ist sicherlich eine Vorstellung, die kaum jemandem behagt. Von allen anderen gejagt zu werden, ist sogar ein Fall für einen Albtraum. Wenn dies das Hauptthema eines Romans ist, der darüber hinaus noch einige Elemente mit einbindet, findet man sich mit Sicherheit in einem Thriller wieder. In unserem Fall handelt es sich um den Roman „AchtNacht“ von Sebastian Fitzek.

Benjamin „Ben“ Rühmann hat genauso wenig einen guten Tag, wie er ein tolles Leben hat. Seit heute ist er seinen Job wieder los und seine Tochter liegt nach einem mutmaßlichen Selbstmordversuch im Koma. Gerade als seine zukünftige Ex-Frau und er daran zu zweifeln beginnen, dass die ziemlich lebensfrohe Jule sich wirklich selbst töten wollte, trifft Ben der nächste Hammerschlag des Schicksals. Denn irgendein Verrückter verbreitet schon länger im Internet die Behauptung, dass es einen Tag im Jahr gibt, an dem zwei Namen von Vogelfreien Leuten genannt werden, die dann von jedermann getötet werden können. Demjenigen, der den Beweis der Tötung erbringen kann, winken 10 Millionen Euro. Angeblich solle jene AchtNacht sogar von der Regierung und der Polizei geduldet werden. Natürlich ist das Unsinn, und doch gibt es genügend Leichtgläubige und Gewaltbereite, die auf einen derartigen Aufruf warten. Und als Bens Name als einer von beiden ausgespuckt wird, jagt ihn plötzlich jedermann. Dabei trifft er auf die an einer Esstörung leidende Arezu, deren Name ebenfalls von AchtNacht.online ausgespuckt wurde. Doch es gibt nicht nur Jäger, vor denen sie sich in Acht nehmen müssen, sondern auch Trittbrettfahrer – Betreiber von Onlineportalen, die Gewalttaten filmen und die Videos davon verbreiten. Können Ben und seine Bekannte die AchtNacht überleben?

Liest man ein Werk von Sebastian Fitzek, handelt es sich in den seltensten Fällen um einen konventionellen Roman. Denn er bindet immer aktuelle Medien und Themen ein. „Social Disgrace“ ist eines dieser Themen, der blinde Glaube an Meldungen im Internet eine andere. Dass er dabei durchaus Plots aufgreift, die man schon aus Film und Fernsehen kennt, ist nur eine Seite der Medaille. Wie Fitzek selbst schreibt, wurde er durch die Filmreihe „Purge“ inspiriert, bei welcher für einen gewissen Zeitraum Mord und Verbrechen gegen andere legal sind. Doch auch Stephen King hat einen sehr ähnlichen Roman verfasst, nämlich „Menschenjagd“ („The Running Man“), auch wenn dieser meist mit einem Schwarzenegger-Film assoziiert wird, der mit dem Grundthema kaum mehr etwas zu tun hat. Dennoch muss auch in diesem Roman eine Person zur Strecke gebracht werden, ist Freiwild und jeder, der zu seiner Ermordung beiträgt, kann mit Belohnungen in Form von Geld rechnen.
In diese Grundplots bindet Fitzek eine mehr oder weniger realistische Möglichkeit ein, wie eine solche Website tatsächlich Realität werden könnte – und schont den Leser dabei nicht. Er vollführt ein Verwirrspiel mit den Charakteren, behält den wahren Schuldigen die längste Zeit in der Hinterhand. Und er stellt die Frage, ob Trittbrettfahrer und „dumme“ Mitwirkende nicht mitunter schlimmere Taten begehen, als die eigentlichen Schurken, die derartige Fake-Informationen verbreiten. Trotz aller Spannung und der – typisch für Fitzek – tatsächlichen Umsetzung der AchtNacht-Website schafft es der Roman nicht, vollständig zu überzeugen. Vielleicht liegt das an den bereits bekannten Inhalten.

„AchtNacht“ von Sebastian Fitzek greift nicht nur aktuelle Themen auf, er bedient sich auch an Konzepten für Filme und Romane, die bereits bekannt sind. Vermutlich ist das der Grund, warum das sicherlich spannende und fesselnde Werk nicht völlig überzeugen kann. Daher ist das Buch zwar ein Pflichtkauf für alle Fitzek-Fans, jedoch nicht für alle Thrillerliebhaber zu empfehlen.

Details

Bewertung

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