Papa kann auch stillen

von Stefanie Lohaus, Tobias Scholz
Rezension von Janett Cernohuby | 18. Februar 2015

Papa kann auch stillen

Wer diesen Titel liest schüttelt entweder entsetzt den Kopf oder denkt an aufgewärmte Muttermilch aus der Flasche. Tatsächlich geht es in dem Buch aber um ganz was anderes. Nämlich darum, Familie, Job und Haushalt unter einen Hut zu bringen. Für beide. Zu gleichen Anteilen, 50/50 sozusagen. Stopp. Jetzt bitte den Artikel nicht genervt wegklicken. Denn in diesem Buch werden keine schlauen Ratschläge gegeben, es wird aus dem Leben einer echten Kleinfamilie erzählt, die dieses Prinzip erfolgreich probiert und umgesetzt hat.

Als für Stefanie Lohaus und Tobias Scholz zwei Striche das Leben verändern sollen, ist beiden sofort klar, sie wollen beide alles. Beide wollen in Elternzeit gehen, beide wollen arbeiten, beide wollen sich um den Haushalt kümmern. Doch wie ist das vereinbar? Wie organisiert man sich? Denn jedes Elternpaar weiß, was es wirklich bedeutet ein Baby zu bekommen. Welche Veränderungen dies mit sich bringt, können Ratgeber noch so gut versuchen zu beschreiben, an die Realität kommen sie dennoch nicht heran. Bei ihren Recherchen stellen Stefanie und Tobias fest, es gibt kaum Informationen darüber, wie das 50/50-Prinzip wirklich funktionieren kann. Wie das 50/50-Prinzip also umgesetzt werden kann, welche Probleme und Hürden auf sie zukommen, das müssen sich die beiden selbst erarbeiten. Stefanie entschiedet sich, schon nach drei Monaten Elternzeit wieder in den Beruf zurückzukehren, während Tobias neun Monate Elternzeit nimmt. Doch nicht nur in punkto Elternzeit teilen sich die beiden alles, auch im Beruf und im Haushalt. Ersteres ist dabei einfacher. Beide arbeiten Teilzeit, beide verzichten auf Karriere.
Anders sieht es bei der Hausarbeit aus. Hier kommt es immer wieder zu Streitigkeiten, da jeder glaubt, mehr zu tun als der andere. Da hilft es nur, immer wieder das Gespräch zu suchen, neue Modelle und Varianten der Arbeitsaufteilung zu probieren (wozu auch das Führen von Listen zählt), um dann das richtige für sich zu finden. Damit ist das 50/50-Prinzip aber noch nicht getan, denn Freizeit ist ebenfalls ein Thema. Und auch diese muss gerecht unter beiden Eltern aufgeteilt werden. Keine leichte Aufgabe, doch die beiden meistern sie und erzählen von ihren Erfolgen, ebenso von ihren Misserfolgen.

Will das Buch bekehren? Werdende Eltern davon überzeugen, dass in unserer heutigen Zeit 50/50 gelebt werden muss?
Nein! Dieses Buch will nur zeigen, wie ein Paar seinem Wunsch der gerechten Teilung aller Aufgaben, Verpflichtungen sowie freizeitlichen Aktivtäten nachgekommen ist. Natürlich ist dies mit Aufwand verbunden und natürlich müssen beide Partner dieses Modell wollen. Das schreiben die Autoren auch in ihrem Vorwort. Sie akzeptieren Familien, die ihre Rollen lieber nach dem klassischen Modell aufteilen wollen und wollen diese keineswegs vom Gegenteil überzeugen. Vielmehr wollen sie jenen Tipps und Ratschläge geben, die es eben anders machen möchten.
Klar wird auch, dass dieses Prinzip nur dann funktioniert wenn beide zusammenhalten. Wenn beide offen reden, nicht vor Diskussionen zurückschrecken und auch Streit nicht als Anlass zum Schmollen nehmen, sondern sonders sich konstruktiv damit auseinandersetzen.
Eine große Hürde ist der Beruf. Denn bei weitem sind noch nicht alle Firmen so weit, Mütter mit Kind(ern) als Angestellte zu akzeptieren oder Vätern Elternzeit zu gönnen. Doch neben dieser Hürde gibt es für Paare noch zwei wesentlich größere Konfliktpunkte. Die Themen Haushalt und Freizeit. Mit Kind verdoppelt sich die Hausarbeit und halbiert sich die Freizeit - wenn sie nicht zur Gänze verschwindet. Wie organisiert man sich also, um beides gerecht aufzuteilen. Führt man Listen? Putzuhren? Auf Vertrauensbasis? Hier muss letztendlich jedes Paar den für sich richtigen Weg finden, wie auch die Autoren im Buch beschreiben. Wichtig für das Funktionieren ist auch hier wieder das gemeinsame, offene Gespräch.
Kind, Job und Abwasch gerecht untereinander aufteilen kann funktionieren, selbst wenn das Umfeld noch nicht bereit dafür ist. Jedoch müssen beide Partner es wollen und auch gemeinsam dafür arbeiten. Es wird Streit geben, daraus machen die Autoren keinen Hehl. Doch haben sie diese Konfliktsituationen dafür genutzt, ihr persönliches 50/50-Prinzip zu optimieren, so dass es für beide Seiten passt. Und unterm Strich? Unterm Strich profitieren alle drei davon. Die Eltern genießen ihre Mehr-Zeit mit ihrem Sohn, gehen ihren Jobs nach und der Sohn sucht Kuscheleinheiten und Trost bei beiden gleichermaßen. Jeder hat seine Pflichten und seine Freiheiten.

Genau davon berichtet "Papa kann auch stillen". Mit Anekdoten aus dem Alltag, mit Statistiken und wissenschaftlichen Berichten und vor allem mit vielen persönlichen Erfahrungen. Es zeigt (werdenden) Eltern, wie es gehen kann und welche Probleme auf sie zukommen können. Das Buch will nicht umerziehen, keine wasserdichten Anleitungen geben. Auch sehen es die Autoren nicht als Ratgeber. Ihr Buch ist Motivation für Paare die sich für das 50/50-Prinzip entschieden.

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