Es schmeckt wieder!


Viskose Gaumenfreuden
von Claudia Braunstein
Rezension von Elisabeth Binder | 18. September 2018

Es schmeckt wieder!

Ganz nüchtern schildert Claudia Braunstein im Vorwort, wie sie sich nach einer Zungenkrebserkrankung, die sie mit Operationen und Strahlentherapie überwinden konnte, mit den eigenen Rezepten und einem Foodblog den Genuss und auch ein Stück Lebensqualität wieder zurückholte

"Es schmeckt wieder" versammelt rund 200 Rezepte auf 150 Seiten und hat damit eine, im Vergleich mit den zahlreichen Neuerscheinungen auf dem Kochbuchmarkt, schon fast altmodische Informationsdichte. Auf Fotos wird dennoch nicht ganz verzichtet. Sie stehen aber nicht im Mittelpunkt, sondern illustrieren lediglich, wie wichtig nicht nur Geschmack, sondern auch die Präsentation von Essen wird, wenn Schluckstörungen die Einnahme von konventionellen Speisen verhindern.

Der Rezeptteil beginnt mit dem Frühstück. Neben ein paar Eiergerichten, für die es vielleicht kein eigenes Rezept gebraucht hätte, gibt es einige originelle Varianten zu Porridge und Reis-Congee, dem asiatischen Frühstücksbrei mit Trendpotential, dessen Zubereitung etwas aufwändiger ist, aber für Abwechslung sorgt. Am Ende des Kapitels befinden sich noch zwei Rezepte, die zeigen, dass man auch mit Schluckbeschwerden nicht auf gewohntes Frühstücksgebäck verzichten muss. Brioche wird einfach in Milch eingeweicht und zusammen mit Honig und Butter zu einem Honigbrot-Smoothie püriert. Mit so wenig Aufwand können also Personen mit und ohne Schluckbeschwerden eine gemeinsame Mahlzeit teilen. Weiter geht es dann mit Rezepten zu den Komponenten eines mehrgängigen Menüs. Bei den Vorspeisen werden Fisch, Fleisch und Gemüse zu Mousse, Parfait oder Panna Cotta verarbeitet. Für VeganerInnen gibt es bunte Hummusvarianten. Den Suppen wird aus naheliegenden Gründen ein großer Raum gewährt. Dem bunten und variantenreichen Suppenalphabet fehlen nur wenige Buchstaben. Die Hauptspeisen bieten auch leichte Varianten im Aggregatszustand, Fisch und Fleisch kommen nicht mehr nur als Püree, sondern auch in Form von Fleischbällchen oder Fischnocken. Auch für vegetarische und vegane Varianten ist gesorgt. Zum süßen Abschluss gibt es für alle Geschmäcker etwas, von beeren- und fruchtlastig über schokoladig bis hin zu winterlich gewürzten Schäumen, Cremen und Moussen. Trinkbare Zwischenmahlzeiten, die saisonales Obst und Gemüse verwerten, stehen im Mittelpunkt des letzten Kapitels.

Was man leider vergeblich sucht, sind Angaben zur Portionsanzahl, für die die Rezepte dimensioniert sind. An einigen Stellen kann man raten, an anderen Stellen wird das einfach offengelassen. Das ist dann problematisch, wenn es darum geht eine Mousse in Gläser zu füllen, ohne zu wissen in wie viele davon, wie beispielsweise das Spargel-Mousse (Seite 40). In den meisten Fällen ist wohl davon auszugehen, dass die Rezepte für zwei Personen gerechnet sind, denn an wenigen Stellen wird extra vermerkt, dass das Rezept für vier Personen gedacht ist. Was nicht so geübte Köchinnen noch etwas irritieren könnte, sind die unterschiedlichen Maße, die bei den Zutatenangaben verwendet werden. Schlagobers (Schlagsahne) wird sowohl mit Volumen und Gewicht angeführt. Das könnte beim Einkauf doch etwas irritieren. Insgesamt stellen diese Inkonsistenzen kein unüberwindbares Hindernis dar, es wird nur nicht der Komfortlevel handelsüblicher Kochbücher erreicht.

Ein Register ist zwar vorhanden, aber nur bedingt hilfreich, denn hier werden einfach die Rezeptnamen alphabetisch sortiert. Das hat zur Folge, dass eine Suche nach Zutaten nicht direkt möglich ist. Dieser unaufdringliche Mangel wird aber mit dem ausführlichen Inhaltsverzeichnis ausgeglichen, das eigentlich das bessere Register darstellt.

Die sehr persönliche Geschichte unterscheidet "Es schmeckt wieder!" von den kaum mehr voneinander unterscheidbaren Foodbloggerkochbüchern. Hier geht es nicht um "lecker", sondern um die Freude am Essen, und wie sie auch unter widrigen Umständen geteilt werden kann.

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