Die Wunderreise

von Elisabeth Wega
Rezension von Stefan Cernohuby | 28. November 2013

Die Wunderreise

Ein positives Ereignis, das man nicht erklären kann, bezeichnet man gerne als Wunder. Wenn sich also jemand auf eine Wunderreise begibt, kann man davon ausgehen, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Ein Roman mit dem Titel "Die Wunderreise", mit dem Zusatz "Fantasie in C-Moll" ist 2012 im Begedia Verlag erschienen. Man darf daher gespannt sein, welchen Takt Autorin Elisabeth Wega vorgibt.

Pieter van Allen ist Historiker mit einer Vorliebe fürs Mittelalter. Leider ist das relativ irrelevant, denn die Auftragsarbeiten, mit denen er seinen Lebensunterhalt verdient, drehen sich meist um andere Epochen. Dass er für diese kein Experte ist, stört niemanden, denn schließlich liefert er immer erstklassige Qualität ab. Darüber hinaus hat Pieter seltsame Freunde, eine Beziehung, die seit geraumer Zeit am Erkalten ist und sieht keine wirklichen Perspektiven, sein Leben zu verändern. Ein Bildband, der sich um die sieben Weltwunder der Antike drehen soll, ist für ihn eigentlich kein Grund in Jubel auszubrechen, doch macht er dabei eine Bekanntschaft, die sein Herz näher angeht - literarisch gesprochen. Allerdings stürzt ihn die Dame, die an einem seiner Reiseziele auftaucht, mehr als nur in einen wilden Gefühlstaumel. Sie spricht darüber hinaus seinen Intellekt an und enthüllt ihm Geheimnisse und Erinnerungen, die ein normaler Mensch eigentlich nicht haben kann. Ist der fiktive Name Athene", den er ihr verpasst hat, vielleicht doch mehr als nur Zufall? Als er Erlebnisse der Antike mit eigenen Augen miterlebt, während er Athene neben seinem eigenen Auftrag bei ihrer Suche nach einer verschollenen Statue des Pheidias begleitet, erfährt er mehr über die Sieben Weltwunder als er jemals für möglich gehalten hätte. Und doch stehen ihm auch noch in der Gegenwart zahlreiche Herausforderungen bevor, die sowohl mit Konversation als auch mit Gewalttätigkeit zu tun haben.

Protagonisten in moderner Literatur haben je nach Genre die Tendenz, einfach perfekt in allem zu sein, was sie tun. Pieter van Allen scheint selbiges zu Beginn des Romans nicht zu sein. Seine Marotten, die Fehlentscheidungen in seiner Vergangenheit, die imperfekte Beziehung mit seiner Freundin, all das impliziert keinen Übercharakter. Doch im Laufe der Handlung ändert sich das. Nicht im Hinblick auf seine körperlichen Attribute, auch wenn er überraschende Findigkeit in Bezug auf fernöstliche Kampfsportarten aufweist. Nein, es geht eher um seine Vielseitigkeit in Punkto Kommunikation. Natürlich fällt es ihm nicht schwer, geschichtliche Themen anzusprechen und dabei Detailinformation aus dem Hinterkopf zu kratzen, die jeglichen Professor mit Spezialisierung Antike vor Neid erblassen lassen würden. Nein, es gelingt ihm mühelos zum Thema Philosophie zu wechseln wenn es um Kant und Hegel geht, zu Astronomie, zu Religion und Religionssoziologie, selbst die Erdgeschichte ist nicht vor ihm sicher. Schubert, Berlioz und Wagner stellen ihn weder vor eine Herausforderung - selbst wenn einer von ihnen von der falschen Tonart bei der Erschaffung des Universums ausgegangen ist -, noch hat er große Probleme damit über Quantenmechanik und die allgemeine Relativitätstheorie zu plaudern. Diese Aufzählung ließe sich problemlos fortsetzen. Auch die meisten relevanten Nebencharaktere agieren auf demselben Level.
Hier stellt sich nun die Frage, was sich die Autorin dabei gedacht hat. Natürlich ist es schön, wenn man Wissen vermitteln kann. Auch eine gewisse befriedigte Begeisterung, wenn es darum geht, in unterschiedlichsten Gebieten in verschiedensten Sprachen aufzutrumpfen, kann man ihr vermutlich nicht absprechen. Allerdings macht es das Buch nur für eine relativ eingeschränkte Lesergruppe interessant. Welcher Leser Marke Otto Normalverbraucher möchte sich zwecks Unterhaltung und Entspannung mit geballter Weisheit aus allen Gebieten traktieren lassen und dabei feststellen, nur bei den wenigsten Themen überhaupt in Ansätzen Ahnung zu haben? Der Verfasser dieser Rezension behauptet: nicht viele. Und daher kann das Werk, obwohl die eigentliche Handlung leidlich unterhaltsam ist und definitiv viel Zeit für Recherchen investiert wurde, nur als durchschnittlich bezeichnet werden - und selbst das ist dem hohen Anspruch der Inhalte geschuldet.

Elisabeth Wega hat in ihrem Roman "Die Wunderreise" eine literarische Reise durch Zeit, Raum und Wissenschaft dargestellt, in welche sie selbst ihr ganzes Wissen und Herzblut investiert hat. Doch manchmal ist es leider zu viel des Guten. Denn obwohl man das Werk mit Recht als anspruchsvolle Lektüre bezeichnen kann, ist die Unzahl an angeschnittenen Themen für den durchschnittlichen Leser einfach zu viel. Auch erhält man den Eindruck, dass die Autorin sich an ihrem eigenen Wissen ergötzt hat, als sie es in das Buch einfließen ließ. Insofern schafft es das Ergebnis trotz allem Anspruch nicht, sich im positiven Sinn von anderen Werken abzuheben. Wissens-Junkies werden vermutlich trotzdem ihre Freude mit dem Buch haben.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    10/2012
  • Umfang:
    492 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    3943795047
  • ISBN 13:
    9783943795042
  • Preis (D):
    22,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik: