Die Känguru-Tetralogie


Die gesammelten Känguru-Werke des Spiegel-Bestsellerautors jetzt im Schuber
von Marc-Uwe Kling
Rezension von Stefan Cernohuby | 16. April 2023

Die Känguru-Tetralogie

Es gibt viele Tiere, mit denen man sich über die Jahre beschäftigen kann. Einige von ihnen begleiten einen länger, andere sind buchstäblich Eintagsfliegen. Und manche davon, die eher fiktiv sind, haben eine erstaunliche Lebensdauer. Wie das Känguru von Marc-Uwe Kling. Das kommunistische (und nicht nur gemäßigt sozialistische) und springlebendige Tier gibt nun schon 2009 Kommentare zum Zeitgeschehen ab, was bis zum (bisher) letzten Band der Reihe eine Zeitreise ergibt. Kein Wunder also, dass ein praktischer Schuber erschienen ist, in dem Teil 1 bis 4 der Känguru-Tetralogie enthalten sind.

Es ist 2009, als ein Känguru vor der Tür des Autors Marc-Uwe Kling steht und sich mit einem geschickten Trick (es will Eierkuchen machen und fragt nacheinander nach Eiern, Mehl, Zucker und Herd) Einlass und Quartier in der Wohnung verschafft. Der Kleinkünstler hat keine wirkungsvollen Argumente und lebt fortan in einer Lebensgemeinschaft mit dem kommunistischen Känguru („Mein, dein, das sind doch bürgerliche Kategorien.“), das sowohl über Politik als auch Literatur und Popkultur eine Menge zu sagen hat. Dieses Buch trägt den Titel „Die Känguru-Chroniken“.
Im zweiten Band der Reihe wird mehr auf den Pinguin eingegangen, der in der Nachbarschaft eingezogen ist, die beiden Protagonisten treffen immer wieder auf die Chefs der rechtspopulistischen Partei für „Sicherheit und Verantwortung“ und gründen auch das „Asoziale Netzwerk“, das Anti-Terror-Anschläge verübt. Im sogenannten „Känguru-Manifest“ wird auch erstmals eine Art Metahandlung sichtbar, die sich dann über die weiteren Bände zieht.
Der dritte Band ist beinahe ein Spionageabenteuer. Denn das Känguru, das wegen Unproduktivität aus Deutschland ausgewiesen wurde, kehrt inkognito zurück. (Wie auch immer das möglich ist.) Neben zahlreichen Anspielungen auf Popkultur, Politik und Gesellschaft folgt eine Reise rund um die Welt, um die Machenschaften des Nachbars-Pinguins aufzudecken. Das geschieht innerhalt der „Känguru-Offenbarung“.
Da es immer wieder Texte gibt, die eigentlich nirgendwo dazu passen, gibt‘s in der Bibel sogenannte Apokryphen. Und dementsprechend auch die „Känguru-Apokryphen“. Hier fanden Texte aus allen Zeitabschnitten ihren Platz. Eine zusammenhängende Handlung gibt es nur bei einigen kurzen Fragmenten.

Das Lesen der Känguru-Bücher ist ein wenig so etwas wie eine Zeitreise. Man steigt zu einer Zeit ein, als noch ganz andere Dinge angesagt und alltäglich waren. Das Thema „Klingeltöne“ ist heutzutage eines, das jüngere Lesende eher fragende Blicke aussenden lassen wird. Andere Inhalte altern wie Rotwein, aber nicht zwangsläufig ein guter. Denn man stößt immer wieder auf thematisierte Probleme, die eigentlich schon längst gelöst sein sollten, aber es einfach nicht sind. Man merkt sich, wie sich viele Diskussionen seit Jahrzehnten im Kreis drehen und wie wenig zum Beispiel die Politik bereit ist, neue Strömungen wahrzunehmen und zeitgerecht darauf zu reagieren. Leider bleiben auch die Themen Verschwörungstheorien und Rechtsradikalismus Dauerbrenner, so dass sie auch Platz im aktuellen zweiten Känguru-Kinofilm gefunden haben. Leider ohne eine wirkliche Lösung für die Probleme.
Der Humor ist trocken, pointiert und mitunter gewöhnungsbedürftig. Aber wenn man ein Buch gelesen hat, dann will man alle lesen. Es lohnt sich, ist ein Stück Zeitgeschichte und man weiß nach dem Lesen, dass man noch längst nicht alle Stufen des Wahnsinns durchlaufen hat. Das macht den Schuber auch sehr gut als Geschenk geeignet.

„Die Känguru-Tetralogie“ ist ein Schuber, der alle vier Bücher enthält, die Autor Marc-Uwe Kling einem mutmaßlich fiktiven australischen Einwanderer mit Vorliebe für Boxen und Kommunismus gewidmet hat. Das Lesen entspricht einer Zeitreise von 2009 bis 2018, eine Zeit in der sich viel Technisches verändert hat, aber leider nicht so viel Gesellschaftspolitisches wie man gerne hätte.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Genre:
  • Erschienen:
    01/2020
  • Umfang:
    4 Romane im Schuber, 1184 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783548061610
  • Preis (D):
    37,00 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:

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