Rabenkönig-Saga

Der König der Raben

von Stephen Lawhead
Rezension von Janett Cernohuby | 25. Januar 2009

Der König der Raben

Um den englischen Helden Robin Hood ranken sich viele Geschichten und Legenden. Ob es ihn wirklich gegeben hat, können Geschichtswissenschaftler nicht mit Gewissheit sagen. Trotzdem entstanden seit dem Mittelalter unzählige Minnesänge, Gedichte, Geschichten und später auch Theaterstücke und Filme über den geächteten Helden. Alle diese Werke haben das gleiche Zentralthema: Robin Hood stiehlt Geld von den Reichen und verteilt es an die Armen. Der amerikanische Schriftsteller Stephan Lawhead hat nun seine ganz eigene Interpretation der Robin Hood-Legende vorgelegt. In dieser treibt der Geächtete sein Unwesen nicht im Sherwood Forest, sondern in Wales.

Während der englische König Wilhelm der Eroberer damit beschäftigt ist, seinen Thron zu festigen, zwingen seine normannischen Fürsten das britische Volk unter ihre Knechtschaft. Das bekommt auch der junge Waliser Bran ap Brychan zu spüren. Als sein Vater sich auf dem Weg macht, um dem neuen König den Treueeid zu leisten, überfallen Krieger des Grafen Falkes de Braose den Reiterzug und metzeln alle nieder. Nur dem Krieger Iwan gelingt die Flucht und damit auch, Bran und dessen Volk rechtzeitig zu warnen. Sofort macht sich der junge Prinz auf den Weg zu König Wilhelm, um für das erlittene Unrecht Wiedergutmachung zu fordern. Dort soll er jedoch erfahren, dass er sein Land für 600 Mark zurückkaufen kann. Eine Summe, die kein walisischer König besitzt. Verzweifelt begibt sich Bran auf die Heimreise, wird aber von den Häschern de Braoses verfolgt und lebensgefährlich verwundet. Er wird von der geheimnisvollen Heilerin Angharad gefunden und gepflegt. Ihr gelingt es, in Bran den Ergeiz zu wecken, sein Volk von der Knechtschaft der Normannen zu befreien und sein Land zurückzuerobern. Verkleidet als Rabenkönig überfallen Bran und seine Getreuen die Gefolgsleute des Grafen de Braose und erbeuten neben Lebensmittel auch das dringend benötigte Geld. Ein Kampf auf Leben und Tod beginnt...

"Der König der Raben" ist der erste Band zu Stephan Lawheads Rabenkönig-Saga. In dieser wird nicht etwa die Robin Hood Legende ein weiteres Mal aufgewärmt, sondern völlig neu erzählt. Robin Hood ist keineswegs mehr der schelmische, lustige und tollkühne Gefährte, der für die unterdrückten englischen Bauern durch seine Überfälle auf die Reichen Geld erbeutet. Vielmehr rückt er in die Rolle eines düsteren, von seinem Land vertriebenen Prinzen, der anfangs nicht weiß, welchen Weg er einschlagen möchte. Zu verbittert ist er auf seinen Vater und seine Umwelt, zu sehr suhlt er sich im Selbstmitleid und möchte alles hinter sich lassen. Erst durch die Heilerin Angharad werden ihm die Augen geöffnet und ihm gezeigt, dass er als zukünftiger König nicht nur Verantwortung übernehmen, sondern auch sein Volk unterstützen und beschützen muss. Auch ist Bran keineswegs der Anerkennungssüchtige, Aufmerksamkeit liebende Held, der sich mit seinem Tun und Handeln rühmt und zu Beliebtheit gelangt. Viel lieber zieht er es vor, als unheimliches Phantom aufzutauchen und seine Feinde in Angst zu versetzen. An die Bauern verteilt er Almosen, ohne aber einen Rückschluss auf sich erkennbar zu machen.
Dennoch finden sich in Stephan Lawheads Werk viele Elemente der bisher bekannten Robin Hood Legenden wieder. So stehen ihm als treue Gefährten niemand geringeres als Little John und Bruder Tuck zur Seite. Auch die Überfälle auf die Reichen und das Verteilen der Beute an die Armen, das Verstecken im Wald sowie die Vertreibung aus dem eigenen Land tauchen in diesem Werk auf.
Wer das Buch im Laden stehen sieht und es aufgrund seines einladenden Klappentextes kauft, ohne sich jedoch noch einige Hintergrundinformationen anzueignen, wird am Ende des Romans wohl etwas enttäuscht sein. Denn es wird nicht aufgelöst, ob es Bran nun gelingt, sein Land zurückzuerobern. Ebenso bleibt die Geschichte um die junge Merian offen. Fast wirkt das Ende überstützt und abgehackt. Doch dem ist keineswegs so, denn es handelt sich hier um eine Trilogie, deren zweiter Band im September 2007 unter dem Titel "Scarlet" erschien. Hoffen wir, dass die Deutsche Übersetzung nicht lange auf sich warten lässt.

Stephan Lawhead ist es einmal mehr gelungen, einen fesselnden und mitreißenden historischen Roman zu schreiben, der Fans dieses Genres in seinen Bann ziehen wird. Der Autor stellt einen alten Helden in neuem Licht dar, verleiht ihm ein neues Gesicht und eine neue Geschichte, ohne dabei aber auf altbekannte Elemente zu verzichten. Eine gute Idee, die sehr schön umgesetzt wurde.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung

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