Tokyo Cakes


Süße Rezepte aus Japan
von Simone Wille
Rezension von Manfred Weiss | 28. November 2017

Tokyo Cakes

Sushi, Ramen und Tee sind das, was viele mit japanischer Küche verbinden. Und als Nachspeise dann allenfalls klebrig-süße Motschis, weil das klassische europäische Menü einen Dessert-Gang vorsieht. Dass die japanische Süßspeisenkultur reichhaltiger ist, aber eben nicht oder nur selten im Sinne eines klassischen Desserts, wissen die meisten Japanreisenden seit langem. “Tokyo Cakes” öffnet nun ein Fenster in diese bei uns noch wenig bekannte Nische der japanischen Kochkunst.

Simone Wille bietet in ihrem Buch in breiter Vielfalt und reich bebildert einen Einstieg in die japanische Süßspeisenküche. Das Spektrum geht dabei von klassischen Kuchen über verschiedene Käsekuchen bis hin zu Hotcakes, Brötchen und auch feinen Desserts. Abgerundet noch um ein Kapitel, in dem auch die Getränkezubereitung kurz beschrieben wird. Dabei geht es allerdings nicht um die berühmte japanische Teezeremonie oder ähnliches, sondern etwa um die verfeinerte Zubereitung von Filterkaffee, Milchtee oder Süßkartoffelmilch. Wie bei jedem Kochbuch einer exotischen Küche stellt “Tokyo Cakes”, dann abschließend auch kompakt Grundlagen wie besondere Zutaten, Kochutensilien oder Techniken vor.

Der Nase nach durch Tokyo

Auf dem ersten Blick sticht bei dem Buch die Bebilderung ins Auge. Auch wenn die meisten Rezepte um die gewohnten Essensfotos ergänzt sind, stehen ergänzend zahlreiche andere Bilder im Mittelpunkt, die die alltägliche Geschichte der süßen japanischen Küche erzählen. Sei es mit Aufnahmen von Bäckereien, Lokalen, Bäckerinnen und Bäckern oder schlichtweg dem alltäglichen Tokyo, wie es die Autorin in der Einleitung mit solcher Begeisterung schildert. Auch wenn im Glossar Lokalnamen und teilweise Orts- oder Stadtteilangaben folgen, bietet das Buch aber doch kein Adressverzeichnis für den süßspeisenbegeisterten Tokyo Besucher. Die Bilder liefern dafür einen guten generellen Eindruck, nach was man bei der Suche nach einer interessanten Bäckerei Ausschau halten kann. Letztlich ist es ohnedies besser, statt in Tokyo ohnedies nur schwer zu findenden Adressen zu folgen, einfacher im Schlendern durch die riesenhafte Stadt den Blick und die Nase aufmerksam und wach zu halten.

Filterkaffee und Sakurablüten

Natürlich liefert Tokyo Cakes mit zahlreichen Verwendungsarten von Matcha, dem zunehmend auch bei uns bekannter werdenden Teeextrakt, oder Adzukibohnen und ähnlichem auch die notwendige Exotik eines fernöstlichen Kochbuchs. Selbst Sakurablüten dürfen als Zutat nicht fehlen. Und im abschließenden Glossar wird dann auch noch kurz auf die Feinheiten in Bezug auf Mehltypen und Backformen eingegangen. Eine Stärke des Buches bleibt aber, dass es in großen Teilen Rezepte liefert, die auch mit einfach zu beschaffenden Zutaten einen ersten Einblick in das Kuchenland Japan geben können. Aber auch Klassiker wie Melonpan (erstaunlich komplex in der Zubereitung) oder Dorayakis werden nicht vergessen.

Im espressolastigen Europa doppelt interessant ist die Beschreibung der verfeinerten Zubereitung von Filterkaffee. Da ist man dann natürlich versucht die Kaffeemaschine vorübergehend zur Seite zu räumen und den Kaffeefilter versuchsweise tatsächlich mal vorzuspülen oder das Wasser nach dem Aufkochen ein paar Minuten abkühlen zu lassen bevor man den Kaffee dann händisch in mehreren Schritten aufgießt. Einzig beim Cold Brew - einem fast kalt angesetzten Kaffee - mag man zögernd zweifeln, ob die Mengenangabe von 1100 g Kaffeepulver auf einen Liter Wasser tatsächlich korrekt sein mag. Aber auch das wird dann spätestens der Geschmack klären.

“Tokyo Cakes” ist ein Backbuch und auch ein fein bebilderter Blick in die süße japanische Küche und ihre Bäckereien. Ob die Vermutung der Autorin, dass die japanischen Süßspeisen “…. kurz davor (stehen), die Welt zu erobern” stimmen mag oder nicht, wird sich weisen. Für Koch- und Backbegeisterte steht mit den vorgestellten Rezepten einem Versuch jedenfalls nichts mehr im Wege. Köchinnen und Köche hingegen, die auf Bodenständigkeit, reichlich Süße und Schokolade Wert legen werden allerdings vermutlich nicht viel finden, das sie zur Kochschürze greifen lässt. Aber Geschmäcker sind eben verschieden. Und das ist auch gut so.

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