Ewiges Leben

von Andreas Brandhorst
Rezension von Stefan Cernohuby | 28. November 2018

Ewiges Leben

Schon viele haben sich auf die Suche nach der Quelle des ewigen Lebens gemacht. Legenden dazu gibt es in jeder Kultur, manche glaubten in Form des Grals eine glaubwürdige Inkarnation gefunden zu haben. Heute ist die Suche nach Unsterblichkeit entweder eine philosophisch-theologische Angelegenheit oder eine medizinisch-wissenschaftliche. Andreas Brandhorst hat in seinem Roman „Ewiges Leben“ versucht, alle Ansätze gleichzeitig zu verfolgen.

Als Pascal Leclerq seinen Vater bei seinem Tod begleitet, nimmt er sich etwas vor, das schon viele vor ihm getan haben: Er will verhindern, dass Menschen in Zukunft sterben müssen. Zwanzig Jahre später ist Leclerqs Unternehmen Futuria führend im Bereich Humangenetik und hat beinahe alle Krankheiten auf der Welt ausgemerzt, auch wenn sein Gründer selbst untergetaucht ist. Es scheint sich nur mehr um eine Frage der Zeit zu handeln, bis niemand mehr sterben muss und viele fiebern diesem Moment entgegen. Da wird Journalistin Sophia Marchetti, die für die Nachrichtenagentur InterMedia arbeitet, für einen Exklusivbericht ausgewählt, den sie über das Unternehmen veröffentlichen soll. Doch gleichzeitig werden einige Menschen ermordet und es wird gemunkelt, dass es sich bei diesen bereits um Unsterbliche gehandelt hat. Andere Medienagenturen intrigieren gegen Sophia und versuchen ihr Verbrechen anzuhängen. Zusätzlich gehen die Wogen hoch, als Papst Pius XIII. die Unsterblichkeit für die Menschheit ausdrücklich willkommen heißen will – für viele radikale Elemente in der Kirche ist das der Todesstoß für die ohnehin schwächelnde Institution. Und dann gibt es da noch eine virtuelle Realität namens Eden – ist das vielleicht das Paradies, in dem keiner mehr sterben muss?

Schon 2017 hat Andreas Brandhorst mit „Das Erwachen“ ein in naher Zukunft angesiedeltes Werk verfasst, das sich mit der Weiterentwicklung künstlicher Intelligenzen beschäftigt hat. Mit „Ewiges Leben“ versucht er sich an einer ähnlichen Thematik, will sich hier aber nicht auf ein Grundthema beschränken. Genetische Manipulation und der Transfer eines menschlichen Bewusstseins in eine Maschine sind beides gleichberechtigte Themen im Buch, zusätzlich gibt es noch eine Prise KI. Leider ist das beinahe zu viel des Guten. Es ist für einen Leser durchaus vorstellbar, dass man irgendwann in der Lage ist das Gen zu identifizieren, das für das Altern, beziehungsweise den Zellverfall, verantwortlich ist. Dass ein Unternehmen aber auch gleichzeitig in der Lage ist, ein menschliches Gehirn mitsamt allen Erinnerungen und der Persönlichkeit in eine virtuelle Welt zu transferieren, die sich durch nichts von der realen unterscheidet, ist eine ganz andere Schiene. Beides zusammen schafft zusätzlichen Druck auf die Handlung – und es verkompliziert viele der behandelten Themen und macht auch die Diskussionen innerhalb der Geschichte sehr wechselhaft.
Zusammengefasst ist „Ewiges Leben“ zwar ein gelungener Thriller, er übernimmt sich aber ein wenig und will zu viele Themen in der Handlung unterbringen.

„Ewiges Leben“ ist nicht nur etwas, wonach die Menschheit schon lange strebt, sondern auch der neue Roman von Andreas Brandhorst. In diesem versucht er, wie schon 2017 mit „Das Erwachen“, brisante Nahzukunftsthemen einzubinden. Da er sich diesmal jedoch nicht auf einen Schwerpunkt festlegt, wird die Handlung etwas zerfahren. Das ewige Leben nimmt mehrere Ausprägungen an und liefert am Ende so unterschiedliche Antworten, dass man nicht sicher sein kann, was eigentlich als Nächstes kommt.

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