Ein bisschen Mord muss sein

von Hervè Marly
Rezension von Stefan Cernohuby | 01. März 2009

Ein bisschen Mord muss sein

Wenn jemand im realen Leben behaupten würde, ohne gelegentliche Morde und andere Kapitalverbrechen nicht leben zu können, würde der- oder diejenige im besten Fall ein wenig schräg angesehen werden. Wenn man dieses Konzept allerdings in Form eines Gesellschaftsspiels verpackt, kann man durchaus Spaß damit haben, ohne sich in einer Gefängniszelle wiederzufinden. Genau jenen Vorsatz verfolgt das Spiel "Ein bisschen Mord muss sein", das bei Pro Ludo erschienen ist.

Bevor das Spiel losgehen kann, wird die attraktive Spielbox aus dem Bücherregal genommen, denn den Großteil des Spiels macht Literatur aus. Vier bis Sieben Spieler können sich nun einer interessanten Aufgabe stellen. Es geht nämlich um Verbrechen und ihre Auflösung.
Nachdem ein Spieler als Inspektor bestimmt wurde, erhält er dessen Unterlagen. Der Spieler rechts neben ihm wird zum Gerichtsschreiber. Danach werden die Agendas für die Verdächtigen verteilt. Dabei ist immer ein Spieler der Täter, die anderen sind Unschuldige. Danach geht es los. Der Inspektor wählt einen Fall aus seinem Buch, der jeweils auf einer Seite abgebildet und mit einem bestimmten Datum versehen ist. Er selbst erhält einige interessante Informationen über die verschiedenen Verdächtigen und kann anhand dieser beginnen, die Verdächtigen zu befragen.
Hierzu gibt es ein interessantes Verfahren. Denn jeder Verdächtige hat sechs Stichworte, von denen drei in seiner ersten spontan erfundenen Aussage, drei in der zweiten ebenso improvisierten Verhörrunde vorkommen müssen. Hierbei haben alle Unschuldigen die gleichen Stichworte und der Täter andere. Also müsste es doch einfach sein, ihn herauszufinden, oder?
Theoretisch ja, allerdings ist das Spielziel überraschend definiert. Die Unschuldigen müssen versuchen als Täter dazustehen, während der Täter versuchen sollte, möglichst unschuldig zu erscheinen. Daher versucht jeder nach Möglichkeit Verwirrung zu stiften und auch die Pflichtworte der jeweils anderen Fraktion zu verwenden. Der Gerichtsschreiber ist hier der Mittelsmann, der im Endeffekt auch dafür sorgt, dass das Spiel richtig gespielt wird. Er ist nämlich der einzige, der weiß, welche Pflichtworte gesprochen werden müssen, damit eine Aussage vollständig ist. Hier kommt auch der erste Schritt der Abrechnung ins Spiel. Vergisst nämlich ein Spieler auf ein Wort, muss er seine Aussage erweitern und ihm wird ein Punkt in der Wertung abgezogen. Die Verhörphasen dauern nämlich genau zwei Sanduhrdurchläufe - also insgesamt zirka eine Minute lang. Nach den beiden Verhörrunden kann jeder Mitspieler (bis auf den Gerichtsschreiber) seine Meinung kundtun, ob der Inspektor den Täter entlarvt oder nicht. Diese Einschätzung und das letztendliche Ergebnis seiner Auswahl bestimmen danach, je nach errungenen Punkten der Spieler, den Sieger.

Dieses Spielprinzip hat natürlich zweierlei Folgen. Einerseits lautet die Spielkonstellation immer alle Spieler gegen den "Inspektor", andererseits hat der Gerichtsschreiber keine Möglichkeit das Spiel selbst zu gewinnen. Sollte also nur eine Partie gespielt werden, könnte dies für selbigen etwas unbefriedigend ausfallen.
Zum Glück ist das Spiel so unterhaltsam und abwechslungsreich, dass es nicht bei einer Runde bleiben sollte. Denn die 45 Minuten Spieldauer sind relativ großzügig bemessen und wenn man den Spielablauf verstanden hat, dauert eine Partie kaum länger als 25 Minuten. Zusätzlich gibt es einige Varianten, die im Buch aufgelistet sind und die alternative Spielmöglichkeiten bieten.
Zudem bieten dutzende Fälle unterschiedlichste Szenarien an, die wieder Stoff für unzählige exotische und verrückte Alibis möglich machen - man kann sich also mehrere Spielabende damit beschäftigen, ohne dass "Ein bisschen Mord muss sein" langweilig wird. Das von Hervè Marly stammende Spiel wurde hervorragend auf Deutsch übersetzt und bietet eine Alternative zu Einweg-Krimiabenteuern, auch wenn das dahinterliegende Konzept doch ein anderes ist. Negativpunkte gibt es nur wenige. Ein Problem ist, dass die Spieler zwar wissen, wen sie darstellen sollen, nicht aber was über diese Person bekannt ist. Erst nachdem der Inspektor ausgesprochen hat, was in seinem Buch steht, weiß der Spieler, was er in seinem Alibi an Informationen einbinden kann. Etwas, was den ersten Verhörpartner unter Umständen vor ernsthafte Probleme stellen könnte, wenn er mehr als nur Sekunden braucht, um eine Geschichte zu entwickeln. Auch die Rolle des Gerichtsschreibers ist nicht so eindeutig definiert. Er darf dem Inspektor nichts mitteilen, außer der Tatsache ob ein Verdächtiger alle Pflichtwörter ausgesprochen hat, kann aber trotzdem einen Tipp abgeben ob selbiger den Täter entlarvt. Dies ist dann der Plus- oder Minuspunkt, den er in der Abrechnung ergattern kann.
Trotzdem ist "Ein bisschen Mord muss sein" ein amüsantes und unterhaltsames Spiel, dass jeder fantasievollen Spielrunde viel Spaß bereiten wird.

Pro Ludo hat sich mit "Ein bisschen Mord muss sein" wieder einmal erfolgreich an einem interaktiven Krimi-Gesellschaftsspiel versucht. Obwohl es einige kleinere Einschränkungen durch das Spielprinzip gibt, kann man trotzdem einige amüsante Spielabende mit nicht minder witzigen und haarsträubenden Fällen verbringen.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    10/2008
  • Umfang:
    diverse Spielmaterialien
  • Typ:
    Spiel
  • ASIN:
    B000SOG2B4
  • EAN:
    3558380002666
  • Spieldauer:
    45 Minuten

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Spieltiefe:
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