Seht zu, wie ihr zurechtkommt


Abschied von der Kriegsgeneration
von Sebastian Schoepp
Rezension von Stefan Cernohuby | 06. Juli 2018

Seht zu, wie ihr zurechtkommt

Oft kommt es im Leben anders, als man es sich vorgenommen hat. Man hat Pläne, steht kurz davor sie umzusetzen, doch dann tritt ein anderes Ereignis ein, das alles über den Haufen wirft, was man sich aufgebaut hat. Sehr oft hat dies mit einem Krankheits- und Unfall in der Familie zu tun, der dann weitreichende Folgen hat. So auch bei Journalist und Sachbuchautor Sebastian Schoepp, der Gesellschaftsanalyse, Erfahrungen und Nachforschungen in einem Buch zusammengetragen hat: „Seht zu, wie ihr zurechtkommt – Abschied von der Kriegsgeneration“.

Nach vielen Jahren harter Arbeit als Journalist steht Sebastian Schoepp vor dem nächsten Schritt. Er soll einen Posten als Korrespondent für Lateinamerika in Buenos Aires annehmen, worauf sich auch schon seine spanische Partnerin freut. Doch mit einem Aneurysma und einer Notoperation seiner Mutter kommt alles anders. Denn seine Eltern sind beide bereits Ende 80. Und plötzlich sind sie beide pflegebedürftig.Nach vielen Jahren harter Arbeit als Journalist steht Sebastian Schoepp vor dem nächsten Schritt. Er soll einen Posten als Korrespondent für Lateinamerika in Buenos Aires annehmen, worauf sich auch schon seine spanische Partnerin freut. Doch mit einem Aneurysma und einer Notoperation seiner Mutter kommt alles anders. Denn seine Eltern sind beide bereits Ende 80. Und plötzlich sind sie beide pflegebedürftig.Ein guter Grund, sich mit dem Pflegesystem in Deutschland auseinanderzusetzen, das zwar grundsätzlich Geld zuschießt, aber nicht auf zwei unterschiedliche Fälle zur gleichen Zeit vorbereitet ist. Und dabei stellt er natürlich in den Raum, dass in einem durchgeplanten Leben und Alltag für das Konzept der familiären Pflege einfach kein Platz mehr ist.
So rollt Schoepp sowohl die Geschichte seiner Eltern auf, macht sich dann an die Analyse ihres lebenslang distanzierten und niemals wirklich herzlichen Verhaltens. Eine Analyse, die ihn in den letzten Lebensmonaten der beiden zu historischen Recherchen und Spurensuchen animiert, die er zuvor niemals in Betracht gezogen hat.

Man kennt Sebastian Schoepp als Experten von Lateinamerika. Und interessierte Literaturkritiker kennen unter anderem auch sein Werk „Mehr Süden wagen“. Doch mit „Seht zu, wie ihr zurechtkommt“ versucht er einen ziemlich komplizierten Spagat. Einerseits zeigt er die fatale Situation der Pflege in Deutschland auf und wie man als Einzelkind mit zwei pflegebedürftigen Eltern umgehen muss. Dann begibt er sich allerdings auf historische und psychologische Spurensuche und versucht anhand der Lebensgeschichte, den Umgebungsumständen und der Situation nach dem Krieg abzuleiten, warum seine Eltern so waren wie sie waren, und wie eine ganze Generation an Kriegsüberlebenden zwar viel geredet hat, ohne aber dabei wirklich viel zu sagen oder gar Stellung zu beziehen. Und zu guter Letzt versucht er dann, sich anhand seiner Erfahrungen mit seinen Eltern, seines Aufwachsens, seiner Familiensituation und seines Alters selbst zu analysieren und seinen Platz in der Welt aus all den Daten herauszudestillieren. Drei schwierige Aufgaben und vermutlich genügend Stoff für drei Bücher, hier allerdings untergebracht in einem einzigen Buch. Und da man hier nie genau weiß, ob es sich um Gesellschaftskritik, eine persönliche Geschichte, eine historische Analyse mit genereller Quellenforschung oder gar ein Buch zur Selbstfindung und der Akzeptanz des unvermeidlichen eigenen Schicksals handeln soll, ist das Werk insgesamt leider nur durchschnittlich gelungen. Vermutlich waren Sebastian Scheopp alle Abschnitte gleich wichtig, doch der Leser sieht das unter Umständen anders, denn hier hätte man gerne mehr Fokus in eine Richtung gesehen – interessant wären alle gewesen.

„Seht zu, wie ihr zurechtkommt – Abschied von der Kriegsgeneration“ beschreibt eben nicht nur einen unvermeidlichen Generationenwechsel und das langsame Zerbrechen einer kleinen Familie, sondern eben auch die aktuelle Situation der Pflege in Deutschland, das Aufarbeiten von Kriegs- und Nachkriegsgeschichte und ein gewisses Maß an Selbstfindung. Ein wenig zu viel für ein Sachbuch mit weniger als 300 Seiten, denn so fehlt der Fokus und man weiß nicht genau, wo das Buch hinmöchte. Und das bedeutet für das Werk von Sebastian Schoepp leider, dass es insgesamt nicht aus der Menge der Neuerscheinungen herausragt.

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