Lokal: Das Kochexperiment

von Simon Tress, Georg Schweisfurth
Rezension von Janett Cernohuby | 18. Februar 2017

Lokal: Das Kochexperiment

Bio und Regional sind Schlagwörter, die uns beim Einkauf in jedem Supermarkt entgegenschmettert werden. Kauft gesunde Lebensmittel aus Bio-Haltung oder Anbau. Kauft Produkte aus eurer Region - also eurem Heimatland oder vielleicht auch näher, Bundesland. Den beiden Freunden und Autoren Georg Schweisfurth und Simon Tress reicht das aber nicht. Regional gut und schön, aber auch das ist für sie ein zu dehnbarer Begriff. Lokal trifft es schon eher und so haben sie sich einer besonderen Challenge gestellt, einem Kochexperiment.

Bei dieser Challenge ging es darum, mit dem zu kochen, was lokale Lebensmittelerzeuger produzieren und anbieten. Geht das überhaupt noch? Die Idee kam ins Laufen und Georg Schweisfurt und Simon Tress starteten ihre Kochreise durch Deutschland, Österreich, die Schweiz und Südtirol. In elf Städten machten sie Halt, die zuvor ausgelost wurden. Darunter Berlin, Frankfurt, Lech am Arlberg, Wien, Bremen, Arth, Mühlbach und einige mehr. Man legte sich auf einen lokalen Umkreis von 15 Kilometern fest. Dieser wurde nun abgefahren und nach Lebensmittelerzeugern abgesucht. Man wurde immer fündig, wobei natürlich die Auswahl der gebotenen Lebensmittel stark von der Jahreszeit abhing. Manches Mal ging die Suche recht karg aus, ein anderes Mal wer der Einkaufskorb üppig gefüllt. Nun ging es ans Kochen und heraus kamen teilweise ganz einfache, aber immer köstliche Gerichte. Die Erfahrungen, Erlebnisse, Eindrücke und natürlich Rezepte wurden zusammengetragen und unter dem Titel "Lokal: Das Kochexperiment" veröffentlicht.

Eines vorweg, das wird sowohl im Buch deutlich, als es auch von den beiden Autoren auf ihrer Buchpräsentation in Wien immer wieder betont wurde. Man will hier nicht belehren, keinen mahnenden Zeigefinger heben und anklagend auf jemanden zeigen. Nein, vielmehr will man den Lesern etwas zum Nachdenken mit auf den Weg geben und einiges in Erinnerung rufen. Zunächst einmal die Frage, was für einen selbst lokal bedeutet. Die für dieses Kochexperiment angesetzten 15 Kilometer sind kein fixer Wert. Es ist der Umkreis, der für beide Autoren funktionierte. Jeder einzelne kann und soll für sich selbst entscheiden, wo seine lokalen Grenzen liegen. Vielleicht bei 30 oder 40 Kilometern? Weil man womöglich einen zweiten Wohnsitz hat, um den herum zahlreiche Erzeuger mit Hofverkauf zu finden sind? Wenn man sich diese Frage beantworten kann, hat man schon einen wichtigen Schritt getan. Denn nun beginnt man bewusster über seine Einkäufe nachzudenken. Will man im Februar tatsächlich Erdbeeren kaufen? Können die überhaupt schon schmecken oder sollte man vielleicht doch noch ein paar Monate warten, bis die lokale Erdbeersaison beginnt? Das zieht sich durch viele Bereiche und man überlegt zweimal, welches Obst und Gemüse man zuhause auf den Tisch bringt.
Diese Gedanken kommen, wenn man die Reiseberichte, Erfahrungen und Interviews liest, die in diesem Buch abgedruckt sind. Aber auch wenn man einen Blick auf die Rezepte wirft. Zugegeben, nicht alle können überzeugen oder sind gar familientauglich. Doch der Großteil ist einfach umsetzbar und wirklich von jedem nachzukochen. Die unglaublich köstlichen Bärlauch-Brötchen, die auch mit Schnittlauch gut schmecken. Die schmackhaften Suppen aus Frankfurt, die wirklich jedem in der Familie munden. Etwas raffinierter wird es dann schon bei den Trauben-Kiwi-Knödeln, die an Marillen-Knödel erinnern. Sind hier die Kartoffeln zu groß und zu viel, kann das Rezept schnell misslingen. Darüber trösten dann die Wallnussküchlein wieder hinweg. In Puncto Fleisch wird sehr viel mit Rindfleisch gekocht und gegrillt, aber auch Geflügel und Fisch ist vertreten. Man sieht an den hier präsentierten Rezepten, die kulinarische Vielfalt ist selbst im lokalen Rahmen gegeben.

"Lokal: Das Kochexperiment" ist keine Ermahnung bei Lebensmittelerzeugern aus der näheren Umgebung zu kaufen. Es ist kein Lehrbuch, das uns dafür tadelt, wenn wir uns exotische Früchte aus dem Supermarkt aussuchen. Es ist vielmehr ein Denkanstoß beim Einkaufen bewusster hinzuschauen. Woher kommen die Produkte? Haben sie überhaupt Saison oder sind es nur geschmacksarme Alternativen aus den Gewächshäusern? Das Buch ist der sehr ausführliche und umfassende Bericht eines spannenden Kochexperiments durch vier Länder und elf Städte, das uns daran erinnert, welche Vielfalt wir vor der eigenen Tür haben, wenn wir nur genau hinschauen.

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