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Die Psycho-Trader: Aus dem Innenleben unseres kranken Finanzsystems - Ein Insider erzählt

von Volker Handon
Rezension von Elisabeth Binder | 11. Juni 2015

Die Psycho-Trader: Aus dem Innenleben unseres kranken Finanzsystems - Ein Insider erzählt

Wir befinden uns im verflixten 7. Jahr nach der Finanzkrise von 2008. Die Welle an Insider-Literatur (wie z. B. "Cityboy", "Die Gier war grenzenlos") erreichte um 2010 ihren Höhepunkt. Inzwischen führen Bücher von Ökonomen, also keine leichte Kost, die Bestsellerlisten an, die die systemischen Ursachen für die fortgesetzte Krise und die stetig wachsende wirtschaftliche Ungleichheit zu erklären versuchen, allen voran Pickettys "Das Kapital im 21. Jahrhundert". Und dann gibt es ein Buch wie "Die Psychotrader" von Volker Handon, der versucht anhand von Insidererfahrungen "das kranke Finanzsystem" zu erklären.

In 15 knappen, locker geschriebenen und mit zahlreichen Anekdoten angereicherten Kapiteln erfahren die LeserInnen von einem der auszog und das Fürchten sehr wohl lernte. Für Volker Handon war nach einem BWL-Studium der berufliche Schritt zum Börsentrading eine natürliche Fortsetzung seines stark ausgeprägten Spieltriebs und seiner Faszination für Spiele, bei denen Können und Glück eine Rolle spielen. Sein Studium finanzierte er sich teilweise mit semi-professionellen Backgammonspielen und Gebrauchtwagenhandel. Und dabei erhielt er bereits die ersten wichtigen Lektionen für seine spätere Karriere: Um als Trader erfolgreich zu sein, benötigt man ausreichend Wissen und eine robuste Psyche, die mit Risiko umgehen kann, um das Wissen dann auch möglichst effizient umzusetzen. Da spricht also jemand, der mehr einer Berufung als einem Beruf nachgeht. Das Spiel "mit jener dunklen Macht zu messen, die man Markt nennt" (S.40) nahm Handon durchaus als persönliche Herausforderung. Er gehört zur eher seltenen Spezies der unabhängigen Trader, für einen Großteil seiner Traderkarriere hat er also bewusst auf das Sicherheitsnetz einer großen Bank verzichtet.

Die Erfahrungen als unabhängiger Trader ermöglichen Handon die Vorgänge des globalen, von Banken und Hedge Fonds dominierten Finanzsystems mit einer gewissen Distanz zu betrachten. So lässt er keinen Zweifel aufkommen, dass die Finanzindustrie durch erfolgreiches Lobbying eine stetige Versorgung mit "Spielkapital" erhält, das in einem großen Nullsummenspiel zur weiteren Umverteilung von Geldern in Richtung der oberen 1% führt. Das liest sich dann im "Psychotrader" so: "Das Image der Finanzbranche ist trotz der großen Krise nach wie vor so gut, und die Versprechen sind so glaubhaft, dass der Geldstrom, mit dem sie gefüttert wird, nicht abreißt. Die Politik spielt dabei gerne den Schäferhund, der die Herde in die Arme ihrer Schlächter treibt - mit Schauermärchen wie der Altersarmut, die nur erfunden wurden, um neue Geschäfte fürs globale Finanzkasino zu generieren. Reines Politikmarketing! Würde die Politik Altersarmut wirklich als Bedrohung für einen großen Teil der Bevölkerung ernst nehmen, müsste sie über eine intelligente Reform der Rentenversicherung nachdenken, anstatt die Finanzwirtschaft dabei zu unterstützen, neue Zockerprodukte auf den Markt zu werfen."
An einigen Stellen macht Handon dann ganz konkrete Vorschläge, wie der (Börsen) Markt wieder auf seine ursprüngliche gedachte Funktion, nämlich die Ermöglichung von größeren, realwirtschaftlichen Investitionen durch Streuung von Risiken, zurückkehren könnte. So ist er, offensichtlich als gelernter Deutscher, überzeugt, dass staatliche Verwaltung bestimmte Aufgaben als neutrale Instanz im Marktgeschehen besser, kostengünstiger und effizienter erledigen könnte als die vorhandenen privaten Unternehmen. Er kann sich auch vorstellen, dass per Regulativ der Wertpapierhandel transparenter gemacht wird und somit aus den Hinterzimmern der Großbanken verschwindet. Schließlich hätte Handon dann auch noch eine Idee zu einem besseren Steuersystem. Spätestens an dieser Stelle verlässt er aber sein angestammtes Metier und sein Lösungsansatz mit einer Flat-Tax klingt dann doch etwas unausgereift.

Handon beklagt an einer Stelle, dass ein Großteil der Bevölkerung (bewusst) über wirtschaftliche Vorgänge im Dunkeln gelassen wird, offensichtlich um besser abgezockt zu werden. Zum Großteil kann der Autor dieses Versäumnis in seinem Buch nachholen, zumindest was den Börsenhandel betrifft. Er versucht zumindest nicht, die schlimmsten Exzesse seiner Zunft zu glorifizieren und als Naturgesetzt zu verkaufen. Ob das allerdings ausreicht, um die nächste Finanzkrise zu vermeiden? Aber das wäre wohl auch zu viel von einem Insiderbericht verlangt. Wichtig ist das Buch auf jeden Fall. Es streut den Apologeten des "Marktes" etwas Sand ins Getriebe.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    05/2015
  • Umfang:
    256 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ASIN:
    3864890829
  • ISBN 13:
    9783864890826
  • Preis (D):
    19,99 €

Bewertung

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