Dark Reign Special

Hawkeye

von Andy Diggle, Antony Johnston
Rezension von Stefan Cernohuby | 26. April 2010

Hawkeye

In einer Zeit, in der nicht nur Menschen ersetzt werden, sondern auch Identitäten als Eigentum angesehen werden, können sich viele bekannte Gesichter und Namen überraschend schnell verändern. So passiert dies auch in der aktuellen "Dark Reign"-Storyline im Marvel-Universum. Der frühere Held und Rächer Hawkeye wird einfach durch jemand anders ersetzt. Dieser trägt zwar sein Kostüm und besitzt seine Zielsicherheit, hat aber eine völlig andere Motivation.

Denn der aktuelle Hawkeye ist der frühere Superschurke Bullseye. Obwohl beide ein Auge für Ziele haben, ist letzterer ein notorischer Killer, den man einfach nicht unter Kontrolle halten kann. Nach einer gewissen Weile sieht das auch sein aktueller Boss Norman Osborn ein. Und wenn für Bullseye ein Tag nur ein guter Tag ist, wenn er jemanden töten kann, muss man ihm einfach das geben, was er will. Doch dabei glaubt der Mann, der alles in eine Waffe verwandeln kann, langsam verrückt zu werden. So sieht er überall Kopien von sich selbst, hört Stimmen und hat auch sonst nicht allzu viel zu lachen, als jemand Leute in seinem Namen und mit seinem Markenzeichen umbringt. So bleibt ihm keine andere Wahl, als der Angelegenheit selbst nachzugehen. Und dabei stellt sich heraus, dass sein Gegenspieler und Verfolger niemand anders ist als sein Vater. Dieser ist einigermaßen ärgerlich, dass ihn sein Sohn zum Sterben in einem Feuer zurückließ und will als Entschädigung jetzt dessen Körper. Keine Frage, hier liegt ein gewisser Interessenkonflikt vor...

Was muss ein Comic normalerweise bieten, um von Fans und Gelegenheitslesern gleichermaßen akzeptiert zu werden? Eine spannende Geschichte, gute Illustrationen und Helden, die anspruchsvolle Abenteuer erleben. Doch zumindest die letzte Anforderung kann in diesem Fall nicht erfüllt werden, handelt es sich doch beim Protagonisten um einen notorischen Mörder und Sadisten, der aktuell als „Aushilfsheld“ unterwegs ist. Dennoch kommt die Geschichte langsam in Fahrt, nachdem sich der Killer erstmals darauf konzentrieren muss, am Leben zu bleiben, als seinen natürlichen Neigungen nachzugehen. Und auch wenn eher fraglich bleibt, ob jener Charakter, der sich selbst als bester Killer der Welt bezeichnet, jemals irgendjemandem sympathisch wird, ist er im Team der neuen Rächer doch beinahe eine der „normaleren“ Erscheinungen. Der aktuell vorliegende Band kann Liebhabern von Marvel-Comics auf jeden Fall empfohlen werden. Ob einem Quereinsteiger die Materie gefällt, darf jedoch bezweifelt werden, trotz der gelungenen Illustrationen von Tom Raney und Andreas Guinaldo.

Andy Diggle und Antony Johnston zeigen sich für einen Comic verantwortlich, der sich keinem Helden widmet. Denn „Hawkeye“ dreht sich nicht um den gleichnamigen Ex-Rächer sondern seinen direkten Nachfolger im gleichen Kostüm. Und Bullseye, der nun mit Pfeil und Bogen wildert, weiß nicht nur mit seiner Einstellung zu Familienproblemen, sondern auch mit seiner allgemeinen Psyche zu verstören. Insgesamt kann der Band all jenen empfohlen werden, die sich nach vielen Heldenepen auch einmal der Gegenseite zuwenden wollen. Jemand, der nur in die Welt der Marvel-Comics schnuppern will, wird dem Werk eher wenig abgewinnen können.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung
  • Illustration:
    Keine Bewertung
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