Wut

von Nikolaus Eberstaller
Rezension von Stefan Cernohuby | 28. Dezember 2015

Wut

Es gibt vieles, das einen Menschen wütend machen kann, darunter Ungerechtigkeit, Dummheit, Verzweiflung oder Matchlosigkeit. Manchmal ist es auch eine Kombination aus mehreren unterschiedlichen Gründen. Wie sich der Zustand der Wut dann äußert, ist mitunter sehr unterschiedlich. Selbiges ist sehr von Situation und Person abhängig. Daher ist natürlich im Vorfeld nicht klar, wie der Protagonist von „Wut“ in Nikolaus Ebertallers Tirade seine Gefühle herauslässt.

Verlassen zu werden, nach über zwanzig Jahren, das ist etwas, das die längst nichtmehr heile Welt des Erzählers völlig umkrempelt. Alkohol, Delirium und Wahnvorstellungen sind nur der Anfang. Der Künstler kennt genügend andere Wege, geistige Umnachtung zu kultivieren. Neben seltsamen Träumen gibt es immer die Möglichkeit mit Freunden die Vernichtung der eigenen Gehirnzellen zu zelebrieren. Er kann eine leicht zu habende und zu beeindruckende Frau mit den richtigen Worten zu den eigenen Bildern ins Schlafzimmer bugsieren und gebrauchen, auch wenn es nicht das ist, was er braucht. Alles hat immer einen bestimmten Soundtrack, der im Hinterkopf abläuft und sich auf den Seiten niederschlägt. Da gibt es den Clown, dem er alles erzählen kann und der ohnehin nichts ernst nimmt, austauschbare Frauen. In manche atmet er sich, in andere dringt er ein, aber alles ist einerlei, bis sie kommt: Eva.
Sie ändert alles, doch die Struktur der Gedanken und das Verhalten des Erzählers ändern sich nur geringfügig. Denn nun nerven wieder die Banalitäten der anderen. Und die vielen ekelhaften Dinge im Kosmos, in der die täglichen Grausamkeiten beinahe irrelevant werden. Außer für das Individuum eben. Das Individuum, das eine Tirade auf die Welt loslässt.

Wie schon in der Einleitung erwähnt, geht jeder Mensch anders mit Gefühlen um. Eine besonders starke Enttäuschung, so wie in diesem Fall das Verlassenwerden, ist prädestiniert dafür, Wut auszulösen. Doch was Wut sein soll, versteht nicht jeder Leser als solche. Verzweiflung, Wahnsinn, Selbstzerstörung, Ersatzhandlung – das alles sind Begriffe, die einem eher in den Sinn kämen als „Wut“, wenn man die Gedanken liest, die hier niedergeschrieben wurde. Aber gut, für den Autor ist das eben auch eine Ausprägung von Wut. Der Schreibstil und die gedanklichen Ausflüge sind allerdings nicht unbedingt immer nachvollziehbar und trotz der Unvoreingenommenheit des Kritikers kann man einige Abschnitte des Werks als kleines Bisschen derb bezeichnen. Gerade zu Beginn des Buchs weiß man überhaupt nicht, was man von dem Werk halten soll. Der Charakter des Protagonisten ist nicht unbedingt so angelegt, dass man wirklich Mitleid mit ihm haben würde. Wenn andere stets nur eine Leinwand sind, auf die sich der „Held“ projiziert, kann man ihm nicht jegliche Freiheit zugestehen, all das zu tun was er will und damit ungestraft davonzukommen. Insofern ist das Werk eher mit Vorsicht zu genießen. Mag man das stilistische Konzept einer Tirade, kann man ihm vermutlich mehr abgewinnen. Als Gelegenheitsleser könnte man sich möglicherweise über falsch investierte 24,90 Euro ärgern.

„Wut“ ist ein Werk von Nikolaus Eberstaller, das unter der Bezeichnung Tirade erschienen ist. Und dies kann man wahrlich von ihm behaupten, auch wenn der Titel vielleicht etwas missverständlich ist. Denn Wut ist Interpretationssache und kommt auf das Verhalten der jeweiligen Person an. Auch literarische Qualität wird von jedem Kritiker anders beurteilt. In unserem Fall ist der Gesamteindruck leider nicht gut genug, um das Werk weiterzuempfehlen.

Details

Bewertung

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