Vom Außenseiter zum Boss


Als Bruce Springsteen sich seine Songs zurückholte
von Philipp Hacker-Walton
Rezension von Stefan Cernohuby | 29. Dezember 2016

Vom Außenseiter zum Boss

Es gibt viele Menschen, die allem Anschein nach Unternehmen leiten, aber dabei keinesfalls in der Lage sind Entscheidungen zu treffen. In anderen Situationen versuchen sich bestimmte Personen als Entscheidungsträger aufzuschwingen, werden aber durch ihre Kollegen oder Untergebenen torpediert. Denn es benötigt mehr, um ein wahrer Boss zu sein. Dies ist etwas, das auch Bruce Springsteen feststellen musste, als seine Karriere mehrere Jahre auf Eis lag. Davon handelt das Werk „Vom Außenseiten zum Boss“ von Philipp Hacker-Walton.

Mit dem Erfolg eines Künstlers kommt manchmal erst das böse Erwachen. Denn nach „Born to Run“, dem musikalischen Durchbruch von Bruce Springsteen, und der E-Street Band bleiben dennoch nur einige Dollars übrig. Und Bruce stellt fest, dass er weder die Rechte an seinen Songs besitzt, noch selbst entscheiden kann, mit welchem Produzenten er sein nächstes Album aufnimmt. Denn vor seinem Durchbruch hatte er einen Ein-Mann-Betreuer. Eine einzelne Person, die gleichzeitig Manager, Produzent und Verleger war. Normalerweise würde ein Produzent mit dem Manager um Gagen verhandeln und mit dem Verleger über Prozente. Doch mit Mike Appel liegen all diese Kompetenzen in einer Hand. Und obwohl Bruce Geld eigentlich komplett egal ist, kann er nicht fassen, dass ihm seine eigenen Songs nicht gehören. Nach mehreren Vertrauensbrüchen stürzt er sich in einen Rechtsstreit, der über ein Jahr dauern soll. Einen Streit, bei dem es ihm untersagt wird mit seiner Band ein neues Album aufzunehmen, er keine Texte freigeben darf und bei dem sich sein Label nobel zurückhält. Doch Bruce beschließt, die Sache bis zum bitteren Ende durchzuboxen, um Musik nach seiner eigenen Vorstellung zu machen...

Es gibt Phasen im Leben von Superstars, die werden oft als Randbemerkung abgehandelt, weil sie für den Leser oder Fan nicht unbedingt von größtem Interesse oder allzu spannend sind. Doch tatsächlich hat es sich bei den damals getroffenen Entscheidungen um jene Zeitpunkte gehandelt, bei denen sich Charakterzüge, Persönlichkeit und der weitere Lebensweg ausgebildet haben. „Als Bruce Springsteen sich seine Songs zurückholte“ lautet der Untertitel des bei braumüller erschienenen Buchs, das sich genau diesem Zeitraum widmet. Die Jahre 1975 bis 1978 sind daher sehr interessant, sowohl vom Standpunkt der Herangehensweise an Musikprojekte, als auch von der Entwicklung vom reinen Musiker zu einem geschäftsmäßig denkenden Mann, der auch für die Zukunft plant. Besonders die Entwicklung in den Jahren 75 und 76 sind extrem interessant, die Darstellung des Gerichtsprozesses selbst ist naturgemäß eher zäh. Trotzdem bleibt das ganze Buch für Fans sehr spannend. Den einzigen Punkt, den man ein wenig kritisieren könnte, ist der Umgang des Autors mit Quellen. Er fügt zwar als Nachwort an, dass es sich um eine Rekonstruktion aus zahlreichen Interviews, Zeitungs- und Magazinartikeln, Biografien und Erinnerungen handelt und dass nichts erfunden sei – dennoch hätte man hier ein wenig genauer auf die verwendeten Medien eingehen können, als eine halbe Seite an weiterführenden Literaturempfehlungen abzudrucken. Denn hier wird zwischen den Zeilen mitgeteilt, dass es sich bei den verwendeten Quellen um oftmals bereits vergriffene Werke handelt. Dies mindert jedoch nicht die Faszination, die das Werk auf den Leser ausübt.

„Vom Außenseiter zum Boss“ ist ein Buch von Philipp Hacker-Walton, das sich mit einer prägenden Zeitperiode in der Karriere von Bruce Springsteen beschäftigt. Denn gerade der juristische Prozess, mit dem er sich letztendlich wieder die Möglichkeit zurückholte, über seinen künstlerischen Werdegang zu entscheiden, wird oftmals in wenigen Sätzen abgehandelt. Auch wenn der Autor sich hinsichtlich seiner Quellen nicht völlig in die Karten blicken lässt, ist das Buch für jeden Fan von Bruce Springsteen, dessen Begeisterung über reine Musikliebhaberei hinausgeht, sehr zu empfehlen.

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