Verkaufte Seelen

von Roger Morris
Rezension von Janett Cernohuby | 27. Januar 2009

Verkaufte Seelen

Fast ein jeder Künstler hat Vorbilder, deren Werke seine Arbeit beeinflussen. Ähnlich verhält es sich auch bei dem britischen Schriftsteller Robert Morris, der sich von dem russischen Schriftsteller Fjodor Dostojewski inspirieren ließ. Doch Robert Morris ging sogar weiter. Für den Schriftsteller ist Dostojewski nicht nur ein Vorbild, er bedient sich auch dessen Charaktere aus dem Klassiker "Schuld und Sühne". Eine stillose Handlungsweise eines Nachwuchsautors? Man sollte Robert Morris und seinem Erstlingswerk "Verkaufte Seelen" eine Chance geben, bevor man ein solches Urteil fällt.

Es ist Winter im Sankt Petersburg des Jahres 1866. Die einstige, mittlerweile bettelarme Prostituierte Soja Petrowa findet in einem Park die Leichen zweier Männer. Während der eine erdrosselt an dem Ast eines Baumes hängt, liegt der zweite mit eingeschlagenem Schädel in einem Koffer gezwängt zu dessen Füßen. Bei den Leichen findet Soja einen Umschlag mit 6.000 Rubel, den die alte Frau in ihrer Not kaltblütig einsteckt. Nicht lange darauf wird auch die Polizei auf die Leichen aufmerksam. Für sie scheint der Fall rasch geklärt: Der Erhängte hat seinen Kameraden mit einem Beil erschlagen und sich anschließend, vom schlechten Gewissen geplagt, am Baum erhängt. Doch der ermittelnde Staatsanwalt Porfiri Petrowitsch kommen einige Zweifel, ergibt die von ihm beauftragte Obduktion doch, dass einer von beiden mit Blausäure vergiftet wurde. Auf eigene Faust beginnt Porfiri Nachforschungen anzustellen. Lange tappt Porfiri bei diesem mysteriösen Fall im Dunkel. Dabei führt ihn seine Suche in die Elendsquartiere von Sankt Petersburg, wo er nicht nur auf einen armen, halbverhungerten Studenten trifft, sondern auch auf Soja und ihre Schutzbefohlene, ein verstoßenes Mädchen aus gutem Hause. Von den niedrigsten Klassen in die höchsten Kreise führt ihn seine Detektivarbeit, bei der er letztendlich nicht nur den Täter findet, sondern auch auf erschütternde Familiendramen stößt.

Während dem Lesen des Buches ist die Frage "Was soll man von einem Schriftsteller halten, der sich an den Figuren berühmter Klassiker bedient?" immer mehr in den Hintergrund getreten. Stattdessen taucht der Leser in die dunkle und kalte Welt des Sankt Petersburg des 19. Jahrhunderts ein, erlebt die gesellschaftlichen Entwicklungen und das tägliche Leben jener Zeit hautnah mit. Das ärmliche Leben der Charaktere aus den Elendsvierteln berührt, während die Gier und die Skrupellosigkeit der oberen Schicht gleichzeitig abschrecken.
Anders als sein großes Vorbild Dostojewski legt Morris seinen Fokus aber nicht auf die Frage nach richtig oder falsch, sondern auf die Aufklärung eines Mordes im Sankt Petersburg des Jahres 1866. Dem Leser ist der Mörder in dieser Geschichte nicht bekannt und so muss er sich auch nicht mit dem eventuell vorhanden Gewissenskonflikten über die Untat auseinander setzen. Vielmehr findet er sich in einem Kreis aus Menschen wieder, deren soziale Herkunft schon Motiv genug für ein solches Verbrechen wären.
Die Charaktere sind, bis auf zwei Personen, von Roger Morris neu erfunden und gestaltet worden. Lediglich die Hauptfigur des Porfiri Petrowitsch entnahm er dem Klassiker "Schuld und Sühne" und auch eine zweite Figur ist an einen Charakter dieses Buches angelehnt. Dabei handelt es sich um den armen Studenten Pawel Pawlowitsch Wirginski, der an Dostojewskis Raskolnikow erinnert.
Der Roman weiß zu fesseln, trotz seiner anspruchsvollen Sprache. Der Autor spielt mit Worten. So gelingt es ihm immer wieder, durch den Einsatz passender Adjektive bestimmte Orte oder Szenen stimmungsvoll und glaubwürdig zu schildern. Damit ist dem Autor eine gute Mischung aus anspruchsvoller und gleichzeitig unterhaltsamer Ausdrucksweise gelungen.

Zusammengefasst ist "Verkaufte Seelen" ein sehr unterhaltsamer, wenn auch anspruchsvoller Kriminalroman. Obwohl angelehnt an das berühmte Werk "Schuld und Sühne" ist das Buch trotzdem ein neues, eigenes Werk. So kommt man als Leser auch nie in die Situation, während der Lektüre Vergleiche zu jenem Klassiker anzustellen oder Roger Morris für seine Inspiration zu tadeln.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2008
  • Umfang:
    410 Seiten
  • Typ:
    Hardcover
  • ISBN 13:
    9783426197585
  • Preis (D):
    19,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung