Spiegel-Reihe

Labyrinth der Spiegel

von Sergej Lukianenko
Rezension von Stefan Cernohuby | 12. August 2018

Labyrinth der Spiegel

Eine Welt hinter den Spiegel ist thematisch mindestens genauso ausführlich behandelt worden, wie jene Welt hinter den digitalen Spiegeln, die andere Bildschirme nennen. Trotzdem hat sich Starautor Sergej Lukianenko dem Thema virtuelle Welten auf eine etwas andere Weise angenommen. Das Werk, das erstmals 2011 auf in deutscher Sprache erschienen ist, trägt den Titel „Labyrinth der Spiegel“.

Die virtuellen Welten haben sich für immer verändert, seit ein russischer Hacker das „Deep“-Programm erschaffen hat. Die „Tiefe“ also. Denn dieses Programm ermöglicht auch mit rudimentärer Grafik, dem Unterbewusstsein zu suggerieren, die Lücken der Wahrnehmung automatisch zu vervollständigen. So werden komplizierte Grafik und 3D-Brillen komplett unnötig. Wichtiger sind hier schon beinahe Sensoranzüge, um die Welt um sich herum mit allen Sinnen wahrzunehmen. Doch es gibt einige wenige, die sich dem Griff der Tiefe entziehen können und realisieren, dass es sich bei dem ganzen nur um eine Ansammlung von Pixeln, Bits und Bytes handelt. Diese nennen sich Diver und Leonid ist ein solcher. Er hält sich mit Aufträgen im Netz über dem Wasser und genießt die Möglichkeit, sich dem Griff jeglicher Realität entziehen zu können. Bis zu diesem Tag, als er den Auftrag erhält, einen Spieler aus der virtuellen Realität eines Todeslabyrinthes zu retten. Als er dabei die Bekanntschaft von mächtigen Konzernbossen, einer virtuellen Prostituierten und einem Mann macht, den man nur den Loser nennt, stellt er letztendlich fest, dass es mehr gibt, als nur die programmierte Wirklichkeit.

Natürlich gibt es viele unterschiedliche Visionen von virtuellen Welten. Darunter sowohl den Cyberspace von William Gibson, die Matrix aus den gleichnamigen Filmen oder Shadowrun. Tad Williams hat mit Otherland eine weitere Schicht der Realität geschaffen, in die sich arglose und Unwissende begeben können. Sergej Lukianenko hat mit seinem Roman 2009 einen anderen Ansatz verfolgt. Eine technologisch schon zum damalige Zeit rückschrittliche Welt, in der das Aufrüsten der Mikrochips, Prozessoren und Grafikkarten nie notwendig war – eben, weil ein einzelnes Programm aus den gröbsten Pixeln im Unterbewusstsein perfekte Bilder entwirft. Die Geschichte des einzelnen Divers, der sich mit einer unmöglichen Situation auseinandersetzen muss und sich dabei gegen die Mächtigen auflehnt ist jetzt natürlich nichts Neues, passt aber gut ins Gesamtkonzept der Handlung. Vor dem Hintergrund, dass es mit „Der falsche Spiegel“ einen zweiten Roman gibt, der in der gleichen Welt angesiedelt ist, kann man dem Werk seine Anziehungskraft auf keinen Fall absprechen. Denn Lukianenko erzählt die Handlung mit einer Intensivität, die einen einfach mitreißt und bei der man gar nicht bemerkt, über 600 Seiten gelesen zu haben. Allen Fans des Cyberspace, der Matrix oder Otherland kann das Werk in jedem Fall empfohlen werden.

Auch der kasachisch-russische Starautor Sergej Lukianenko hat sich dem Thema virtuelle Realitäten angenommen. In „Labyrinth der Spiegel“ wird allerdings ein anderer Ansatz verfolgt als in vergleichbaren Cyberspace-Operas. Die Leser werden trotzdem mit Sicherheit nicht enttäuscht sein, da der alternative Ansatz zu einer unerwarteten Handlung führt. Allen Fans von Science-Fiction kann man das Werk nur wärmstens empfehlen.

Details

Bewertung

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