Neptunation

von Dietmar Dath
Rezension von Stefan Cernohuby | 08. November 2019

Neptunation

Dietmar Dath war so etwas wie der Shooting-Star der deutschsprachigen Science-Fiction. Zumindest aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet. Aber der Erfolg gab ihm Recht. „Die Abschaffung der Arten“ und „Pulsarnacht“ gewannen den renommierten Kurd-Laßwitz-Preis, für sein Werk selbst errang er eine Auszeichnung für kritisches Denken. Nun ist bei Fischer Tor mit „Neptunation“ sein neuester Roman erschienen.

Die Welt ist im Umbruch und das merkt man auch. Doch es gibt immer Leute mit einem Plan. Unter anderem enthält dieser auch den festen Vorsatz, andere Menschen mit Potenzial für die eigenen Pläne zu vereinnahmen. Das tut auch Cordula Spät, als sie sich der Dienste verschiedener Personen versichert. Darunter sind ein geniales Wissenschaftlerpaar, eine rebellische junge Frau, deren Verstand nie zu arbeiten aufhört, ein Soldat, der mitten in einer unübersichtlichen Kampfsituation mit einem unbekannten Feind einen klaren Kopf behalten hat, ein weitgereister amerikanischen Querdenker, ein chinesischer Experte und einige andere. Sie alle werden darauf vorbereitet, einem Signal aus dem Weltall nachzugehen, das mutmaßlich von den Überbleibseln einer Geheimmission von Sowjetunion und DDR stammt. Ist da draußen noch jemand? Und sind das noch Menschen? Dieser Frage und diversen weiteren geheimen Zielen sollen zwei Crews nachgehen, die auf zwei Schiffen mit Romancharakternamen in Richtung Neptun aufbrechen, um sich schließlich und endlich zum Namen des Autors Robert A. Heinlein zu vereinigen.

Natürlich kommt es dazu nicht, das wird immer klarer. Wenn in einem Roman fünfmal betont wird, was mit diesen beiden Schiffen am Ende passieren soll, wird das nicht in geplanter Manier stattfinden. Der Verlauf des Romans ist darüber hinaus sehr seltsam gestaltet. Zuerst werden – zum Teil durchaus gefällig – die verschiedenen Charaktere zusammengesammelt. Aber dann werden sie auf einer ewig anmutenden Reise hier beeinflusst, da manipuliert und immer wieder mit ideellen Fragmenten gefüttert. Es kommt zu Gewalt und Widerstand. Es gibt Charaktere, die geopfert und zurückgelassen werden und andere, die offenbar nicht sterben können, egal was man tut. Und doch läuft die Reise auf eine intellektuelle Tour de Force hinaus. Nicht nur für die Protagonisten, auch für den Leser, der sich vom Autor beweisen lassen muss, was dieser alles gelesen hat – und das auf die Charaktere projiziert. So vergeht die Hälfte des Buchs sehr zäh, obwohl es zwischenzeitlich zu Actioneinlagen kommt, die aber trotzdem nicht die Längen kompensieren können. Erst im letzten Viertel wird es wieder einigermaßen spannend – und man fragt sich zwischendurch, wie ein echtes Szenario aus „alten Kommunisten“ im tiefen Weltall tatsächlich ausgegangen wäre. Aber reicht das? Nein. Fischer Tor hat unter den Klappentext ein Zitat aus der „Zeit“ gedruckt, in dem Dietmar Dath als „einzig relevanter SF-Schriftsteller der deutschen Gegenwartsliteratur“ bezeichnet wurde. Und nicht nur, dass Leser von Eschbach, Kern, Brandhorst, Vogt, Marrak, van den Boom und Perplies hier vermutlich den Kopf schütteln werden – dieses Werk ist nicht gerade dazu geeignet seine Relevanz zu untermauern.

„Neptunation“ von Dietmar Dath versucht auf verschlungenen Wegen, Kommunismus im Weltall zu thematisieren. Doch das Gedankenexperiment scheitert an der eigenen Sperrigkeit, der Verliebtheit des Autors in die eigene Belesenheit und dem Drang, diese unbedingt zu beweisen. Aber auch die überzeichneten Charaktere, die äußerst unrealistische zugrundeliegende Prämisse für den Handlungsaufbau und gut 250 Seiten zu viel, tun dem Buch nicht unbedingt gut. Manchmal sind Vorschusslorbeeren doch nicht alles.

Details

Bewertung

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