Land der Lügen

von James Curley
Rezension von Janett Cernohuby | 26. Januar 2009

Land der Lügen

Jeder noch so gute Roman aus dem Bereich der Kriminalliteratur kann irgendwann einmal langweilig werden. Immer wieder gibt es böse Menschen, die ein Verbrechen begehen und gute, die den bösen das Handwerk legen. Warum nicht einmal ein Buch über einen Detektiv lesen, der keine ganz so weiße Weste an hat?

Wegen seiner Geliebten hat es den ehemaligen Polizisten und Detektiv Milo Milodragovitch von Montana nach Texas verschlagen. Als ihn das Leben auf der Ranch zu sehr einengt, eröffnet er zusammen mit dem Onkel seiner Geliebten eine Bar. Diese dient ihm jedoch nicht nur als Flucht- und Rückzugsmöglichkeit, sondern auch als Geldwaschanlage. Denn dank einiger krummer Geschäfte hat er einen schönen Batzen Geld, welches dringend gewaschen werden muss. Doch auch damit ist Milo nicht lange glücklich. Bald schon holt ihn der Alltag mit seiner Eintönigkeit wieder ein. So besorgt er sich kurzerhand eine Lizenz als Privatdetektiv. Als ein Kunde ihn auf die Suche nach seiner verschwundenen Ehefrau schickt und Milo Zeuge eines brutalen Raubüberfalls wird, nutzt er die Chance um zu seinem alten Lebensstil zurückzukehren. Dabei steht Milo bald nicht nur unter Mordverdacht, sondern rutscht auch immer mehr in dubiose Machenschaften hinein. Doch je verzwickter die Lage scheint, desto mehr sagt sie dem fast Sechzigjährigen zu. Mit seiner Mischung aus Charme, Hartnäckigkeit und Gewalt geht Milo unbeirrt seinen Weg.

Bevor man sich ein Urteil über James Curleys "Land der Lügen" bildet, sollte man sich bewusst sein, welches Genre vor einem liegt. Denn betrachtet man seine Werke als klassische Detektivgeschichten, neigt der unwissende Leser dazu, das Buch mit den Worten "billige Schundliteratur" zur Seite zu legen. Damit würde man nicht nur dem Werk, sondern auch dem Autor Unrecht tun. Denn James Curleys Bücher zählen zur Noir-Literatur, einer Richtung, die mehr als nur Kriminalgeschichte ist. Noir-Werke führen den Lesen auf die dunklen Seiten der Gesellschaft, zeigen ihm, was sich hinter der schönen Fassade abspielt. Seinen Ursprung hat Noir in den Gothic Novels mit seinen Urvätern Edgar Allen Poe und Sir Arthur Conan Dolye. Noir konfrontiert den Leser mit Angst und vermittelt eine düstere Mischung aus Randexistenz, Hoffnungslosigkeit, Furcht und Obsessionen. Die Protagonisten dieser Romane haben ihre Lebensumstände zu weit getrieben und fallen der Selbstvernichtung anheim. Dem Leser eröffnet sich eine brutale, unsoziale Welt.
Vor diesem Hintergrund erscheint James Curleys "Land der Lügen" in einem neuen Licht. Der Autor bedient mit seinem Werk alle Eigenschaften des zuvor beschriebenen Genres. Sein Buch spielt in miesen Absteigen, elenden Bars und billig eingerichteten Wohnungen. Die trostlosen, heruntergekommenen Landschaften und Städte beherbergen nur saufende, koksende und kiffende Menschen und Handlungsfiguren. So verdorben wie der Ort des Geschehens, ist auch der Protagonist Milo Milodragovitch. Er ist ein Privatdetektiv, der in den tiefsten Abgrund gestiegen ist. In einer derben, vulgären Sprache erzählt dieser aus seinem Leben, welches nur durch seine Drogen- und Alkoholexzesse, Frauengeschichten sowie seiner Arbeit als Privatdetektiv lebenswert scheint. Er ist ein Nomade, der außerhalb der gesellschaftlichen Moral seinen Weg geht. Milos Leben ist voller Groll und Zorn, was er auch seine Mitmenschen deutlich spüren lässt. Gleichzeitig scheint es in ihm aber doch noch einen Rest von Mitgefühl und Hilfsbereitschaft zu geben. Schließlich hat er es sich zur Aufgabe gemacht, Enos Walker, der den Besitzer einer Bar erschossen hat, zu finden und ihn durch seine Zeugenaussage vor der Todesspritze zu retten. Milo setzt alles daran, den flüchtigen Exknacki zu finden, reitet sich dabei aber selber immer tiefer in Probleme hinein. Doch tut er das wirklich aus reiner Nächstenliebe oder vielleicht doch eher, weil er das System hasst? Milo ist alles andere als ein strahlender Held, aber er ist auch kein unsympathischer, verachtenswerter Charakter.

Um "Land der Lügen" zu mögen, muss man sich für Noir-Literatur begeistern können. Allen anderen wird dieses Genre eher nicht zusagen, ja sogar das Buch als Schund abtun. Für Fans ist das Werk ein sehr empfehlenswerter Roman, dessen Protagonist am Rande der Gesellschaft wandert, sich daran aber in keinster Weise stört.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/2007
  • Umfang:
    341 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783926126627
  • Preis (D):
    14,9 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung