Rabenschatten

Die Königin der Flammen

von Anthony Ryan
Rezension von Stefan Cernohuby | 10. Oktober 2016

Die Königin der Flammen

Eine Trilogie benötigt vieles, um erfolgreich zu sein. Die wichtigsten drei Ingredienzien sind allerdings: ein toller erster Band, ein toller zweiter Band und ein ebenso toller dritter Band. Sind die ersten beiden Kriterien erfüllt, liegt es am Autor, dass es zu einem würdigen Abschluss kommt. Während man bei Patrick Rothfuss nun schon seit fast fünf Jahren auf den letzten Band seiner Trilogie wartet, hat Anthony Ryan sein Programm durchgezogen. Mit „Königin der Flammen“ erscheint nun der letzte Band seiner Trilogie „Rabenschatten“.

Ein gewaltiges Reich hat einen Angriff geführt, der nur mit Mühe abgewehrt werden konnte. Dabei sind Dinge geschehen, die viele der Charaktere einschneidend verändert haben. Das betrifft vor allem Vaelin Al Sorna, Turmherr der Nordlande und Kriegsherr des königlichen Reichs. Denn er hat beinah sein Leben gegeben, was ihn das Lied des Blutes gekostet hat – jene Kraft, mit der er zum schier unbezwingbaren Gegner für alle seine Feinde geworden ist. Aber auch Bruder Frentis aus dem sechsten Orden hat viel durchgemacht. Nachdem er unter fremden Einfluss gemordet hat, sucht ihn seine Königin als Mörder. Doch nun, vom verderblichen Einsatz befreit, unterstützt er andere, das magische Joch abzuschütteln, das den Dienern der Kaiserin auferlegt wurde. Das tut auch Reva, die Statthalterin von Cumbrael, die tief in das Reich derselben eindringt, allerdings dann gefangen genommen wird. Doch der Widerstand tritt an immer mehr Stellen auf. Selbst der Dichter Alucius stellt sich in den Dienst desselben, auch wenn er dabei sein Leben riskiert. Und Königin Lyrna Al Nieren entscheidet sich dazu, mit all ihren neuen und alten Verbündeten die direkte Konfrontation mit dem volarischen Kaiserreich zu suchen, bevor dieses seine Truppen neu formieren kann.

Helden verändern sich im Laufe von Büchern, das ist ein normaler Prozess. Doch der Protagonist der „Rabenschatten“-Reihe hat sich in mehrfacher Hinsicht verändert. Er ist etwas älter, etwas weiser und wurde durch die Ereignisse im zweiten Band komplett auf Mittelmaß zurückgestutzt. Trotz aller Abenteuer, die er im vorliegenden Werk besteht, trauert er immer noch seiner verlorenen Kraft nach und muss sich immer mehr auf seine Begleiter verlassen. Dies wäre grundsätzlich kein Problem, würden diese ebenfalls die richtige charakterliche Tiefe besitzen – denn die Handlung wird pro Band immer fragmentierter. Waren im ersten Teil der Reihe noch so gut wie alle wichtigen Charaktere zusammen, hat sich das über den zweiten Teil ziemlich aufgelöst – und nun völlig. Doch leider bleiben die anderen wichtigen Personen viel schuldig. Manche von ihnen sind auf ihre Kämpfe reduziert, von denen gefühlt hunderte auf den über 850 Seiten des Romans geführt werden. Das Ende kommt dann trotzdem relativ abrupt. In knapp 40 Seiten wird der Schluss des Romans abgehandelt, der sich vorher über hunderte Seiten gestreckt hat – und zahlreiche Abschnitte davon könnte man bedenkenlos weglassen, da sie so gut wie nichts zur eigentlichen Handlung beisteuern. So wird man als Leser der ersten beiden Romane, die sowohl spannend als auch fesselnd waren, ziemlich enttäuscht. Es ist nicht allein das Zusammenstutzen des Protagonisten, denn auch der Rest des Werks vermag nicht zu überzeugen. Lediglich die Tatsache, dass der Handlungsbogen, der sich über alle drei Bände erstreckt, letztendlich ein angemessenes Ende findet, lässt diese Bewertung einigermaßen wohlwollend ausfallen. Doch nur auf sich gestellt, wäre dieser Roman nicht einmal durchschnittlich.

Leider ist „Die Herrin der Flammen“, der dritte Band der Reihe „Rabenschatten“ von Anthony Ryan über weite Strecken eine Enttäuschung. Weder kommt die gleiche Stimmung auf wie bei den Vorgängerromanen, noch können die Charaktere durch Tiefe überzeugen. Das Werk ist zwar für all jene, die wissen wollen, wie die Ereignisse rund um Vaelin Al Sorna enden, Pflicht – mehr jedoch leider nicht.

Details

Bewertung

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