Die Hexe und der Herzog

von Brigitte Riebe
Rezension von Janett Cernohuby | 25. Januar 2009

Die Hexe und der Herzog

Trends gibt es in allen Bereichen unseres Lebens. Ob bei der Mode, der Gestaltung der Wohnung oder der Themenschwerpunkte der täglich servierten Medien - ja sogar im Bereich Literatur zeichnen sich solche ab. Wird hier ein Werk zum Verkaufsschlager, versuchen auch andere Autoren auf der gleichen Schiene Erfolg einzufahren. Im Bereich historischer Romane lassen sich sogar zwei Trends erkennen. Das Thema unterdrückte Frauen im Mittelalter und die Hexenverfolgung. Beides lässt sich wunderbar verbinden, wie Brigitte Riebe mit ihrem Roman "Die Hexe und der Herzog" beweist.

Die Hochzeitsvorbereitungen des Erzherzogs Siegmund mit der sächsischen Prinzessin Katharina sorgen für reichlich Aufregung im Innsbruck des Jahres 1484. Doch die junge Lena Schätzlin lässt sich davon nicht anstecken, sondern verfolgt ihre eignen Ziele. Ihre Eltern starben, als sie noch sehr jung war und so wuchs sie bei ihrer Tante Els auf. Doch es gibt etwas, was ihre Tante ihr verschweigt. Um diesem Geheimnis endlich auf den Grund zu gehen, ersucht sie um eine Anstellung in der Gesindeküche des Erzherzogs. Diese erhält sie tatsächlich und in kürzester Zeit gelingt es Lena, das Fürstenpaar von ihren Kochkünsten zu überzeugen. Doch wie Ikarus sich seine Flügel an der heißen Sonne verbrannte, so verbrennt sich Lene ihre Finger am Küchenherd. Denn zur gleichen Zeit reist Heinrich Kramer, besser bekannt als Pater Institoris, nach Innsbruck. In seiner Tasche befindet sich eine Bulle des Papstes, die ihm erlaubt, Hexen zu verfolgen und zu vernichten. Durch leidenschaftliche Predigten und drohende Worte über Verdammnis gelingt es ihm, die Bevölkerung Innsbruck anzustacheln, sich gegenseitig wahnwitziger Verbrechen und Buhlschaften mit dem Teufel anzuzeigen. Diese Situation nutzt auch die Hofmeisterin der Erzherzogin aus, der Lena schon lange ein Dorn im Auge ist. Sie bezichtigt das junge Mädchen und ihre Tante der Hexerei. Bald schon kommt es zu Verhaftungen und Hexenprozessen. Der junge Jurist Johannes Merwais, der an die Köchin Lena sein Herz verloren hat, versucht das drohende Unheil von seiner Geliebten abzuwenden. Dabei kommt er auch hinter das lang gehüteten Familiengeheimnis Lenas Tante, was zu einer überraschenden Wendung in dem Hexenprozess führt.

"Die Hexe und der Herzog" ist keiner der momentan typischen historischen Romane, in der eine mutige Frau gegen die Unterdrückung durch die Gesellschaft kämpft, aber er kommt ihnen in mancherlei Hinsicht sehr nahe. Denn auch hier stehen eine tapfere junge Frau, das Gefühlschaos junger Menschen und die grausame Hexenverfolgung im Mittelpunkt. Jedoch verpackt die Autorin das ganze weniger klischeehaft, wodurch ein durchschnittlicher Roman entsteht.
Die Protagonistin Lena ist auf der Suche nach einem Familiengeheimnis und gerät durch ihre Gutmütigkeit und ihr naives Wesen in die niederträchtigen Intrigen des Tiroler Hofstaats. Neid uns Missgunst lassen sie stets in einer Gefahr schweben, die sie allerdings nicht wahrzunehmen scheint. Dafür ist sie viel zu sehr damit beschäftigt, sich über ihre Gefühle zu dem Spielmann Niklas und dem Jurist Johannes klar zu werden. Denn für beide empfindet sie mehr als nur Freundschaft, doch sie ist sich über deren Absichten und Ehrlichkeit nicht im Klaren.
Gleichzeitig hält ein dunkler Schatten Einzug in Innsbruck: Der Hexenwahn in Gestalt des Paters Heinrich Kramer. Dieser ist wie besessen davon, die Welt von Hexen und sündhaften Weibern zu befreien. Denn schließlich war es Eva, eine Frau, die die Sünde in die Welt brachte. So hasst und verachtet er das weibliche Geschlecht auf schon fast perverse Art und Weise. Es ist genau dieser Heinrich Kramer, der später den berühmten und schrecklichen Hexenhammer verfassen soll, aufgrund dessen in den folgenden Jahrhunderten tausende Menschen in einen qualvollen Tod geschickt wurden.
Diese zwei Handlungsstränge verknüpft Brigitte Rabe in ihrem Roman, was ihr durchaus gut gelingt. Das Buch weiß seine Leser zu fesseln. Neugierig verfolgt man die Handlung und ist gespannt, wie sich die Ereignisse weiter entwickeln. Dennoch verlaufen die eigentliche Hexenverfolgung und der Prozess erst auf den letzten hundert Seiten. Zuvor wird sehr ausführlich über Lena, ihre Familie und Freunde berichtet. Bis zu den Verhaftungen taucht der Leser hier in eine gefühlsbetonte Geschichte ein, die auch auf so manche erotische Situation nicht verzichtet. Doch dann kommt die dramatische Wendung, die auch gleichzeitig in ein wenig Enttäuschung umschlägt. Denn die Hexenverfolgung und der Prozess wirken überstürzt und hektisch erzählt. Auf wenig Raum wurde hier eine tragische Entwicklung jener Epoche aufgezeigt. Doch auch die Auflösung Lenas Familiengeheimnis bringt nicht mehr die Überraschung mit sich, wie es vielleicht sollte. Denn einen ersten Verdacht hatte der Leser schon zu einem sehr frühen Punkt des Buches. Zwar versuchte die Autorin zwischendurch auf eine andere Fährte zu führen, jedoch gelang das nicht wirklich überzeugend.

Trotzdem ist "Die Hexe und der Herzog" ein historischer Roman, der weiß durch Gefühl, eine zügig voranschreitende Handlung und überzeugende Charaktere seinen Leser zu unterhalten. Somit wird dieses Werk allen Lesern historischer Romane zu gefallen wissen.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:

Könnte Ihnen auch gefallen: