Der Kreuzritter

von Stephen J. Rivelle
Rezension von Janett Cernohuby | 23. Januar 2009

Der Kreuzritter

Um ihre Lebenssituation oder ihr seelisches Wohlbefinden zu verbessern, sind Menschen oftmals geneigt, viel zu geben. So waren sie beispielsweise im Mittelalter bereit, Familie, Heim und Sicherheit hinter sich zu lassen und die gefährliche Reise ins Heilige Land anzutreten, um dieses von den Ungläubigen zu befreien. Die Kreuzzüge, wie wir diese Ereignisse heute nennen, waren ein dunkler und gleichzeitiger faszinierender Abschnitt in unserer Weltgeschichte. Stephen J. Rivelle griff dieses Thema auf und schrieb seinen Roman "Der Kreuzritter".

Roger, Baron von Lunel, ist 29 Jahre alt, als er sich entschließt, das Kreuz aufzunehmen und seinem Lehnsherrn Raimund von Saint-Gilles, Graf von Toulouse, zu folgen. Wer am Kreuzzug teilnimmt, dem würde die Kirche alle Sünden vergeben - und derer hatte Roger einige. In dieser Pilgerfahrt sieht er seine Chance, sich von diesen reinzuwaschen.
Ritter und Bauern aus den verschiedensten europäischen Ländern schließen sich dem Zug der Pilger an. Es herrschen Freundschaften und Rivalitäten unter den Pilgern; täglich entstehen neue Reibereien, aber auch die fremden Sitten und Gebräuche hinterlassen ihre Spuren. Bald schon muss Roger feststellen, welche Schwierigkeiten und Probleme solch ein großes Unternehmen mit sich bringt. Wo immer sie hinkommen, hinterlassen sie eine Spur von Chaos und Zerstörung. Die Versorgung der Männer, die an dem Kreuzzug teilnehmen, kann bald schon nicht mehr gewährleistet werden. Es kommt zu Aufständen und Auseinandersetzungen untereinander. Immer wieder muss die Reise für längere Zeit unterbrochen werden. Viele Länder verweigern ihnen die Hilfe und Unterstützung. Schließlich muss Roger auch noch feststellen, dass es den meisten Teilnehmern des Kreuzzuges gar nicht um die Befreiung des Heiligen Landes geht, sondern nur um ihre eigenen Vorteile. So manch ein Adliger erhofft sich auf der weiten Reise durch fremde Länder Ruhm, Ehre aber auch den Gewinn von neuem Land. Selbst in den eigenen Reihen herrschen Zwiespalt und Uneinigkeit und bringen so die Ziele des Kreuzzuges immer wieder in Gefahr. Nach langem Marsch und unglaublichen Strapazen erreichen sie schließlich Jerusalem. Sie fallen in der Stadt ein und diese versinkt tagelang in einem nicht enden wollenden Blutbad.

Die Kreuzzüge sind passendes und gerne aufgegriffenes Thema historischer Romane. Sei es, dass ihm ein Buch ganz gewidmet ist oder der Kreuzzug nur als zusätzlicher Handlungsstrang eingebaut wird. Doch Stephen J. Rivelles Roman ist noch etwas anderes. Er ist ein Zeugnis seines Vorfahren, der ersten Pilgerfahrt ins Heilige Land teilgenommen haben soll. Nach eigenen Aussagen des Autors ist der vorliegende Roman eine überarbeitete Fassung des Tagebuches des Roger von Lunel. Dieser, so erklärt der Autor im einleitenden Vorwort, sei einer seiner Vorfahren gewesen. Ob man diesem Vorwort nun Glauben schenken möchte oder nicht, muss ein jeder für sich selbst entscheiden. Den Roman lässt dies in keinem besseren oder schlechteren Licht erscheinen. Denn mit ihm hat Stephen J. Rivelle eine ergreifende und fesselnde Geschichte über den ersten Kreuzzug verfasst. Spannend und flüssig gibt der Autor neben den Erlebnissen und Erfahrungen der Hauptfigur auch viele historische Fakten wieder. Am Anfang des Buches findet der Leser zwei Karten Europas, in denen die Route des Kreuzzuges eingezeichnet ist. So kann man sich den weiten und beschwerlichen Weg noch einmal zusätzlich vor Augen führen. Gleichzeitig verwendet der Autor ein besonderes stilistisches Mittel, um die Ereignisse intensiver auf den Leser wirken zu lassen. Er erzählt nicht etwa nur eine Geschichte, er gibt die Ereignisse in Form eines Tagebuchs wider. So kann man als Leser Freude und Glück, aber auch Entbehrungen und Pein des Kreuzritters hautnah mitzuerleben. Einziges Manko sind die etlichen Fußnoten, die am Ende des Buches erklärt werden. Diese reißen den Leser immer wieder aus der Geschichte und zwingen ihn zum nachschlagen. Einfacher wäre es sicherlich gewesen, die Fußnoten auf der jeweiligen Seite anzubringen.

Insgesamt ist "Der Kreuzritter" ein sehr guter historischer Roman, der den Leser in die Zeit des ersten Kreuzzuges entführt. Man hat Teil an der beschwerlichen Reise, erfährt von den Problemen und Sorgen der Pilger, aber auch von ihren Beweggründen zur Teilnahme am ersten Kreuzzug. Ein Buch an dem Freunde historischer Romane nicht vorbeigehen sollten.

Details

  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    03/1999
  • Umfang:
    526 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ISBN 13:
    9783453131323
  • Preis (D):
    8,95 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Humor:
    Keine Bewertung
  • Gewalt:
  • Gefühl:
    Keine Bewertung
  • Erotik:
    Keine Bewertung