Der Funke des Chronos

von Thomas Finn
Rezension von Stefan Cernohuby | 15. August 2014

Der Funke des Chronos

Ein Thema, das uns Menschen ab einem gewissen Alter immer wieder beschäftigt, ist die Zeit. Stetig verstreicht sie, ohne jemals innezuhalten und ohne die Chance, vergangenes wieder zu erleben. Etwas, was den hypothetischen Gedanken einer Reise in Vergangenheit oder Zukunft natürlich doppelt so verlockend erscheinen lässt. Viele fiktionale Werke haben sich daher bereits Zeitreisen gewidmet, darunter nun auch der neue Roman von Thomas Finn, welcher den Titel "Der Funke des Chronos" trägt.

Tobias ist ein Waise und im Waisenhaus aufgewachsen. Dennoch hat er es geschafft und ist drauf und dran Arzt zu werden. Aktuell ist seine Stimmung aber etwas negativ, hat ihn doch gerade seine Freundin verlassen. Nach einer Fechtstunde findet er zuhause eine seltsame Nachricht, die ihn zu einem Uhrmacher führt. Von da an werden die Dinge verworren, denn nach einem seltsamen Treffen mehrerer geheimnisvoller Personen und einer komischen Maschine findet sich Tobias plötzlich im Hamburg des Jahres 1842 wieder. Dort wird er sofort mit einem Mord konfrontiert, kämpft gegen den potenziellen Mörder, folgt ihm und rettet dabei die idealistische junge Caroline vor dem Schurken mit der Statur eines Ringers. Dabei wird er allerdings bewusstlos geschlagen und von der Familie der jungen Dame wieder zu sich gebracht. Da er sich in der Vergangenheit nicht so wirklich zurecht findet, täuscht er zuerst einmal eine Amnesie vor. Trotzdem wird einigen Personen rasch klar, dass mit dem angehenden jungen Arzt irgendetwas nicht ganz stimmen kann. Und das ist wahr, denn er muss versuchen, seine nach der Ankunft verschwundene Zeitmaschine wieder zu finden, genau wie einen Kristallstab, den er zum Starten der Maschine benötigt. Andernfalls sitzt er in der Vergangenheit fest. Durch seine Nachforschungen, bei denen er versucht, der neugierigen Polizei auszuweichen, stellt er fest, dass die Situation äußerst verworren ist. Denn die Zeitmaschine wird gerade erst gebaut. Und an dem Gerät sind mehrere Parteien interessiert, in unterschiedlichen Zeiten. Doch mit Heinrich Heine findet der Protagonist einen nicht nur wortgewaltigen Mitstreiter. Kann er weitere Morde verhindern, seine Freundin retten, den Brand von Hamburg ungeschoren überleben und in seine Zeit zurückkehren?

Vielleicht. Ein aufmerksamer Leser kennt die Antwort auf diese Frage bereits nach etwas mehr als zwanzig Seiten. Doch Stichwort Leser - natürlich muss diesem auch das gesamte Buch gefallen. Tut es das? Die Antwort auf diese Frage ist ein wenig schwierig. Grundsätzlich ist "Der Funke des Chronos" ein sehr spannendes Buch in einer interessanten Vergangenheit der Stadt Hamburg. Versteht man die Zeitreise und die Maschine selbst als Hommage an H. G. Wells, der sogar einen kleinen Gastauftritt erhält, ist das Werk ebenfalls gut gelungen. Einzig und allein die Glaubwürdigkeit des Protagonisten, der sich in einer ihm völlig fremden Vergangenheit wiederfindet, ist ein wenig zweifelhaft. Nicht nur, dass er von Beginn an in der Lage ist, sich mit den Oberschurken zu duellieren, er verfügt darüber hinaus über fundierte medizinische Kenntnisse, Lateinkenntnisse und geht Spuren nach, wie es ihm maximal ein bestimmter englischer Detektiv vormachen könnten. Darüber hinaus schafft er es beinahe ohne Probleme gegenüber den meisten Menschen, die einen völlig unterschiedlichen Dialekt sprechen, glaubwürdig zu bleiben und nicht den Eindruck zu erwecken, er würde aus einem komplett anderen Umfeld stammen. Dies ist leider der Schwachpunkt des Buchs, den man erwähnen muss. Gegenüber stehen ihm einige positive Punkte, wie der amüsante Nebencharakter Borchert, der beeindruckend dargestellte Erfindergeist im ausklingenden 19. Jahrhundert sowie die stets hervorragende Recherche des Autors.

"Der Funke des Chronos" lautet der Titel eines Zeitreiseromans aus der Feder von Thomas Finn. Das durchgehend spannende Abenteuer in der Hansestadt Hamburg hat zwar eine kleine Schwäche, diese wird jedoch durch Gestaltung, Recherche und Charme wieder aufgewogen. Letztendlich handelt es sich um einen Roman, der nicht nur als Hommage an H. G. Wells aufgefasst werden sollte, sondern seine eigene Existenz rechtfertigen kann.

Details

  • Autor*in:
  • Verlag:
  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    01/2008
  • Umfang:
    413 Seiten
  • Typ:
    Taschenbuch
  • ASIN:
    3492266517
  • ISBN 13:
    9783492266512
  • Preis (D):
    9,99 €

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Gefühl:
  • Erotik:
    Keine Bewertung

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