Der dritte Mann

von Graham Greene, Annika Siems (Illustrator*in)
Rezension von Stefan Cernohuby | 29. Juni 2017

Der dritte Mann

Wenn der Titel „Der dritte Mann“ fällt, erhält man zumindest in Wien stets ein wissendes Nicken. Der Film im Nachkriegs-Wien, bei dem Carol Reed Regie geführt hat und bei dem unter anderem Orson Welles eine Hauptrolle übernommen hat, ist heute noch immer präsent. Doch in diesem Fall geht es um den gleichnamigen Roman von Graham Greene, der ursprünglich als improvisiertes Drehbuch für den Film seinen Anfang genommen hat. In der Edition Büchergilde ist nun eine illustrierte Version des Romans erschienen.

Nach einer kurzen Einleitung des Autors wird man in die Handlung geworfen; in ein Wien der Nachkriegszeit. Ein britischer Major namens Calloway macht Bekanntschaft mit einem Mann namens Rollo Martins. Der Brite ist eben erst in Wien angekommen, um seinen alten Freund Harry zu besuchen, nur um festzustellen, dass dieser offenbar von einem Auto angefahren und getötet wurde. Beim Unfallhergang widersprechen sich die Leute allerdings.
Zudem ist Martins, der als Westernautor Buck Dexter sein Geld verdient, nicht erfreut darüber, dass ihm Calloway erzählt, sein ehemals bester Freund sei ein Schwerverbrecher geworden. Mit dem Vorsatz, die Vorwürfe gegen den Toten zu widerlegen, macht er sich an die Nachforschungen. Dabei spricht er mit einem Dr. Winkler, einem Mann namens Kurtz und nicht zuletzt der Freundin seines verstorbenen Freundes, Anna Schmidt. Doch just als er glaubt, dass er nicht mehr herausfinden und Harry Lime nur noch betrauern kann, sieht er ihn plötzlich auf der Straße. Also geht er zu Major Calloway, um ihm seine Entdeckung zu offenbaren. Dieser erklärt ihm, was für ein Verbrechen Harry begangen hat. Und so muss sich Rollo Martins entscheiden, was ihm wichtiger ist. Seine alte Freundschaft oder sein Gewissen...

Die Handlung des Romans deckt sich weitgehend mit jener des gleichnamigen Films, auch wenn einige Namen und die Charakterhintergründe ein wenig anders sind. Texttechnisch handelt es sich um die Neuübersetzung des Paul Zsolnay Verlag aus dem Jahr 2016, wodurch die Geschichte zumindest ausdruckstechnisch etwas mehr in unsere Zeit geholt wurde. Die Besonderheit an der in der Edition Büchergilde erschienenen Hardcovervariante sind allerdings die Illustrationen, die von der Deutschen Annika Siems beigesteuert wurden und einige der wichtigsten Szenen des Werks graphisch neu interpretieren. Dabei sind sie zwar zweifellos auch an die klassischen Filmszenen angelehnt – was man insbesondere bei der Darstellung der Personen merkt –, aber dann doch wieder etwas anders. Dabei wird die kontrastreiche Schwarz-Weiß-Ästhetik beibehalten. Die Illustrationen vermögen nicht allesamt zu überzeugen, aber einige sind doch sehr gut gelungen, vor allem jene, die sogar die Züge der Schauspieler widerspiegeln, die man aus der berühmten Verfilmung kennt. Und sogar die eingängige Zithermelodie von Anton Karas schießt einem unwillkürlich durch den Kopf, wenn Harry Lime im Buch eine angeblich selbst komponierte Melodie summt.
Insgesamt kann man den Band einerseits all jenen empfehlen, die noch kein Exemplar von „Der dritte Mann“ als Roman besitzen, andererseits auch jenen Filmfans, die eine Art Hybridversion besitzen wollen. Ein Buch, das die Romanhandlung wiedergibt, aber trotzdem durch die Illustration Eindrücke der Verfilmung hinterlässt.

„Der dritte Mann“ von Graham Green ist nicht nur die Romanfassung des berühmten gleichnamigen Films. In der Edition Büchergilde ist nun eine von Annika Siems illustrierte Version des Werks erschienen. Das formschöne Hardcover trumpft zusätzlich zur Vorjahres-Neuübersetzung mit stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Darstellungen wichtiger Szenen auf. Wer also schon immer eine Romanversion sein Eigen nennen wollte, die dem Film möglichst nahe kommt, hat hier dank der Bilder die beste Chance dazu.

Details

Bewertung

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