Vienna

von Johannes Schmidauer-König
Rezension von Stefan Cernohuby | 30. September 2015

Vienna

„Wien, Wien, nur du allein…“ sind die ersten Zeilen des Refrains eines bekannten Wienerlieds von Rudolf Sieczyński. Und tatsächlich war die heutige Hauptstadt Österreichs, der immer noch ein wenig ein Flair der Vergangenheit anhaftet, ein Zentrum der Welt – für Adel, klerikale Macht und das aufstrebende Bürgertum. Kein Wunder also, dass sich auch Brettspiele jener Zeitperiode widmen, wie nun auch „Vienna“ von Johannes Schmidauer-König.

Wenn man in der Gesellschaft Wiens des 19. Jahrhunderts Bedeutung hat, dann hat man für den Rest seines Lebens ausgesorgt. Das wissen auch die drei bis fünf Lebemänner, die im vorliegenden Spiel nach Wien kommen und nur wenig Bekanntheit in unterschiedlichen Bereichen und möglicherweise etwas Geld mitbringen. Dann heißt es natürlich bekannte Orte zu besuchen, Geld zu investieren, die Polizei zu schmieren, am Naschmarkt kaufen und verkaufen, Geheimbünde abklappern und vieles mehr, um letztendlich in der High Society anzukommen. Dazu muss man erst einmal entscheiden, ob man bei Tag oder Nacht spielt. Jeder Spieler bekommt je nach Spieleranzahl vier oder fünf Würfel. Der Startspieler – also jener Spieler, der zuletzt in Wien war – würfelt. Er entscheidet sich für ein Feld am Spielplan, für das ein Wurfergebnis (mit ein oder zwei Würfen) nutzen kann, dann geht es weiter im Kreis. Zwei Ereignisse treten gleich ein, die anderen werden der Straße nach (von links oben nach rechts unten) ausgewertet. Eine Auswertung, die dann stattfindet, wenn alle Spieler ihre Würfel platziert haben. Erringen kann man Ruhm in Form von Siegpunkten, Bekanntheit in unterschiedlichen Gesellschaftsschichten, Geld oder Sonderkarten, die einem unter anderem einen Zusatzwürfel, den Startspieler oder sogar Kaiserin Sisi an der eigenen Seite sichern. Hat ein Spieler so einen bestimmten Einfluss erreicht, werden die übrigen Bedingungen ausgewertet. So wird festgestellt, wer letztendlich die Nase vorne hat und sich zu guter Letzt mit dem Wiener Bürgermeister beim Heurigen in Grinzing ein „Achterl“ genehmigen kann...

Gleich vorab, ein paar Kleinigkeiten im Spielkonzept muss man ansprechen. Beispielsweise ist es schwierig, den Startspieler zu bestimmen, wenn es sich um den letzten Wienbesucher handeln soll, wenn das Spiel von vier Wienern in Wien getestet wird. Aufgrund unserer eindeutigen Überdosis Wien einigten wir uns auf den Letzten, der am Stephansplatz war. Nach den ersten beiden Runden des Spiels wurde uns der Mechanismus langsam vertrauter und alle Mitspieler hatten viel Spaß. Einzig und allein der Fokus auf die Ruhm- oder Siegpunkte war zu Beginn noch nicht allen Spielern klar. So dauert es generell zumindest eine Aufwärmpartie lang, bis man gleichwertige Gegner hat. Ein Punkt ist allerdings wirklich unklar beschrieben, nämlich die Verwendung von „Paaren“. Unser Testteam diskutierte mehrere Minuten, bis uns ein Licht aufging, dass es sich um gleiche Würfelwerte, also gewissermaßen einen beliebigen „Pasch“ handelte. Jede gespielte Partie war spannend bis zum Ende und auch die Verlierer waren nicht zu enttäuscht. Lediglich mit dem Aufbau des Spielplans wurde einiges an Potenzial vergeben. Nicht nur, das sowohl auf der Tag- als auch auf der Nachtseite exakt die gleichen Gebäude verwendet wurden (hier hätte man gewisse Orte, wie den Dom bei Nacht sperren können), es wurden auch exakt die gleichen Würfelwerte und Auswertungen abgedruckt – was zumindest eine Seite komplett redundant macht, abgesehen von optischen Aspekten. Hier wurde das Potenzial verschenkt, zwei etwas voneinander abweichende Optionen zu haben. Dennoch ist „Vienna“ ein Spiel, das viel Spaß macht und das man auch über einen längeren Zeitraum gerne zur Hand nimmt. Wir können es daher Taktikfüchsen und Fans von Sisi und des K&K-Reichs nur empfehlen.

„Vienna“ von Johannes Schmidauer-König ist ein kompetitives Spiel, bei dem man zwar den Spielmechanismus verstehen sollte, jedoch kein Taktikgenie sein muss, um es zu gewinnen. Die unterschiedlichen Möglichkeiten, der Wiener Schmäh und das historische Ambiente des Spiels tragen das ihre dazu bei, dass eine Partie zu einem Spaß für alle Beteiligten wird. Definitiv ein Spiel, das wir nur empfehlen können.

Details

  • Sprache:
    Deutsch
  • Erschienen:
    12/2014
  • Umfang:
    diverse Spielmaterialien
  • Typ:
    Spiel
  • ASIN:
    B00QVB6IL2
  • ISBN 13:
    4001504493059
  • Spieldauer:
    30 Minuten

Bewertung

  • Gesamt:
  • Spannung:
  • Anspruch:
  • Spieltiefe:
  • Grafik: