Huch, ein Buch!

von Kai Lüftner, Wiebke Rauers (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 23. Februar 2024

Huch, ein Buch!

Lesende werden gerne einmal gefragt, welchen Autor oder welche Autorin man einmal treffen möchte. Oder welchen Romancharakter. Oder in welche Welt man gerne reisen würde. Was man aber vermutlich noch nie gefragt wurde, ist welches Buch man gerne wäre. Diesem Gedankenspiel hat sich Kai Lüftner in seinem philosophischen Buch zugewendet, das von Wiebke Rauers passend illustriert wurde.

Stell dir vor, du wärst ein Buch…

…was für ein Buch wärst du dann?
Dieser Frage geht Kai Lüftner in seinem philosophischen Bilderbuchbuch für Erwachsene nach. Darin erzählt er von Hubert B., der eines morgens aufwacht und eine überraschende Entdeckung macht: Er ist ein Buch. Diese Erkenntnis trifft ihn völlig unvorbereitet und zunächst versucht Hubert sich zu verstecken. Doch er erkennt, dass dies nichts bringt und so beginnt er, in sich zu lesen. Das ist gar nicht so schwer, denn er ist vor allem eines: ein offenes Buch.

Huch, ein Buch!

Philosophisch und hintergründig

Damit beginnt eine philosophische Entdeckungsreise. Hubert blickt zunächst nach innen und liest in sich selbst. Was für ein Buch ist er eigentlich? Auf den ersten Blick eines mit vielen Seiten und dickem Einband. Doch gerade die vielen Seiten bieten auch viel Platz für ganz unterschiedliche Inhalte zum Schmökern und Lachen. Einen Abschnitt mit einem Gedicht, anspruchsvoll, doch mit gutem Ausgang. Diese Erkenntnis bringt Hubert nicht nur mit sich selbst ins Reine, er beginnt auch, in seinen Mitmenschen zu lesen. Denn sie sind ebenfalls Bücher. Nicht auf den ersten Blick, doch wenn man genau hinsieht, kann man in jedem einzelnen ein Buch erkennen. Manche sind abgegriffen und mit Eselsohren versehen, andere voller bunter Kleckse und mit vielen Zeichnungen, wieder andere abgewetzt, brüchig und faltig. Jeder Mensch und jedes Buch haben und sind eine ganz eigene Geschichte. Anfangs noch voller leerer Seiten, doch mit viel Raum, um diese zu befüllen. Was darin steht, ist ganz egal. Wichtig ist es, damit anzufangen sie zu beschreiben. Mit lustigen, romantischen, manchmal nicht jugendfreien, vielleicht auch traurigen und düsteren Geschichten. Es ist egal, solange man sein Buch füllt. Das Leben ist ein Abenteuer, das immer wieder anders und niemals völlig gleich ist. Das nicht dadurch bestimmt wird, wie der Einband aussieht, sondern womit er gefüllt ist. Wovon soll unser Buch erzählen? Wollen wir überhaupt, dass es von anderen gelesen wird oder wollen wir es nur ganz bestimmten Personen zugänglich machen? Und wie steht es mit einem selbst? Wagt man einen Blick auf die Seiten der anderen oder belässt man es bei einem oberflächlichen Blick auf den Einband? Kai Lüftner baut in seinen kurzen Texten viele tiefgründige Überlegungen ein. Unkonventionell präsentiert er uns ein philosophisches Gedankenspiel, auf das man sich einlassen kann oder es einfach nur auf sich wirken lässt. Es ist wie mit dem eigenen Buch: Was man mit diesem Werk macht, liegt ganz in unseren eigenen Händen.
Übrigens liest sich ein Buch anders, wenn es neben Texten auch Bilder hat. Es wird lebendiger, lustiger, nachdenklicher - ja eben facettenreicher. Und wenn Kai Lüftner ein Buch schafft, dann ist, nicht immer, aber doch sehr oft, Wiebke Rauers mit von der Partie. Erdige, gedeckte Töne, minimalistische aber pointierte Details setzen Kai Lüftners philosophische Betrachtungen in Szene. Perfekt getroffen runden sie den Text ab und dürften auch gar nicht anders sein.

Huch, ein Buch!

„Huch, ein Buch!“ klingt zunächst recht witzig und entpuppt sich dann als philosophisches Kleinod. Originell und unkonventionell nimmt Kai Lüftner die Leserschaft mit auf eine Reise zu uns selbst. Wer sind wir, wer wollen wir sein und wie füllen wir die Seiten unserer eigenen Geschichte, wäre diese ein Buch? Ein Geschenkbuch, nicht nur für andere, sondern auch für uns selbst.

Details

Bewertung

  • Gesamt:
  • Illustration:

Könnte Ihnen auch gefallen: