Der goldene Käfig

von Anna Castagnoli, Carll Cneut (Illustrator*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 21. Oktober 2015

Der goldene Käfig

Die Redewendung "Gefangen im goldenen Käfig" bedeutet, über jeden erdenklichen Luxus zu verfügen, nur über eine nicht. Die Freiheit. In dem Bilderbuch "Der goldene Käfig oder Die wahre Geschichte der Blutprinzessin" steht der goldene Käfig allerdings für etwas anderes. Er wartet auf den einen, perfekten Vogel, um ihm ein Zuhause zu geben. Erschienen ist das Bilderbuch im Bohem Verlag - und gleich vorweg, es ist ein Bilderbuch für Erwachsene.

Valentina, die Tochter des Kaisers, ist die wohl unausstehlichste Person auf der Welt. Sie lebt in großem Reichtum und Luxus. Hat undenklich viele Schule, genauso viele Hüte und Schlangenledergürtel. Diener bedienen sie von vorne bis hinten, erfüllen jeden ihrer Wünsche. Wirklich jeden? Nein, denn Valentina hat ein grausames Hobby. Sie sammelt Vögel. Bunte, exotische, außergewöhnliche. Sie schickt ihre Diener hinaus in die Welt, um die seltensten Exemplare zu fangen und ihr für ihre hundertundein Käfige zu bringen. Sie verlangt Vögel mit gläsernen Flügeln. Vögel mit Korallenschnäbeln. Vögel die Wasserspeien können. Die Diener bringen ihr Vögel, doch wenn es nicht die richtigen sind - HACK - verlieren sie ihren Kopf. Im Laufe der Jahre müssen viele Diener dran glauben und es sollen noch viele mehr werden. Denn nun verlangt Valentina einen sprechenden Vogel, den sie in ihren goldenen Käfig setzen will. Bis zu jenem Tag, als ein Diener nicht nur mutig sondern auch weise ist und von Valentina für die Erfüllung ihres Wunsches ein Versprechen verlangt…

"Der goldene Käfig" ist alles andere als ein Bilderbuch für Kinder. Aber es ist ein Bilderbuch für Erwachsene. Mit einem Märchen darin, welches schaurig schön, brutal grausam und dennoch poetisch ist.
Valentina, die Kaisertochter, ist genau das, was eine Prinzessin nicht sein soll. Sie hat einen schlechten Charakter und ist von einer unstillbaren Gier erfüllt. Der Gier, ihre Vogelkäfige zu füllen. Große, geräumige Käfige, aber dennoch Käfige. Und in den einen besonderen, den goldenen Käfig, muss auch ein entsprechend besonderes Tier. Dabei geht die Kaisertochter über Leichen. In ihrer Besessenheit nutzt sie ihre Macht - nein, missbraucht sie ihre Macht, um ihre Untergebenen dazu zu zwingen, ihr diesen einen, speziellen Vogel zu bringen. Sie befindet sich regelrecht im Blutrausch, als die Diener mit leeren Händen oder falschen Vögeln zurückkommen. Valentina opfert ihr eigenes Land, lässt es vor die Hunde gehen. Bis ein Versprechen sie dazu bringt, mit ihrem grausamen Morden aufzuhören. Sich in Geduld zu üben und so langsam eine Veränderung herbeizuführen. Hat sie ihren sprechenden Vogel bekommen? Das Ende bleibt offen, doch die Autorin bietet verschiedene Alternativen. Sie alle klingen plausibel, doch ein jeder macht sich am besten seinen eigenen Reim darauf, was aus der Blutprinzessin geworden ist. Ein gutes Ende nimmt dieses Märchen jedenfalls nicht.
Begleitet wird die Geschichte von beeindruckenden, unglaublich voluminösen Illustrationen. Carll Cneut zeichnete ausladende Bilder zu diesem Märchen. Bilder die genau das wiederspiegeln, was die Handlung erzählt. Da ist die unausstehliche Prinzessin - hässlich, mit grauem Teint, struppigem Haar, furchtbarem Hut und genauso scheußlichem Gewand. Sie passt gar nicht so recht zu den beeindruckenden Vogelgärten, in denen sich wunderschöne Tiere tummeln. Exotische, ungewöhnliche Vögel, welche die Hässlichkeit der Prinzessin nur unterstreichen. Und auch die Grausamkeit bringt Carll Cneut sehr treffend auf Papier. Herumliegende Totenschädel, die sich zu einem Thron auftürmen, auf dem die Blutprinzessin sitzt. Puppen und Spielzeuge mit verzerrten Fratzen und Gesichtern. Nein, im Reich der Blutprinzessin gibt es nichts Schönes - außer ihren Vögeln. Und diese verliert sie am Ende allesamt.

"Der goldene Käfig" ist ein beeindruckendes, schaurig-schönes Bilderbuch für Erwachsene. Es erzählt die düstere Geschichte einer grausamen Prinzessin die ihre Macht missbraucht, um ihre Gier, ihre Besessenheit zu stillen. Dramatisch-poetisch erzählt und mit faszinierenden Illustrationen versehen, zieht dieses Märchen die Leser in seinen Bann. Trotz seiner Grausamkeit ist es ein Buch, das wir empfehlen und allen Liebhabern sehr ans Herz legen können.

Details

Bewertung

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