Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte

von Anna Basener, Gerburg Jahnke (Sprecher*in)
Rezension von Janett Cernohuby | 28. April 2017

Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte

Es gibt Themen, über die man im Alltag kaum spricht. Hat jemand eine bewegte Karriere im Rotlichtmilieu, ist das etwas, das man in der Regel nicht so oft diskutiert. Außer, es handelt sich um die eigene Familie, die in der einen oder anderen Form mit dem Gewerbe zu tun hat. Eine solche Geschichte findet sich in "Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte". Eine Geschichte, die viel Lokalkolorit verspricht.

Vom Ruhrpott nach Berlin-Kreuzberg

Die 26jährige Bianca lebt in Berlin Kreuzberg und versucht als Designerin für Seidenschlüpfer den großen Durchbruch zu schaffen. Doch alles was sie erreicht, sind Absagen von Modeketten und Reklamationen von unzufriedenen Kundinnen. Da steht eines Tages ihre Omma vor der Tür. Omma, einst eine Ruhrpottikone und Wirtschafterin im Puff, hat nach dem Tod ihrer langjährigen Freundin Mitzi alle Zelte abgebrochen und ist spontan zu ihrer Enkelin nach Berlin gezogen. Bianca ist mit dieser Situation nicht nur überfordert, sie merkt auch, dass hier irgendetwas faul ist. Was will Omma wirklich in Berlin? Und was verschweigt sie ihr? Schon bei Mitzis Beerdigung hat einiges nicht gestimmt. Ommas Ausflüchte auf die Frage nach der Todesursache, ihr seltsames Verhalten und ihre komischen Andeutungen lassen Bianca spüren, dass ihr irgendetwas verheimlicht wird.

Frech, unverblümt und rotzig-frech

Mit ihrem Roman "Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte" hat Anna Basener eine Geschichte mit einer bunten Mischung aus Allem geschrieben. Hier finden wir Ruhrpott-Flair, Humor, Tragik, Komik und Drama. Wir treffen auf bezahlte Liebe und echte Emotionen, auf Schräges und Ergreifendes. Es geht um Schicksalsschläge und Prostitution, um Gewalt und Befreiung daraus. Und über allem steht eine Familie mit direktem Bezug zum Milieu und einer Vorliebe fürs Chaos.
Die Geschichte dreht sich um eine Familie, deren Herkunft stark mit dem Rotlichtmilieu verflochten ist. Die Omma ist Oberhaupt und ihr Wort ist Gesetz. Man widerspricht Omma nicht und man stellt sie nicht in Frage. Das hat sie schon während ihrer Zeit im Bordell bewiesen, wo sie ihren Platz eher bei Putzlappen und Wischeimer sah, als hinter den Zimmertüren. Doch diese Zeiten sind lange vorbei und werden nur durch die Erzählungen ihrer Enkeltochter Bianca wieder zum Leben erweckt. Allerdings passt Bianca nicht so ganz in die bunte Mischung schräger Vögel. Einerseits sonnt sie sich in den Geschichten ihrer Omma, genießt es, über das verruchte Leben erzählen zu können, dennoch kann sie sich nicht ganz mit deren Lebensweise identifizieren und sucht ihre Zukunft in Berlin und im Designen von Seidenschlüppis. Vielleicht liegt dies auch nur daran, dass sie selbst noch nicht weiß, was sie eigentlich möchte.
Doch in der Handlung geht es nicht nur um die schmutzigen, verruchten Geschichten aus den Zeiten, als die Omma noch im Puff Wirtschafterin war und allen, inklusive dem brutalen Zuhälter zeigte, wo es langging. Nach der Hälfte nimmt die Handlung eine äußerst interessante Wende. Nachdem Biance immer wieder nach den Todesursachen der verstorbenen Mitzi fragt, kommt sie allmählich einer aberwitzgen, verrückten Idee auf die Schliche, in der ein brutaler Lude, eine vermeintlich gewiefte Prostituierte und natürlich die Omma eine wichtige Rolle spielen.
Anna Baseners Schreibstil ist nicht nur unterhaltsam und flüssig, sondern auch urkomisch. Vor allem lässt sie ihre Dialoge in waschechter Mundart des Ruhrpott erfolgen. Das könnte für Ungeübte anstrengend zu lesen sein, doch für sie wurde zum Glück auch gleich das Hörbuch produziert. Dieses wird von Geburg Jahnke gesprochen. Was soll man sagen? Die Kabarettistin machte ihre Sache einfach großartig. Nicht nur, dass sie die Omma brillant spricht, auch den anderen Handlungsfiguren verleiht sie eine eigene Stimme und den perfekten Charakter. So wird diese Geschichte nicht nur wegen der Handlung, der frechen-unverblümten Erzählweise sondern auch wegen der großartigen Sprechleistung ein absolutes Hörerlebnis.

"Als die Omma den Huren noch Taubensuppe kochte" ist eine andere, rotzig-freche und vor allem tragisch-komische Geschichte. Großartig gesprochen von Geburg Jahnke, erzählt sie von einer Ruhrpottikone, deren Leben und ihrer Enkelin, die im weit entfernten Berlin lebt. Es ist ein unterhaltsamer Roman, der vor allem jenen Lesern gefallen wird, der urige Typen mögen.

Details

Bewertung

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  • Anspruch:
  • Humor:
  • Gewalt:
  • Sound: