XCOM: Das Brettspiel

von Eric M. Lang
Rezension von Stefan Cernohuby | 14. Oktober 2015

XCOM: Das Brettspiel

Wer den Beginn des Hypes um Computerspiele mitgemacht hat, ist irgendwann zwangsläufig über rundenbasierte Spiele gestolpert. Und neben der „Battle Island“-Reihe gab es 1994 ein Spiel, das Spieler komplett gefangen nahm und nachts wach hielt. Der Name war „UFO: Enemy Unkown“. Die Spielreihe, die damals ihren Anfang nahm, wurde 2012 unter dem Titel „XCOM: Enemy Unkown“ neu gestartet. Und zu diesem Teil gibt es nun aus dem Heidelberger Spieleverlag auch „XCOM – Das Brettspiel“. Eine Veröffentlichung, die wir uns keinesfalls entgehen lassen wollten.

Beim Öffnen der Packung erkennt man bereits viel von den Spielmaterialien. UFOs, Abfangjäger, eine Weltkarte, Aliens – darunter die klassischen Sektoiden, Cryssaliden, Mutonen, und viele mehr. Hat man alle Objekte aus der Verpackung und den gestanzten Kartons befreit, sucht man nach einem vergebens: der typisch dicken, umfangreichen und komplizierten Beschreibung, die man bei Spielen mit dem Ursprung „Fantasy Flight Games“ und dem Vertrieb im Heidelberger Spieleverlag gewohnt ist. Stattdessen findet sich ein sanfter, aber deutlicher Hinweis auf eine App, die installiert werden muss, um das Spiel überhaupt spielen zu können. Zum Glück hat unser konservativer Chefredakteur nach vielen Jahren der Verweigerung das Technikbudget etwas aufgestockt, so fiel die Wahl des richtigen Devices auf ein iPad Mini, wo wir also die App installierten und nach dem Aufbau des Spiels laut Kurzanleitung das Tutorial starteten. Und da geht es bereits richtig zur Sache.
Im Idealfall (und das sollte auch der Regelfall sein) übernehmen vier Personen die vier Spielercharaktere, bei denen jeder für andere Dinge zuständig ist.
Der Commander bestimmt nicht nur, mit welchen Krisen die Spieler konfrontiert werden, er hat auch die Hand auf Geld und Reserven und schickt die Abfangjäger los.
Der Forschungsleiter initiiert Projekte und verwaltet die eingesetzten Wissenschaftler – unter der Prämisse, dass der Commander das Budget freigibt.
Der Einsatzleiter kümmert sich einerseits darum, dass der Stützpunkt alienfrei bleibt, andererseits beeinflusst er die Vergabe der Aufträge an sein Team, mit denen man Ziele erreichen kann.
Zu guter Letzt gibt es noch den Central Officer. Dieser bedient einerseits die App, andererseits platziert er auftauchende UFOs und koordiniert die orbitale Verteidigung. Und er sollte auch die Informationen, welche die App liefert, an die Mitspieler weitergeben, damit diese entsprechend reagieren können. Spannend, problematisch und gleichzeitig das fordernde Element ist der Zeitdruck, unter dem die Spieler im Echtzeitmodus stehen. Hier muss man Entscheidungen sehr schnell treffen und nach Möglichkeit auch richtig. Denn das Ziel des Spiels ist es nicht nur Ufos abzuschießen, Aliens bei Missionen zu töten, die eigene Basis zu verteidigen und neue Technologien zu erforschen, sondern vor allem die zugehörige Endmission gegen die Aliens zu gewinnen, um so das Spiel für sich zu entscheiden. Alle Proben, von Kämpfen mit Sektoiden über Raumschiffschlachten bis hin zur Forschung finden auf gleiche Art statt. Man hat Erfolgswürfel, die gegen einen Alien-Würfel aufgewogen werden. Ein Erfolgswurf bringt einem dem Ziel näher, ein Misserfolg auf dem achtseitigen Alien-Würfel (eine 1) macht die Bemühungen zunichte. Man kann jedoch Würfe wiederholen, wobei ein Misserfolg pro Wiederholung immer um einen Punkt wahrscheinlicher wird.
Dabei muss man stets die Stimmung der unterschiedlichen Kontinente im Auge behalten, beziehungsweise den Level der Panik. Denn nicht nur wenn die eigene Basis zerstört wird, auch im Fall, dass einem zwei Kontinente wegbrechen, hat man das Spiel verloren. Und die Panik steigt beinahe bei jedem Ereignis...

Es gibt wohl kaum ein Spiel, bei dem ein Tutorial so notwendig ist, wie bei „XCOM – Das Brettspiel“. Auch wenn man im Anfängermodus noch so oft man will auf den „Pause“-Knopf drücken kann, ist das Stresselement doch bereits latent vorhanden. Zwar kann man durch einige schnellere Entscheidungen auch etwas Zeit für andere Aktionen gewinnen, doch das setzt eigentlich schon erfahrene Spieler voraus, welche die anderen durch das Spiel führen. Und dann ist da noch der generelle Faktor App. Dieser ist bis auf einige kleinere Überraschungsmomente ziemlich linear und geht irgendwann in Fleisch und Blut über. Und er zwingt einem Spieler die Rolle als Assistent auf, der irgendwie zum Sprachrohr der Technik wird. Auch der Verzicht auf eine klassische Spielanleitung ist irgendwie ärgerlich. Es gibt Spieler, die gerne etwas in der Hand haben, um Regeln einfach einmal nachzublättern. Ja, die App enthält Inhalte, Stichwortverzeichnisse und Erklärungen – ähnlich wie einst im Computerspiel. Trotzdem ist das kein vollwertiger Ersatz, da es unterschiedliche Forschungsziele gibt, man diverse Aktionen in kürzester Zeit koordinieren muss und manche Feinheit des Spielmechanismus daher unter Umständen gar nicht begreift. Obwohl unsere Testpartien überwiegend positives Feedback sammeln konnten, ist die Entwicklung in Richtung benötigter Mobilgeräte nicht für jedermann wünschenswert. Da besonders bei frühen Partien ohne Übung der Frustrationsfaktor relativ hoch ist und man für nochmaliges Durchgehen der Regeln ein erneutes Durchspielen des Tutorials als einzige Lösung hat, können wir jedoch nicht die vollen Punkte vergeben. Fans der Computerspielreihe, Liebhaber kooperativer taktischer Spiele und Alienhasser dürfen jedoch trotzdem zugreifen.

„UFO: Enemy Unkonwn – Das Brettspiel“ ist ein kooperatives taktisches Brettspiel mit App-Unterstützung, erdacht von Eric M. Lang. Es ist jedoch auch ein Spiel, das mit jenem Spieler steht und fällt, der die App bedient. Trotz eines nicht allzu komplexen Ablaufs gibt es einige Mankos, die uns trotz der großen Herausforderung und des Spielmechanismus eine Wertung mit voller Punktezahl nicht erlauben, obwohl das Spiel durchaus gelungen ist.

Details

Bewertung

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