Wer ich wurde, wer ich bin, und was wir einmal sein werden

von Patrick Breitenbach, Nils Köbel
Rezension von Stefan Cernohuby | 09. März 2016

Wer ich wurde, wer ich bin, und was wir einmal sein werden

Im Leben der meisten Menschen kommt irgendwann der Punkt, an dem man beginnt, sich selbst und die Welt, in der man lebt, zu betrachten, darüber zu reflektieren und grundlegende Fragen zu stellen. Diese selbst erarbeitete „Liebe zur Weisheit“ trägt den Namen Philosophie und sowohl seine begrifflichen Wurzeln als auch die ersten Erklärungsversuche stammen aus dem antiken Griechenland. Davon wie sich zentrale Fragen und Standpunkte zum Selbst, der Existenz, zur Gesellschaft und dem Übernatürlichen über die Zeit entwickelt haben und wer daran beteiligt war, darüber plaudern die beiden Audio-Podcaster Patrick Breitenbach und Nils Köbel in ihrem neuen Buch.

„Erkenne dich selbst“, lautet der Ursprung des philosophischen Denkens. Und so ist es kein Wunder, dass das erste größere Kapitel sich dem „Ich“ widmet. Wer wir sind, wohin wir gehen und was einen zu dem macht, was man ist, wird vielen bekannten Philosophen der Geschichte gegenübergestellt, die sich mit derselben Frage beschäftigt haben. Herausgehoben wird der Kontext der sich ändernden Gesellschaft, in der man sich über die Rolle hinaus entwickeln kann, die einst die Eltern innehatten. Denn heutzutage kann man theoretisch viel mehr sein, als noch vor einigen Jahrhunderten.
Doch das Individuum lebt nicht für sich selbst allein, es befindet sich in einer Gesellschaft. Die Differenzierung der eigenen Rolle zwischen Beruf und Familie gehört bereits zum zweiten Großkapitel „Wir“, das sowohl über den vertrauten Teil einer Gemeinschaft, Gewalt als Teil und Hauptbestandteil mancher Gesellschaften und Vernunft als Basis, Ethik, moralische Abgrenzungen und die Entscheidungen des einzelnen über die Grundwerte einer Gesellschaft plaudert.
Der letzte Teil, mit dem Titel „Das Andere“, behandelt sowohl unterschiedliche Ideologien, Wirtschaftsmodelle, Geisthaltungen und ihre Vertreter, während der zweite Abschnitt desselben über Gott, beziehungsweise Religion, Traditionen und deren Einflüsse plaudert.

Plaudern ist das Stichwort des ganzen Buches. Denn schon der Klappentext kündigt freundschaftliche Gespräche an, in denen die beiden Autoren die Grundlagen der Vereinbarungen unserer Gesellschaft besprechen. Tatsächlich wirkt das Werk besonders in den ersten Kapiteln wie eine Mischung aus aufgesetztem Theaterstück und „Philosophie für Dummies“. Kann man sich erwachsene Menschen vorstellen, die sich noch nie Gedanken über sich und ihre eigene Rolle in der Welt gemacht haben? Ja, kann man. Aber die Vorgehensweise der beiden bekannten Podcaster ist in gewisser Weise einfach unglaubwürdig. Sie geben sich die Klinke im Gespräch derartig Gegenseitig in die Hand, dass es sich im Grunde um einen Monolog zweier Personen handelt, die mit gleicher Stimme sprechen. Ein Diskurs findet hier in keiner Weise statt. Das könnte natürlich daran liegen, dass gerade die Grundlagen der ersten Kapitel bereits seit tausenden Jahren Gesprächsgegenstand sind. Die vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten, die hier eingebracht werden, werden manchem Leser ein wissendes Nicken abringen und anderen vielleicht ein bisschen mehr Information zuführen. Erst im letzten Drittel des Buchs wird das bedingungslose „Jasagen“ der beiden Autoren ein ihren Absatzdiskussionen ein wenig aufgeweicht und zumindest mit „aber“-Punkten garniert. Plötzlich sind nicht mehr beide allwissend und man beginnt sich minimal auszutauschen. Insgesamt hätte das Werk aber genauso gut als Basiswerk für den Einstieg in die Philosophie konventionell geschrieben werden können, ohne dadurch in den ersten Kapiteln derartig konstruiert zu wirken. Wir können es daher nur eingeschränkt empfehlen – also für Leser, die sich wirklich mit den elementarsten Grundbegriffen auseinandersetzen wollen, und denen ein Gespräch dabei ein besseres Gefühl bietet als ein nüchterner Fachtext.

Patrick Breitenbach und Nils Köbel haben ein Buch mit einem beeindruckend langen Titel geschrieben. Es heißt „Wie ich wurde, wer ich bin und was wir einmal sein werden“. Leider ist das Werk, das als fingierte Plauderei zwischen den beiden Autoren verfasst ist, nicht ganz so eindrucksvoll wie der Titel. Denn es gibt kaum kritische Auseinandersetzung mit der Materie, man versucht einfach nur durch verbalisiert geschriebenes Abklatschen den Leser an das Thema heranzuführen. Auch wenn der Schwierigkeits- und Informationsgrad im letzten Drittel des Buchs ernstzunehmender wird, können wir es nicht uneingeschränkt empfehlen.

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