Strikke Fugler: Gestrickte Vögel

von Carlos Zachrison, Arne Nerjordet
Rezension von Elisabeth Binder | 27. Februar 2017

Strikke Fugler: Gestrickte Vögel

Die beiden strickenden Norweger Arne und Carlos gehören wohl zu den wenigen Designern, denen man erstens die Sinnhaftigkeit des Strickens von (Sing)Vögeln abkauft und zweitens trotz der politischen Weltlage kein schlechtes Gewissen dabei bekommt. Im Gegenteil, je absurder die Heimwerkerprojekte der beiden bei Tageslicht betrachtet auch sein mögen, sie vermitteln eine positive Stimmung ohne in Kitsch zu versinken. Ein Geheimnis ihres Erfolgs mag auch sein, dass sie ihre Designs so weit perfektionieren und gleichzeitig vereinfachen, dass auch nicht-professionelle HandarbeiterInnen zu erstaunlich professionellen Ergebnissen gelangen.

Zur Erinnerung: Richtig bekannt wurden Arne und Carlos im deutschsprachigen Raum mit ihren gestrickten Christbaumkugeln im klassischen Norwegerdesign. In ihren nächsten Büchern ließen sie sich immer wieder durch ihren Garten inspirieren. Die selbstgemachten Vögel sind die Synthese aus beidem: Dekoration mit ein bisschen Natureinschlag, aber eben nicht nur.

Nach einer kurzen Einleitung, in der die beiden noch einmal kurz ihre Liebe zu den gefiederten Freunden erklären, geht es auch schon an die Arbeit. Die gestrickten Vögel kommen mit erstaunlich wenig Material und Techniken au. Ein erster Vogel entsteht aus vier Gramm Sockenwolle und einem dazu passenden Nadelspiel. Wie die beiden optimistisch bemerken: Sowas findet sich in fast jedem Haushalt. Was die Techniken anbelangt so findet man mit Rundstricken, Zunehmen und Abnehmen das Auslangen. Wer also schon einmal Socken gestrickt hat, kann sich beruhigt gleich ans Werk machen. Für die Grundform gibt es sowohl eine verbale Beschreibung als auch ein Diagramm. Dabei hält sich die Anleitung an die anatomisch korrekten Bezeichnungen. Beim Schwanz beginnend geht es über Bürzel, Bauch und Brust schließlich zum Kopf. An dieser Stelle fällt vielleicht auch auf, welchen wesentlichen Teil der aviären Anatomie die beiden Designer bewusst weggelassen haben: diese Vögel haben keine Flügel und trotzdem fällt das kaum auf.

Die große Kunst der Vogelerzeugung besteht auf jeden Fall darin, regelmäßig und dicht genug, aber nicht zu fest zu stricken. Schließlich soll das Füllmaterial später nicht durchscheinen, die Muster der etwas bunteren Vögel aber nicht verschluckt werden. Um ein Gefühl dafür zu bekommen ist eine Maschenprobe sicherlich keine schlechte Idee. Nach der Grundform werden noch die Techniken näher erläutert, mit denen die Vögel Augen, Schnabel und weitere Farbakzente verpasst bekommen. Wer seine Vögel nicht nur am Faden baumeln lassen will, bekommt eine Anleitung für das Biegen und Lackieren von Stehfüssen. Wer seinen Vögeln, so wie auf dem Titelbild des Buchs, einen intellektuellen Anstrich verleihen will, bekommt schließlich auch noch erklärt, wie man aus einem kleinen Stück Draht eine Brille zurechtbiegt.
Mit diesem Rüstzeug ausgestattet sind die in den sechs folgenden Kapiteln beschriebenen Vögel keine Herausforderung mehr. Es beginnt mit den einfarbigen, weißen Wintervögeln, die mit winzigen, bunten Schals und Mützen ausgestattet sind. Danach folgen ebenfalls einfarbige Vögel, die farbenfroh bestickt sind. Inspiration dazu waren Muster aus mexikanischen Frauenzeitschriften. Etwas schlichter, aber dafür umso verblüffender naturgetreu geht es mit den Gartenvögeln weiter. Das reicht sogar so weit, dass die lateinischen Bezeichnungen angegeben werden. Womit auch dem Bildungsauftrag Genüge getan wird. Weiter geht es dann mit Vögeln in traditionellen nordischen Pullovermustern. An dieser Stelle verewigen sich Arne und Carlos mit einem Vogel-Alter-Ego, Brille und Frisur miteingeschlossen. Die Frühlingsvögel sind eine Mischung aus real existierenden Vögeln und von Blumen inspirierten Mustern. Zu guter Letzt folgen die Paradiesvögel, die mit bunten Federn und Pailletten geschmückt sind. In allen Kapiteln gibt es zusätzliche, mit Fotos unterstützte Tipps, wie sich mehrere Vögel zu Ensembles zusammenstellen lassen.

Wer Arne und Carlos noch nicht kennt, könnte wohl angesichts von „Strikkefugler“ auf die Idee kommen, die beiden hätten wohl einen V…l. Wer sich allerdings auf das Buch einlässt, ob jetzt mit Stricknadeln oder einfach nur beim Durchblättern, kann sich einfach immer wieder aufs Neue an der Kreativität und dem handwerkliche Können erfreuen. Mögen diesem noch viele weitere Bücher von Arne und Carlos folgen.

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