Lessons in Light

von Shane Ó Fearghail
Rezension von Stefan Cernohuby | 23. September 2023

Lessons in Light

Nur weil eine Welt immer wärmer wird, bedeutet das nicht automatisch, dass es in ihr mehr Licht gibt. Zumindest nicht im Inneren der Menschen. Wenn Künstler sich jedoch einem derartigen Thema widmen, kann man sich darauf verlassen, nicht das zu erhalten, was man erwartet. Shane Ó Fearghail & The Host haben ein neues Album veröffentlicht, das den Titel „Lessons in Light“ trägt. Doch welche Stimmungen spiegelt die Musik wider?

Nachdem Shane Ó Fearghail bisher alle vier Jahre ein neues Album veröffentlicht hat, bricht er bei „Lessons in Light“ mit diesem Rhythmus, denn das vorherige Album „Born From Tradition“ wurde 2020 veröffentlicht. Dennoch kann man nicht davon ausgehen, dass der neue Tonträger übereilt, überhastet oder in irgendeiner Form gedankenlos entstanden wäre. Die Musik hat, wie wir alle, eine Reise durch die Zeit gemacht Eine Zeit, die sowohl gesellschaftliche als auch persönliche Veränderungen für alle bewirkt hat. Etwas, das man dem Album auch anhört.

„Wild Flowers“ leitet das Album als reines Instrumentalstück ein. Es kommt aus dem Nichts, dann ist es da. Minimalistisch, melodisch wird gestrichen und gezupft, dann ist es schon zu Ende.

Eine Stimme hört man erstmals in „Magpie“. Das Wort bedeutet Elster, ein Vogel, der bereit dafür ist, glitzernden Tand zu stehlen. Darum geht es auch im Lied. Um Diebstahl, um Liebe und um jemanden, der sich einredet, immun gegen die Wirkung der Elster zu sein. Und es geht um Selbstbetrug.

Der Blick auf jemand anderen ist oft geprägt von Eindrücken, Vorurteilen und vorschneller Beurteilung. „Her“ ist einer der Songs, zu dem es schon Monate vorher ein Video bei YouTube gegeben hat. Eine eindrucksvolle Gesichtsstudie, die hervorragend mit der Musik harmoniert.

Ebenfalls schon früher für Fans zugänglich war „You to Hold“. Auch wenn das ziemlich traditionell klingende Lied eine allgemeine Aussage trifft, wird diese in ihrer Video-Umsetzung an klassischen Wiener Orten platziert und auf einen bestimmten Gegenstand umgemünzt. Etwas, das erfreulich gut gelingt.

„Copperhead Road“ erzählt eine Country-Geschichte aus den USA. Tatsächlich handelt es sich um eine Coverversion von Steve Earle, bei der es um den Transport und Verkauf nicht unbedingt legaler Substanzen geht. Das Lied passt gut ins Gesamtbild des Albums.

Nasse Füße gibt es bei einer „Boston Tea Party“ mit Sicherheit. Ob es sich jetzt um Teelieferungen oder Beziehungen handelt, bei denen man über Bord geworfen wird, ist nicht ganz eindeutig.

Mit Mundharmonikaklängen beginnt „Craw Hennessy“. Es handelt von Iren, Reisen in die Neue Welt, verschiedenen Wurzeln und neuen Identitäten. Musikalisch kann es allerdings nicht völlig überzeugen.

Manche Lieder benötigen eine Weile, um ihre Wirkung zu entfalten. Bei „Valley of Coincidence“ ist das definitiv der Fall. Denn erst im letzten Drittel des Songs schwingt sich das Lied in jene Höhen auf, die im Gedächtnis bleiben. Das macht das Lied zu einem der Highlights des Albums.

Lessons in Light benötigen auch jemandem, dem man diese Unterrichtseinheiten zutraut. Ist das „Mr. Lights?“ Doch anthropomorphe Manifestationen sind in Realität leider selten. So sind die Bitten an Mr. Light und Mr. Right in diesem Lied schwierig zu erfüllen, aber dafür sanft und melodisch.

Farbenfroher geht es in „Colours“ zu. Es ist ein nachdenkliches Lied über Träume und Träumende, die eben in Farben träumen. Ein Lied, das sich in einem Raum ausbreitet, um dort zu bleiben. Allerdings keines, das sich in den Vordergrund spielt.

Prokrastination ist ein Wort, das unter Künstlern häufiger verwendet wird, also sonst. Dass sie der „Thief of Time“ ist, kann trotzdem bestätigt werden. Doch das ist nur die halbe Wahrheit – und der Song erzählt den Rest. Unaufgeregt und melodisch.

Wer Licht sagt, muss auch Sternenlicht sagen. Doch wie interpretiert man es, wenn jemand „Starlight“ für jemand anderen ist? Dem geht das Lied unter anderem nach. Denn man kann auch tagsüber für jemanden das Licht aus großer Ferne sein. Ein angenehmer, fröhlicher Song.

Nicht ganz so fröhlich startet „Sum of all parts“, das Lied hat aber dennoch viele positive Aspekte. Violine, Gitarre und Stimme lassen die Stimmung dennoch absichtlich schwanken. Man meint hier verschiedene Einflüsse zu spüren. Manche Stellen des Lieds klingen ein wenig wie Morrissey, der Refrain erinnert zum Teil an die britische Band Keane.

Mit „Raggle Taggle Gypsy“ widmet sich Shane Ó Fearghail einem traditionellen irischen Lied. Durch die Instrumentierung und die markante Gesangsstimme glaubt man, sich in einem irischen Pub wiederzufinden. Das Lied bringt die Fans und all jene, die es noch werden wollen, zurück zu den Ursprüngen in Irland.

„Lessons in Light“ von Shane Ó Fearghail & The Host ist ein Mittelweg. Es ist nicht eine Mischung aus verschiedensten Musikstilen, wie bei „You Might See Dolphins“ und es tendiert nicht ganz so sehr in Richtung des Irish Folk wie „Born From Tradition“. Das Album ist durchgehend gut gelungen und enthält einige mitreißende Songs, die einen beim Hören gleich abholen, wie das früh platzierte „Magpie“. Auch „Her“ kann durch den simplen Ansatz, Stimme und Text punkten. Die daraufhin folgenden irisch-amerikanischen Songs werden allerdings hauptsächlich von der Gesangsstimme getragen, trotz der teils überraschenden und erfrischenden Instrumentierung. „In the Valley of Coincidence“ und „Sum of all parts stehen wieder für sich, während die übrigen Songs gut gelungen sind und problemlos das ausdrücken, was sie beabsichtigen. Das einzige, was man vielleicht ein wenig traurig findet, die wirklich überraschenden Songs, die einen mit offenem Mund zuhören lassen, fehlen – wie zum Beispiel „Elastic“, „Chalk“ oder „Fairy Tree“ von „You Might See Dolphins“. Das ist vielleicht der Unterschied zwischen einem sehr guten und einem herausragenden Album.

Tracklist

1. Wild Flowers
2. Magpie
3. Her
4. You To Hold
5. Copperhead Road
6. Boston Tea Party
7. Craw Hennessy
8. Valley of Coincidence
9. Mr. Lights
10. Colours
11. Thief of Time
12. Starlight
13. Sum of all Parts
14. Raggle Taggle Gypsy

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